Basta!

„Das Thema „sexuelle Belästigung“ ist mir unangenehm. Es macht mir 9783894385903schlechte Laune.“

So fängt Ingrid Kurz-Scherf ihr Vorwort an, das eigentlich ein eigener Artikel ist. Das Buch zum Thema freilich lässt die Leserin ziemlich zornig und eher gut gelaunt zurück. Obwohl doch die Angelegenheit üblicherweise verdrängt und umgangen wird. Schlimmer noch: „Sexuelle Belästigung“ gilt als gähnende Langweilerin. Ihr  Skandalisierungspotential ist ungefähr vor einem halben Jahrhundert ausgelaufen. Sie ist so was von gestern. Und zugleich ist sie auf eigentümliche Weise immer und überall – oder eigentlich gar nicht existent. Die Diskurstheorie nennt das Normalisierung durch Beliebigkeit. Sie hat einen Helfer: die Entpolitisierung. Wo doch beiläufig darüber gesprochen wird, geht es schon mal gar nicht um Macht oder Herrschaft.

Das aber ist überhaupt nicht der Fall in dem Buch „Basta! Gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. Ratgeber und Rechtsberatung“ von Godela Linde, das eben bei PapyRossa erschienen ist (212 S., 15.90 €). Dort wird der Sache an herausragenden Orten der Macht nachgegangen: im Büro, im Betrieb, am Arbeitsplatz. Bei der Staatsdienerschaft vulgo Beamten, den Fahrlehrern, der Polizei und Bundeswehr, in der Schule und Hochschule. Der „Ratgeber“ resümiert dabei die wesentlichen sozialwissenschaftlichen Studien die belegen, wie sehr sexuelle Belästigung zum Alltag des Arbeitslebens gehört. Wegweiser

Sie klärt auf, was in der Praxis und nach rechtlicher Bestimmung unter sexueller Belästigung zu verstehen ist („Wann beginnt sie?“) und geht den Profilen der Belästiger und ihres Verhaltens nach. Die folgenden 4/5 des Buches entwickeln breit die einfache Frage: „Was nicht tun?“ und „Was tun?“ – gegen Scham und Angst und Macht. Das reicht von Übungsratschlägen über den Instrumentenkoffer des Allgemeinen Gleichbehandlungsetzes, die Möglichkeiten zur kollektiven Gegenwehr bis zur Frage, was Arbeitgeber („gefälligst“) beizutragen haben. Für ein klar gewerkschaftlich angelegtes Buch auf den ersten Blick recht überraschend – und es ist erstaunlich, welche Fülle von Verpflichtungen vom Arbeitgeber eingefordert werden kann und muss!

Der zweite Teil des Bandes wendet sich nicht nur an Opfer und Betroffene, sondern auch an andere „Akteure“. Es geht um die die Rechtsberatung im Alltag und einschlägige arbeitsrechtliche Entscheidungen. Ausführlich wird das zentrale Problem der „Beweisnöte nach der Belästung“ ausgebreitet. Eine Übersicht zu einschlägigen Quellen und ein nützliches Stichwortverzeichnis schließen das Ganze ab.

Eigentlich nicht, nein.

S.163 bis 206 gehen nämlich dahin für 537 Fußnoten mit Zusatzquellen und Fundstellen. Der Grund dafür liegt keineswegs auf der Hand. Die Autorin hat doch tatsächlich über 700 einschlägige Gerichtsentscheidungen aller Instanzen und Gerichtszweige – neben Verfahren vor Arbeits- und Sozialgerichten auch Straf-, Verwaltungs- und Zivilprozesse – ausgewertet und damit eine völlig neue „gerichtsfeste“ empirische Basis für ihre Argumentation geschaffen. Eine ungewöhnliche und bisher nicht erschlossene Quelle. Eine Heidenarbeit, die sich gelohnt hat.

BastaAngesichts dieses Aufwands ist die Freude der Verfasserin verständlich, als „ihr“ Buch angeliefert wurde :-).

