„Dynamo“oder: welche strategischen Zielsetzungen sollten Einstiegsprojekte verfolgen?

Die aktuelle Kapitalismusdebatte der letzten Jahre hat nicht nur neue Impulse wie z.B. durch die enteignungsökonomische Debatte bekommen, sondern auch in zweierlei Hinsicht einen ungefähren Konsens herausgebildet: über eine, wenngleich zurückhaltende und in ihrer Bedeutung noch unscharf konturierte Charakterisierung des Gegenwartskapitalismus als neoliberalem Finanzmarktkapitalismus und, weiter, über eine deutliche Ausdifferenzierung der Kapitalismustypen (varianten) in den entwickelten Staaten des Nordens. Eine Rolle spielen dabei die Debatte der „Varieties of Capitalism[2], also eine bestimmte vergleichende Kapitalismusanalyse, der regulationstheoretische Ansatz und die Wohlfahrtsstaatsdebatte[3]. Diese Diskussion hat zahlreiche weitere Anstöße gegeben und legt mittlerweile insbesondere nahe, Ø dass es seit Anfang der 90er Jahre in den europäischen Staaten deutliche Konvergenzprozesse gibt, die darauf hinauslaufen, dass durch institutionelle / politische Wandlungen vorhandene (grundsätzlich neoliberale) Pfade aufrechterhalten werden konnten, es aber gleichsam zu einer „Entradikalisierung“ des Projekts Neoliberalismus gekommen ist. Beispiel dafür wäre die deutliche Einführung sozialer Momente in das marktliberale Modell in UK (der liberale Pfad wurde fortgesetzt aber ohne weitere Verschärfung der Ungleichheit) oder die Induzierung liberaler Momente in das schwedische Sozialmodell (ohne mit der Gleichheitspräferenz definitiv zu brechen). Es liegt nahe, diesen Wandlungsprozess als Stabilisierung des neoliberalen Entwicklungspfades durch Modifizierung zu verstehen.

Ø politisch nach meiner Sicht zu fragen, ob deutlicher eine vermittelnde Ebene zwischen „Einstiegsprojekten“ und „Entwicklungspfaden“ konturiert werden kann. Die Formulierung solcher vermittelnder Zielvorstellungen (möglichst in einem Begriff) könnte das Aufzählen einzelner Forderungen zusammenfassend bündeln und eine zwischen Linkspartei und SPD differenzfähige politische Orientierung auf ein Projekt geben, das die Dimension der Modifizierung überschreitet. Die folgende Übersicht zu dem Projekt gibt dafür ein paar Hinweise.

Das DP (www.dynamoproject.eu) [1] war ein EU-Mehrländerprojekt, das die Entwicklung von Beschäftigungsmodellen untersuchte und danach fragte, ob es eine Konvergenz gibt und welche Rolle dabei etwa Deutschland spielt. Es operiert mit den drei Dimension des institutionellen Wandels im Produktionsregime, Beschäftigungsregime und Wohlfahrtsregime in Reaktion auf zentrale Herausforderungen (Liberalisierung / Globalisierung / EU-Regulierungen + Binnenmarkt / Demografischer Wandel / Steigende Qualifikationsanforderungen). Es gibt durchgängig Momente der Kontinuität in den genannten Regimes als auch des Wandels. Dt. nimmt hier eine Mittelposition ein. Fraglich ist nach ihrer Aussage, ob es ein angelsächsisches Modell gibt, das üblicherweise als Referenzmodell fungiert (Differenz zwischen USA und UK ist groß!).