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Villa Rossa 2015

ungleichDie 13. Villa Rossa fand vom 22.-29.8.2015 statt, auch dieses Mal veranstaltet in Kooperation von Stiftung GegenStand und dem ver.di-Bildungswerk Hessen. Ihr Thema: “Neue Ungleichheit„.

Das Programm begann

  • vorweg mit der Frage, wie eigentlich in neuerer Zeit die Frage der Gleichheit und Gerechtigkeit im Rechtsdenken und der Rechtspraxis verhandelt wird (Peter Hauck-Scholz)
  • wandte sich dann mit mehreren Beiträgen der Industrie 4.0 („Hype oder industrielle Revolution“), den Big Data und digitalen Dominanzen zu (Christoph Ohm, Hermann Bömer, Rainer Fischbach)
  • machte einerseits einen Streifzug durch die Piketty – Debatte  und ihre (verteilungs-)politischen Folgen (Rainer Rilling) und detaillierte andererseits die Verteilungsfrage „Entgeltgleichheit als Forderung – Entgeltungleichheit als Feststellung“ (Ursula Schumm-Garling)
  • thematisierte das Stichwort der ökologischen Gleichheit vom deutschen Konsum bis zum Exportmodell Deutschland (Günther Bachmann)
  • erörterte die „Prekarität in der Gesellschaft 4.0“ (Andrea Liesner)

und endete zum Seminarabschluss mit der speziellen Frage nach der  „Zukünften des Kapitalismus?“ und diskutierte Antworten auf die Frage: „Wie wird der Kapitalismus enden?“. Es antworteten  Wolfgang Streeck, Michael Krätke und Hans-Jürgen Urban, wobei sie der Maxime des berühmtesten griechischen Finanzministers folgen werden: »Wir sind stolz auf das Niveau der Ungenauigkeit«.

Eine aktuelle Übersicht zu Programm, DiskutantInnen und Texten zur Tagung findet sich hier.

Seminarinformation: Das Seminar findet statt vom 22. 8. bis zum 29.8.1215 in der Villa Palagione Centro Interculturale – Associazione culturale, Loc. Palagione (I-56048 Volterra (Pisa) – Tel. (+39) 0588 39014 / (+39) 0588 39139 – Fax: (+39) 0588 39129 – E-mail: info@villa-palagione.org). Das Wochenseminar wird gefördert von der Rosa Luxemburg Stiftung.

Nachfragen bei Rainer Rilling.

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Zum Einstieg in die Causa „Deutsches Vermögen“, „Auslandsschulden“ und „Reparationen“

Auslandsvermögenim Anhang zwei Dokumente, das „Gesetz betreffend das Abkommen vom 27.Februar 1953 über deutsche Auslandsschulden“  und der einschlägige Bericht des „Ausschusses für das Besatzungsstatut und auswärtige Angelegenheiten“ vom 16.5.1952, Drucksache 3389 zum deutschen Auslandsvermögen, die zusammengenommen zur Frage Griechenland (dazu ak distomo und Judith Dellheim im Detail) zeitgeschichtlich absolut lesenswert sind, und übrigens auch an die Rolle des Rechts in den verzwickten Auseinandersetzungen über das Eigentum zwischen den imperialistischen Staaten in den 50ern erinnern (z.B.: „Auch haben die Vereinigten Staaten, um der durch ihre eigenen Maßnahmen gegen das Feindvermögen erzeugten Rechtsunsicherheit zu begegnen, das Recht ihrer auswärtigen Handelsverträge dahin weiter entwickelt, daß sie jetzt auf der Aufnahme besonderer Schutzbestimmungen für Eigentum und Investitionen bestehen.„, dazu auch das Kapitel „The Rule of Global Capitalism“, Abschnitt „Rules of Law: Governing Globalization“ in „The Making of Global Capitalism“ von Leo Panitch und Sam Gindin). Da gehen Nationalismus und Kapitalismus Hand in Hand, eine Grundhaltung, die sich offenbar bis heute nicht geändert hat. (Dank an Edzard Ockenga).

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Jörg Huffschmid-Preis 2015 ausgeschrieben

huffschmid
Jörg Huffschmid

Der wissenschaftliche Beirat von Attac-Deutschland, die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, die EuroMemo Group und die Rosa-Luxemburg-Stiftung schreiben im Gedenken an das wissenschaftliche Werk und das gesellschaftspolitische Engagement von Jörg Huffschmid zum dritten Mal den Jörg-Huffschmid-Preis aus. Der Preis für NachwuchswissenschaftlerInnen bezieht sich auf die Bereiche Wirtschafts- und Sozialwissenschaften und ist mit einem Preisgeld in Höhe von 1500 sowie 500 dotiert.

Jörg Huffschmid (19. Februar 1940 bis 5. Dezember 2009) verband in seinen Arbeiten scharfsinnige Analysen mit politischer Vernunft. Als Gründungsmitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik und der EuroMemo Group sowie in seinem Wirken im Wissenschaftlichen Beirat von Attac und der Rosa-Luxemburg-Stiftung war sein Ziel persönlich und wissenschaftlich eine sozialere Gesellschaft, die er auch immer mit Kapitalismuskritik verknüpfte. Mit seinem Wissen und seinen politischen Analysen hat Jörg Huffschmid unermüdlich der angeblichen Alternativlosigkeit des Mainstreams getrotzt. Dieser Preis soll allen ein Ansporn sein, seine Arbeit fortzusetzen. Näheres zu Jörg Huffschmid findet sich in einem Nachruf hier,  ebenso eine Übersicht zu seinen Arbeiten.

Zur Bewerbung um die alle zwei Jahre vergebene Auszeichnung
können Studienabschlussarbeiten (Magister-, Master- und
Diplomarbeiten) sowie Dissertationen eingereicht werden. Zum
ersten Mal werden in diesem Jahr zwei Preise verliehen: eine
Auszeichnung in der Kategorie Dissertationen über 1.500 Euro
und eine Auszeichnung in der Kategorie Studienabschlussarbeiten über 500 Euro. Die Arbeiten sollten dem Feld der Politischen Ökonomie entstammen, zum Beispiel:

  • Finanzmarktpolitik
  • Soziales Europa
  • Rüstungspolitik und Rüstungswirtschaft
  • Privatisierungsdynamiken
  • Globalisierte Arbeitswelten
  • Ressourcen-Ökonomie
 Bewerbungsfrist ist der 30. März 2015. Alle weiteren Informationen im Infoblatt.
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Theoriekritik

Millie grazie – das neue und originelle Schweizer Blog Theoriekritik hat meine Ungleichheitsmaschine in Sachen Piketty aus telepolis aufgenommen. Die neue Ungleichheitsdebatte hat ja sukzessiv auch den wissenschaftlichen Raum erreicht und dort gibt es natürlich auch neu aufgeputzte alte Frontlinien, aber eben auch zunehmend Anregungen, Korrekturen, Kritik und Transfer in andere Disziplinen. Weit entfernt davon ist die Reaktion in der Politik – Ignoranz und ihre Variante Talk halten sich die Waage – eine Umsetzung in selbstkritische Revisoion von Positionen, den Umbau politischer Programmatik, die Entwicklung von praktischen Konzepten und ernsthaft betriebene, fokussierte Handlungsorientierungen ist von dürftigen Ausnahmen abgesehen kaum zu erkennen.