Ø In Deutschland ist es in der Bilanz zwar gelungen, das Produktionsmodell zu modernisieren (Übergang zum Finanzmarktkapitalismus, Privatisierungen, neue Steuerungspolitik öffentlicher Unternehmen, Internationalisierung der Wertschöpfungsketten, Privatisierung der Versorgungsunternehmen und Deregulierung der Produktmärkte) doch das Ost-West-Gefälle existiert weiter und mit der dramatischen Reduzierung der öffentlichen Investitionen[4] sind mittelfristig Strukturkrisen wahrscheinlich; zwar wurde die Berufsbildung renoviert, aber insgesamt geschwächt[5]; die öffentliche Daseinsvorsorge unterliegt einer starken Privatisierung mit hohen Ungleichheitseffekten: das Beschäftigungssystem hat unmoderne Merkmale kontinuiert (Berufsbildung, gegliedertes Bildungssystem) und problematische neue Momente kamen hinzu (Schwächung des Tarifsystems[6], Ausweitung eines Niedriglohnsektors, Arbeitsmarktreformen weiten den autoritären Armenfürsorgestaat aus und verlassen das Versicherungsprinzip); der Wohlfahrtsstaat hat das konservative Familien und z.T. Geschlechtermodell beibehalten, aber seine Finanzierungsbasis wurde geschwächt

Ø Hinsichtlich der Politik ist typisch für Deutschland, dass die Finanzpolitik die privaten Investitionen unterstützt indem Staatseinnahmen und -ausgaben reduziert werden (Reduzierung des öffentlichen Beschäftigungssektors, Verschuldung der öffentlichen Haushalte durch Sparkurs, bislang nicht gesehene Reduzierung der öffentlichen Investitionen, Absinken der F+E-Ausgaben, Steuerreformen zugunsten der höheren Einkommen, Reduzierung der Arbeitskosten[7]); die Bildungspolitik hat keine hohe Priorität[8], immer stärker wird zugunsten höherer preislicher Wettbewerbsfähigkeit durch Senkung von Arbeitskosten der Faktor Qualifikation vernachlässigt; geschlechterpolitisch steht weiterhin der männliche Erwerbstätige in der Liste vorne, in der Politik der industriellen Beziehungen spielt der Staat als Arbeitgeber eine immer geringere Rolle und der Sektor wird fragmentiert und immer ungleicher, schließlich wird die Versicherung der Erwerbstätigen reduziert und die Ausbildung verschlechtert sich).

Ø Insgesamt ist es so gelungen, wirtschaftliche Dynamik durch die Modernisierung der Exportmaschine(->Verschlankung und starke Technisierung der verarbeitende Industrie) und starke Arbeitskostenkonkurrenz[9] wiederzugewinnen, aber um den Preis eines Umfelds binnenwirtschaftlicher Schwäche(-> Konsum/Verteilung – Vorsorge) und der stark ausgeweiteten sozialen Ungleichheit, die für das alte Modell des „Rheinischen Kapitalismus“ eben untypisch war[10]. Sie stellen die These auf, dass der gegenwärtige Exportboom[11] und die erneute Positionierung Dts als Exportweltmeister massiv auf Kosten des Abhängens der privaten Dienstleistungsindustrie erfolge, der Abstand in den Arbeitskosten würde immer größer -> woraus dann die weitreichende Frage in der Diskussion (die dieses mit dem Hinweis auf die unternehmenseigenen oder -nahen Dienstleistungen auch bestritt) kam, ob sich der deutsche Kapitalismus nicht gleichsam neoimperialistisch nach außen (Position auf den Exportmärkten) und nach innen (Abhängen zahlreicher, insbesondere Dienstleistungs-Sektoren[12]) positioniere und zahlreiche makropolitische Aktionen (zB Elitisierung Bildungs- und Wissenschaftssystem) die Ökonomie faktisch aufspalte in einen international schlagkräftigen Sektor und einen zurückbleibenden Sektor. Wir es also mit einem modernisierten, produktiven Kern (Exportmaschine) und geschwächten oder demontierten anderen Beschäftigungssegmenten zu tun haben. {Genauer wäre zu fragen, wie nahe zu den Kapitalmärkten einzelne Sozialsysteme mittlerweile gerückt sind {zB Arbeitsmarkt / Renten // Gesundheit///]; wie stark Vetospieler noch sind.}