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Näheres in den „Blättern“…

pikettSchön, dass die „Blätter“ meinen Text zu dem Piketty-Buch online gestellt haben, ganz von selbst  und mitsamt einer schicken Bildbearbeitung 🙂 !  Eine Reihe der dort aufgeführten Fußnoten verweisen übrigens auf Texte, die ebenfalls online vorliegen (siehe hier). Auch wenn Piketty bei Google mittlerweile 4.240.000 Treffer erreicht, kurz ein Hinweis auf aktuell lesenswerte Texte:

  • Foster/Yates in Monthly Review fragen nach der Position des Textes in der neoklassischen Ökonomie.
  • In der Oktoberausgabe vom real economics review gibt es eine nützliche Zusammenstellung von Besprechungen bzw.Debattenbeiträgen, dazu ist eine (kostenfreie) Subskription notwendig; erwähnenswert auch das Buchforum im theorieblog.de.
  • Von Zucman/Saez gibt es eine Fortschreibung ihrer datengespickten Analyse zur Wealth Inequality in the United States.
  • Behringer, Theobald und van Treeck betrachten in dem IMK-Report 99 aus makroökonomischer Sicht die Einkommens-und Vermögensverteilung in Deutschland, kritisieren dabei insbesondere die Haushaltsbefragen des SOEP und zeigen, welches Gewicht die bei Piketty bzw. der World Top Incomes Database (WTID) – Gruppe unberücksichtigten einbehaltenen Gewinnanteile in den Unternehmen haben, die nicht als Haushaltseinkommen erfasst werden. Ergänzend hierzu im „Capital“ Till von Treeck über das Megathema Ungleichheit.
  • Stefan Bach hat im DIW-Roundup Hintergrund und Perspektiven der Reichensteuer-Diskussion skizziert.
  • In der Novemberausgabe von Contemporary Socology: A Journal of Reviews 43,6 (2014) gibt es ein Symposion mit einer Reihe von Beiträgen, die nach der eher traurigen Rolle der Soziologie in der Analyse dieser „Hocheinkommensgruppe“ fragen. Ähnlich Bonnet/Thery über „Sociology and political science in the patrimonial society: implications of Piketty’s Capital“. Ertragreicher dazu der Beitrag von Murray in APuZ 15/2014  zum Thema „Oben“ und Jonathan Wai zur US-Elite.
  • Ingo Stützle hat sich im ak auf gewohnt harsche Weise mit dem großen Haufen des Teufels befasst und Georg Fülberth hat in der Jungle World über „Empirie als Waffe“ geschrieben, lesenswert auch die Besprechung von Knox Peden und der Digest von Adam David Morton.
  • Endlich ohne Piketty nicht uninteressant: „Nordic exceptionalism? Social democratic egalitarism in world-historic perspective“ von Mattea Fochesato und Samuel Bowles (Preprint).
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Kapitalismus & Zukunft

Konflikte-VList der etwas großzügige Titel meines Beitrags, den ich am Montag, 27.Oktober 2014 um 18.30 im Rahmen der Ringvorlesung „Konflikte in Gegenwart und Zukunft“ im Hörsaalgebäude Biegenstrasse, Raum +1/0010 (früher 116) vortragen möchte. Die Fragestellung der Vorlesung ist „Unsere Welt in zehn Jahren – Wie wollen und werden wir leben?„. Die Ringvorlesung wird veranstaltet vom Zentrum für Konfliktforschung (ZfK) und dem Interdisziplinären Seminar zu Ökologie und Zukunftssicherung (ISEM) und unterstützt vom DGB Mittelhessen und dem Marburger Forum – Fördergemeinschaft Friedensarbeit Marburg. Etwa 36 Stunden bleiben noch :-).

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Piketty Zeit: r > g

PikettyOffenbar ist die Osterzeit in diesem Jahr Piketty-Zeit und Ostern dauert dieses Jahr länger als üblich. Bei Amazon war das Buch „CAPITAL in the Twenty-First Century“ aktuell ausverkauft. CNN vermerkte zu einem 5-Minuten Auftritt von Piketty:

Publisher Harvard University Press says it’s already sold 41,000 copies of „Capital,“ and is rushing to get another 25,000 print versions to book stores and Amazon as soon as possible. The book is the publisher’s first best seller, and is poised to sell more copies in one year than any book in its 101-year history. {Zum ersten Mai vermeldete der Herausgeber 100 000 verkaufte Exemplare und der Band hüpfte in einer Woche (bis zum 27.4.) von Platz 37 auf Platz 7 der US-Bestseller-Sachbuchliste}.

Auf der Website des Autors Thomas Piketty sind erfreulichereise die Grafiken und Tabellen sowie Zusammenfassungen als pdf. zugänglich. Eine Kurzfassung im Harvard Business Review. Kapitelweise ( & registriert) im Economist (s.a. den Beitrag mit dem schönen Titel „All men are created unequal„). Viel leichtfüßiger der Einstieg in The Week‘s Beitrag „How Disney’s The Aristocats explains our bleak plutocratic future“, basierend auf einem Disney-Film über die ultra-rich. Warren Buffett ließ laut der „Bunten“ wissen, er habe „ungefähr sechs Rezensionen“, nicht aber das Buch gelesen und Carl Icahn, Hedgefond Milliardär, kommentierte dem Business Insider: „I think it’s very good, very well thought out…. And I agree that there are storm clouds ahead“.Chriystia Freeland („Die Superreichen: Aufstieg und Herrschaft einer neuen globalen Geldelite“) empfiehlt in der Rubrik „THE BIG IDEA“ des Politico Magazine:  „The Book Every Plutocrat should Read“ und Thomas Steinfeld hat in seiner übersichtlichen Besprechung von Piketty’s Buch in der SZ vom 22.4.2014 S.11 seine Marx-Abkanzlung kritisiert, die zeige: „Ihm geht es um das Kapital, nicht um den Kapitalismus“ (ähnlich die New York Times vom 19.4.14). Das klingt eingängig, erspart Steinfeld aber eine Auseinandersetzung mit Piketty’s Kapitalbegriff. Dennoch ist seine Skizze des Buches vergleichsweise gründlich. Bemerkenswert, welches Aufsehen das Buch des Rockstars (auch hier, hier und hier und und hier und auch noch hier und auch Sydney  oder in Toronto) erreicht – Piketty hat seine Analyse seit langem ausgebreitet, u.a. in einer Serie von Vorträgen und Vorlesungen, die frei zugänglich sind (Datenquellen dazu auch in The World Top Incomes Database), auch der technische Appendix zu dem Buch ist zugänglich, er enthält zahlreiche Verweise auf Beiträge des Autors, die frei zugänglich sind. Eine aktuelle Zusammenfassung insbesondere der Daten aus seinem Buch hat Piketty hier gegeben (April 2014). Und es gibt auch eine Executive-Summary-Version bei Amazon :-), die in der Auflagenschätzung der New Republic vom 26.4. von absehbar über 200000 in einigen Monaten nicht berücksichtigt wird (dazu auch hier und hier).