Ø Strukturelle Krisenmomente sind die Unterinvestitionen im öffentlichen Bereich insgesamt und ganz besonders in der Bildung; das Fehlen neuer staatlicher Schutzsysteme, welche die löcherige Tariflandschaft ersetzen könnten; das geringe Wachstum und die stagnierenden Einkommen und die reduzierte Frauenerwerbstätigkeit (in diesem Kontext ist der Hinweis relevant, dass in Vollzeitäquivalenten 1995-2006 die Frauenerwerbstätigkeit abgenommen hat in Dt.! ein Absinken in der EU gab es ansonsten nur noch in Österreich) werden mit hoher Sicherheit dazu führen, dass wir starke Risiken für das Rentensystem haben werden und große Altersarmut. Zwei Tabellen finden sich, welche die Armutsgefährdung vor und nach staatlichen Transfers zeigt und weiter die Produktmärkteregulierung, woraus sich ergibt, dass es weiterhin eine außerordentlich große Rolle der Umverteilungs- und Sicherungsfunktion des Sozialstaates gibt (zB Deutschland Armutsrisiko ohne staatliche Transfers bei 24 %, mit ihnen bei 15 % (=EU-Durchschnitt)) – also Deregulierung (die zB -> s. Konvergenzthese! In UK kaum noch zunimmt) ohne staatliche Auflagen (zB Mindestlohn, Tarifbindung o.ä – zb in Schweden öffentliche Aufträge nur wenn Tarifbindung existiert) katastrophale Ungleichheitseffekte hat. Besonders ist hier wichtig, dass die aktuelle Spreizung der Markteinkommen dazu führen wird, dass die Altersarmut dramatisch steigen wird.

Ø Interessant, dass in allen Ländern ein starker Einkommenszuwachs „oben“ stattfindet, aber in einzelnen Ländern wie UK die Ungleichheit zwischen der Mitte und unten kaum wächst, so daß insgesamt die Einkommensspreizung dort gedämpft ist; das gilt aber nicht für Dt. (Reichtumsproblem)

Ø Ebenso wie unterschiedliche Kapitalismenvarianten entstanden sind, sind auch varieties of unionism entstanden, zB solche, die starke Lobbyfunktionen übernehmen (dort, wo der Sozial-Staat noch eine Rolle spielt), wo es um politische Mobilisierung geht und solche endlich wo es um organizing geht.

Alle Probleme, deren Lösung in der gegenwärtigen Aufstiegsphase nicht angefasst wird, werden mit Macht in wenigen Jahren wiederkommen, der Druck auf den Sozialstaat und die unteren Einkommen wird explodieren. Sie heben stark hervor, dass Wandlungen, welche die Nachhaltigkeit und Bestandsfähigkeit eines Modells sichern sollen, ein Bündnis oder einen Konsens zwischen Staat / Kapital / Arbeiterbewegung verlangten; auch in diesem Zusammenhang betonen sie, dass der nationale Staat als „Auffangsstaat“ an Bedeutung gewinne – der Sozialstaat aber definitiv auch eine Rolle bei der Wertschöpfungssicherung spielen muss statt wie heute bestenfalls bei der Entwicklung eines wettbewerbsgestützten Europas mitspielt. Grundsätzlich aber macht es einen Unterschied, in welcher Variante des Kapitalismus man lebt – eine Differenz, die ein beträchtlicher Teil der Linken ignoriert oder für unbedeutend hält.

Ungeachtet der leichten Kursmodifizierungen der Politik der großen Koalition und der aufgezwungenen Veränderungen in der Rhetorik / Programmatik der SPD ist die Politik des Abbaus sozialstaatlicher Momente zugunsten der Ausweitung radikalliberaler Orientierungen weiterhin hegemonial (s. insbesondere die Steuerpolitik, die Tarifpolitik, die unveränderte Bildungspolitik, die Dynamik des hochschulpolitischen Elitismus, der Kampf gegen den Mindestlohn, die Politik der Privatisierung (Bahn, Wohnungen, Gesundheit, Renten), das Andauern des Tiefstandes der öffentlichen Investitionen, der Sparpolitik der Haushalte). Gegenläufige Politikansätze (Familien- und Kinderpolitik etwa) sind noch schwach und insgesamt von nicht großem Gewicht. Insofern hat sich die BRD in den letzten zwei Jahrzehnten (zumal aufgrund ihres schieren ökonomischen Gewichts) immer stärker in einen Protagonisten des Marktradikalismus verwandelt, ein Vorgang, der aufgrund des Plateaus von Sozialstaatlichkeit und Korporatismus, von dem aus er sich entwickelte, lange Zeit so nicht sichtbar war.[13] Dieser Prozess ist durchdrungen von starken kulturellen, politischen und lebensweltlichen Traditionen einer buchstäblichen Jahrhunderttradition des kontinentalen Sozialstaates und eines Klassenkorporatismus, der diese Mutation immer wieder bremste. Die – auch bei Linken oft noch gepflegte – Vorstellung jedoch, dass das Land, in dem die europäische Schlüsselfigur des Sozialstaates entstand, immer noch ein nur etwas beschädigtes Modell repräsentiere und sozialpolitisch daher noch zur Kategorie der humanen Kapitalismen gehöre, leitet fehl und ist in den letzten zwei Jahrzehnten ad acta gelegt worden.