Lesenswert sind neben einem weiteren SZ-Beitrag Yglesias (auch hier von ihm ein Interview mit Piketty und hier und dazu einige Charts), der begeisterte und nochmals auch im Nachhinein begeisterte und dazu noch sich an Pareto erinnernde Krugman und (zur Einschätzung überschwänglich begeistert Edward Lambert), Shuchman im Wall Street Journal, Martin Wolf in der Financial Times (dort auch Lawrence Summers),  Dean Baker, Samuelson, Harold Meyerson in der Washington Post, der das Buch mit Keynes „General Theory“ vergleicht. Ein Interview mit Piketty in den Foreign Affairs. Piketty in der UC Berkeley. Großer Auftritt auch in der NYT (neben Krugman und Brroks auch Douthat hier und hier und überhaupt hier und da und überall) und sogar die korrekte Aussprache von  „Tome-AH PEEK-et-ee“, und wie man auf cool über Piketty reden kann, ein Interview mit diesem in Quartz, ein Verriss in der NZZ, im Business Insider und bei Bloomberg und Forbes und kein Verriss (zunächst) in Forbes  (und hier, weiter auch hier und hier und da) und in einem Economist-Blog (der Verriss ist für eine Titelgeschichte reserviert und die diversen weiteren Beiträge nur für Subskribenten). Und eine Kritik in Forbes mit Bezug auf Saez, natürlich nicht von Tim Noah („The stinking Rich„) oder von Jeff Faux in der Nation (dort auch Shenk) oder in BillMoyers oder in Inequality.org. oder auf Foreign Policy  und im New Statesman sowie im Salon, auch hier und noch mehrfach. Ebensowenig von Wapshott, der LAT, dem Guardian, der Times Higher Education. Verriss natürlich aus Hoover  und dem AEI und Heritage und der National Review und den Foreign Affairs, oder vom Independent oder dem  Federalist, (der auch hier: „the old-school class-warfare terminology“)  auch etwas von Kathleen Geier im Washington Monthly (aber auch  im Baffler oder in der Nation), von Matt Nolan oder von Shulman. Im Chicago-Magazine. Erst recht im Neocon-Blatt Telegraph, oder hier. Kritik übrigens auch in thruthout (wie auch hier), truthdig und Mother Jones, auch von Fortune (dort auch hier) und dem WSJ (dort auch hier). Im Social Europe Journal das Piketty-Plädoyer für eine weltweite Vermögenssteuer, was Steinfeld oder der Guardian natürlich für illusionär halten. In der Huffpost (auch hier und hier) und Bloomberg und MSNBC (sowie mit Chris Hayes auch hier und hier im CEPR) noch Videointerviews und -debatten – vor allem in der Cuny mit Stieglitz, Krugman und Durlauf (auch via Nation) – seine Versicherung, politisch ungebunden zu sein (not affiliated) und zu guter letzt Daily Beast mit einem Verriss, einem Verrissveriss durch den Übersetzer des Buches und Wahltipps à la Daily Beast. Sinnvoller zur Demokratie: Ungleichheitsfrage die Washington Post. Ein Audio hier; und auf BBC.

Jenseits des Marketingfandoms: Vor allem schon 2013 Branko Milanovic von der Weltbank, Emily Eakin im Chronicle of Higher Education mit dem schönen Titel „Capital Man„, Thomas Edsall in der NYT, John Cassidy im New Yorker, von Brad DeLong (dieser auch hier und  hier) weiter ein Blog Review im durchaus nicht links einzuordnenen Bruegel-Blog von David C. Saha, kritisch und wichtig James K. Galbraith in Dissent (zusammengefasst mit Debatte in nakedcapitalism, auch hier im Interview) sowie Thomas Palley im Social Europe Journal bzw. seinem BlogDiem Meier und Dittli; Geoff Davies; Michael Robert (und hier und hier); Charles Andrews; Radford; Johnston; Weisbrot; Decker; Gans; Jones; Sean McElwee; Paul Mason im Guardian; Robert Kuttner im American Prospect; Michael Hudson; weiter mehrfach zu seinem Kapitalbegriff; mit drei Beiträgen dann Hacker/Pierson, Boushey und Milanovic im American ProspectDoug Henwood im Bookforum (der zu Recht, aber pauschal die ansonsten kaum debattierte politische Position des Autors und seine politische Konzepte angeht; Krugman ist hier eine Ausnahme). Chris Bertram; Weiter nochmals in der New Republic Solow. Und den Counterpunch nicht zu vergessen oder den Socialist Worker. :-).

Bemerkenswert, wie dürftig die Rezeption hierzulande ist gemessen an der sensiblen Debatte in der (links-)liberalen Mittelklassenöffentlichkeit in den USA. Zu nennen ist da eigentlich fast nur der genannte Beitrag von Steinfeld (und ein Interview mit Piketty in der SZ) und ein früher Text im Wirtschaftsblog der FAZ (Braunfelder). Braunfelder ist auch deshalb eine Ausnahme, weil der die Analysen des Duos Saez / Picketty zur Kenntnis nimmt, die für die 1 %-Debatte in den USA faktisch wesentliche, substantielle Vorarbeit geleistet haben. Neu und passend zu „Capital“ das Paper von Saez / Zucman über „The Distribution of US Wealth, Capital Income and Returns since 1913„. Details zu den „United States of Inequality“ auch hier und hier, zu den rich und zu den 1 % dort.  Die FAS vom 27.4., S.32, ignoriert Piketty und Saez und steigt auf ein Profil von Anthony Atkinson um. In der Zeit findet sich nun eine eher anspruchslose Besprechung, früher schon im Cicero, die üblichen Verdächtigen – FR, ND oder Junge Welt – fallen aus. Aber das kann ja noch kommen…

Und, als Nachtrag vom 27.4.ff. zum 23.4. –  und so geschah es auch. Jetzt hat es auch SPON bemerkt, dass man mit einem Piketty-Aufhänger Kasse machen kann – schließlich brachte es dieser Name in den letzten sieben Tagen in der New York Times auf 10 500 Nennungen; der Stern ist dabei, auch das Manager-Magazin (auch hier etwas substantieller), an Forbes angehängt hat sich der ORF, die Welt lieferte eine schiere Begeisterung, der Freitag eine Übersetzung aus dem Guardian und der Tagesspiegel  oder die Wirtschaftswoche legen nach. Nichts davon – bis auf den Guardian-Beitrag – lohnt. Näheres über die Produktion eines globalen Namens steht in der NYT oder hier, bei seinem Herausgeber und bei Sam Tanenhaus bzw. Corey Robin. Oder bei Piketty oder in der Financial Times („Piketty Bubble„), dem Economist („Fever„) und der Times of India.

 

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Welche Wege wählt das Geld?

SupereicheChrystia Freelands Buch handelt von Räuberbaronen, Technologietycoons und Philantrokapitalisten. Es heißt: „Die Superreichen. Aufstieg und Herrschaft einer neuen globalen Geldelite„, 370 S., Westend Verlag, Frankfurt 2013, geb. 22, 99 €. Meine Besprechung im ND vom 21.2.2014.

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Trauerrede zu Reinhard Kühnl

Reinhard KühnlAm Freitag den 14. 02.2014 fand in Marburg die Trauerfeier zu Reinhard Kühnl statt, auf der Manfred Weissbecker, Gudrun Hentges und Frank Deppe sprachen. In der Zeitschrift Sozialismus wurde mittlerweile die Rede von Frank Deppe publiziert. Ergänzend sei verwiesen auf die Nachrufe von Kurt Pätzold in der Jungen Welt und von Richard Gebhardt im Theorieblog. Auch in den Blättern, zu deren Herausgebern Reinhard Kühnl gehörte, wird nächste Woche ein Nachruf erscheinen. Ein, wie zu hören war, recht befremdlicher Beitrag seitens des Marburger Instituts für Politikwissenschaft wurde offenbar zeitweilig vom Netz genommen, in der Aufzählung der Emeriti des Instituts ist der Todesfall noch nicht angekommen. Am 19.02. erschien in der Frankfurter Rundschau, der Jungen Welt, der TAZ und im Neuen Deutschland eine von über 250 Personen unterzeichnete Traueranzeige.

Postscriptum 26.2.14: Mittelweile findet sich auch ein Nachruf seitens des Marburger Instituts für Politikwissenschaft mitsamt einer „Erinnerung“ von Dr.Wolfgang Hecker, der er für den Alumni-Newsletter des Instituts verfasste.