Die mittelfristige Zielsetzung ist daher, diese Dynamik zum Marktradikalismus zu brechen, was insbesondere bedeutet:

Ø Umbau des Produktionsmodells von einer auf der Senkung der Arbeitskosten beruhenden Grundlage (die bereits gegenwärtig, erst Recht aber mittelfristig schon innerhalb Europas und erst recht international nicht bestandsfähig ist) zu einem auf der Entwicklung des Arbeitsvermögens (Qualifikation) basierten Modell -> also Schwerpunktsetzung in der Lohn-, Rentenpolitik und Bildungspolitik und Durchsetzung eines hohen Mindestlohns [Präventiveffekt der Verhinderung der Ausweitung der Altersarmut[14]]

Ø Massiver Ausbau des Dienstleistungsektors (insbesondere der sozialen Dienstleistungen, Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, Ökologie durchaus auch als wertschöpfungssichernde Dienstleistungen) um die Asymmetrie zwischen Industrie- und Dienstleistungssektor sukzessiv zu verringern

Ø Die Fokussierung auf die Entwicklung des Arbeitsvermögens und des Dienstleistungssektors erfordert die Ausweitung der wirtschaftsstrategischen Rolle des öffentlichen Sektors, der öffentlichen Beschäftigung und der öffentlichen Investitionen. Damit kann zugleich der Trend vom versichernden Sozialstaat zum Fürsorge- und Armutsstaat aufgehalten werden, der für den radikalen Neoliberalismus am Ende der Transformation des alten Sozialstaates steht.[15]

„Einstiegsprojekte“, wie sie hier zuhauf vorkommen, könnten insofern also verknüpft werden mit den Zielstellungen

Ø des Umbaus des Produktions- und Beschäftigungsmodells,

Ø des Ausbaus des Dienstleistungssektors und

Ø der Durchsetzung eines sozialen Staates.

Der Gedanke des „Öffentlichen“ spielt hier eine wesentliche Querschnittsrolle: öffentliche Unternehmen und Beschäftigungssektoren, öffentliche Daseinsvorsorge, Arbeit an einer sozialen „öffentlichen Hand“. Die Linke ist – im Unterschied zu allen anderen Parteien – eine Partei des Öffentlichen.



[1] Notizen zur Debatte und Vorstellung des Dynamo-Projekts (DP) durch Steffen Lehndorf bei Wissentransfer in Frankfurt am 1.3.08, RR
[2] Die Varieties-Analyse versuchte ja, anhand der Identifizierung unterschiedlicher Koordination / Konkurrenz – Beziehungen zwischen Kapital / Kapitalisten den neoliberalen Zentralgedanken – dass es nur einen Weg der freien Konkurenz gebe – zu konterkarieren. Insofern ist dieser Ansatz grundsätzlich fortschrittlich gewesen. Sie hat dabei nicht nur den Begriff Kapitalismus wieder hoffähig gemacht, sondern auch vielfältig bewiesen, dass die reine Marktkoordinierung kein Optimum bewirkt (ihre Typenbildung ist allerdings problematisch und Wandel / Widersprüche kann der Ansatz kaum erklären). S.Hall, Coates u.v.a.[3] Kriterien der Re-/Dekommodifizierung der Arbeitskraft, Stratifizierung, Sicherheitseffekte als wesentlich. Die schon früh Ende der 80er Jahre in ersten Ansätzen herausgearbeitete SMK-Entwicklungsvarianten-Theorie hat zahlreiches hier vorweggenommen.