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Grundrechte sichern – jetzt

1078892_10151512185040683_1283418422_oist die Überschrift einer neuen Petition in Sachen „Brief – und Fernmeldegeheimnis“ sowie „Schutz der Privatsphäre“. Professor Dr. Dr. h.c. Matthias Kreck, Mathematiker, hat sich an diese Worte erinnert, unter denen sich der gemeine Netzmensch in aller Regel nichts mehr vorstellen kann – und wenn doch, begleitet er diese Vorstellung mit einem müden Lächeln. Was soll wohl heute eine Fernmeldung sein? Snowden sei Dank wissen wir jetzt mehr darüber. Aber wissen wir, wonach die paar Hundert Milliarden Datensätze gefiltert wurden? Von wem genau? Und vor allem: wer bekommt die Ergebnisse und was tut er damit? Ach ja, der Terror wird bekämpft. Die Petition erinnert an politische Verantwortlichkeiten, den grundsätzlichen Verstoß der Regierung gegen die Pflicht, die Verfassung einzuhalten und zu schützen und zu formuliert vier Fordererungen.

1.) An unsere Regierung: Schutz der im Grundgesetz verankerten Grundrechte, die die Basis unserer Demokratie bilden, im Inneren sowie gegenüber Staaten, die diese Rechte in bisher unvorstellbarer Weise missachten.  2.) An die Bundesanwaltschaft: Einleitung eines Verfahrens gegen die Verantwortlichen der Geheimdienste der USA und Großbritanniens wegen verfassungswidriger Aktivitäten.  3.) An Regierung und Parlament: Offenlegung und Rückname der im Jahre 2001 während der Regierung Schröder getroffenen Vereinbarungen zur Ausweitung der Ausspähung zwischen den Geheimdiensten der USA und Deutschlands. Insbesondere keine Weiterleitung von Daten der NSA an deutsche Geheimdienste an der G-10-Kommission vorbei.4.) Solidarität mit mutigen Menschen wie Edward Snowden und anderen, die die Machenschaften enthüllen. Wir fordern, ihm politisches Asyl zu gewähren, da zu befürchten ist, dass ihm für seine Offenlegung von Unrecht in den USA der Prozess droht.

Der Aufruf endet mit der Bitte um „lautstarke Unterstützung.“ Das macht Sinn – hier steht „Offenheit“ gegen „Geheimpraktiken“. Jetzt, am 8.8.18.39 sind es 109 Unterschriften und es gibt noch eine Kurve, die sich nach oben schleppt und einen Kuchen, wie sich die Unterschriftenmengen auf Städte verteilen. Und der Aufruf weist auf die skandalöse Möglichkeit hin, zu wählen – neben anderen Aktivitäten. Da darf die verbildlichte Aufwertung der „0 %“ – sonst eine politische Peinlichkeit sondergleichen – nicht fehlen. Hier kann man unterschreiben.

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Kleiner Tanzkurs.

ff4f2d3f97In den 60ern las ich immer häufiger Texte von ihm und hatte damals und in der Folgezeit einige Male das Vergnügen, seine Vorträge an westdeutschen Universitäten zu hören. Damals waren Dieter Kleins Themen die Umbauten des Kapitalismus und seiner Politik. Immer wieder ging es um die politische Ökonomie der Rüstung und die Frage, wie eine sicherheitspolitische Bändigung und gemeinsame Sicherheit auf Dauer durchgesetzt werden könnten. Politische Veränderung auch als ermöglichenden Umbau des damaligen Kapitalismus zu denken war äußerst selten, erst Recht in den Kategorien einer kritischen Friedensforschung. Was dann, zunächst unter dem Stichwort „Moderner Sozialismus“ und dann immer häufiger mit dem Begriff „Transformation“ (und der kritischen Reflektion des kapitalistischen Revirements und seiner theoretischen Verarbeitung seit 1989/90) als hartnäckiger Versuch gedeutet werden kann, in das „Ende der Geschichte“ (also der propagierten Unverrückbarkeit des planetaren Liberalkapitalismus) wieder Bewegung zu bringen, hat sich seitdem bei Dieter Klein immer mehr auf das Bemühen fokussiert, eine begriffspolitisch tragfähige Konzeption auszuarbeiten, die einen Beitrag zum Verständnis des Gegenwartskapitalismus und zu der großen Frage zu liefern vermag: wie man über ihn hinaus kommt.  „Kleiner Tanzkurs.“ weiterlesen

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