[4] Von 1991 bis 2003 um 20vH; der Anteil öffentlicher Investitionen am BIP fiel von 4,8 vH in 1970 bis 2004 auf 1,7 vH, eine der niedrigsten Quoten der EU und der Tiefstand in der Geschichte der BRD.

[5] 15vH der jungen Menschen haben keinen schulischen oder beruflichen Abschluss, 1991 waren es noch 11vH.

[6] 2006 waren 63 % der abhängig Beschäftigten im Geltungsbereich von Tarifverträgen, seit 1998 sank dieser Anteil in Westdeutschland von 76 % auf 65 % und im Osten von 63 % auf 54 %; der Anteil der erfassten Betriebe liegt im Westen bei 40 % und im Osten bei 24 %. Der Anteil der gewerkschaftlich Organisierten sank zwischen 1995 und 2004 von 29vH auf 18vH – der zweitstärkste Rückgang in den EU-15-Ländern (nunmehr Platz 17 in den EU-25). In den exportorientierten, dem Standortwettbewerb ausgesetzten Bereichen sind sie stärker und das Niveau der Arbeitskosten liegt ausgerechnet dort höher als in der privaten und öffentlichen Dienstleistungsbranche.

[7] 1999-2006 sanken die Lohnstückkosten um fast 10 % im Vergleich zur Eurozone.

[8] Zwischen 2003 und 2005 etwa ging die Teilnahme an Maßnahmen der geförderten beruflichen Weiterbildung um 27vH zurück. Es geht um Verbilligung der Arbeit und nicht um die Entwicklung des Arbeitsvermögens. Das hat mit der Kurzfristorientierung in der corporate governance zu tun.

[9] Der Fall des Dollars entspricht Lohnsteigerungen von 15 bis 20 % im vergangenen Jahr, s. Blätter 3/2008 S.6.

[10] S. die neue Einkommensstudie des DIW (Der Spiegel 10/2008 S.39), wonach die Gruppe der mehr als 150 % des mittleren Privathaushalteinkommens Verdienenden zwischen 2000 und 2006 von 18,8 % auf 20,5 % wuchs und jene der weniger als 70 % des mittleren Einkommens Verdienenden von 18,9 % auf 25,4 % (!) angewachsen ist; die große Mittelgruppe schrumpfte entsprechend von 62,3 % auf 54,1 %.

[11] Die Exportquote, d.h. der Anteil der Exporte am Bruttosozialprodukt, liegt gegenwärtig bei rund 45 % (!) – gegenüber 30 % in der Vergangenheit, als Deutschland auch Exportweltmeister war.

[12] In der Dienstleistungswirtschaft werden kaum ¾ der Stundenlöhne der Industrie verdient. Neben dem strategischen Stichwort der Armenfürsorge ist die Entwicklung einer Dienstleistungsgesellschaft zentral, die den Wohlfahrtsstaat (soziale Dienstleistungen, Frauenerwerbstätigkeit) erfordert und eine weitaus breitere, wesentliche Grundlage des neuen sozialen Staats – das ist der mit den sozialen Städten – darstellen wird.

[13] In einer Reihe von Indikatoren – Anteil staatlicher Unternehmen, Abbau genossenschaftlichen Eigentums, öffentliche Investitionen, Reallohnentwicklung, Bildungsausgaben und indikatoren, Dynamik der Einkommens- und Vermögensungleichheit – steht die BRD schon jetzt oder absehbar in der EU-15 im „unteren“ Viertel.

[14] Siehe den ausgezeichneten Artikel von Blüm in der Zeit v. 31.1.2008 http://www.zeit.de/2008/06/Riester-Rente-Altersarmut

[15] Das also ist durchaus Ernst zu nehmen: die Linke will keineswegs zum „alten Sozialstaat“ zurück, sondern vorwärts zu einem das humane Arbeitsvermögen bildenden und fördernden, also sozialen Staat; die Radikalneoliberalen dagegen gehen noch vor den alten Sozialstaat zurück zum Fürsorge- und Armutsstaat.

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