Rainer 
Rilling

Die erste Version dieses Textes erschien in: Georg Ahrweiler, Rainer Rilling, Rolf Schellhase (Hg.): Soziologische Ausflüge. Westdeutscher Verlag: Opladen 1997, S. 239 - 272

Der Text wurde im Juni / Juli 1995 verfasst und war ein erster Versuch zur Selbstverständigung politk- und sozialwissenschaftlich relevanter Aspekte des Internets, der - vor allem was das empirische Material angeht - naturgemäss mittlerweile weitgehend überholt ist. 

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Enternet

"Without earth there is no heaven" Edwin Dobb, Harpers Magazine Februar 1995

"If Marshall McLuhan were alive today, he would have a nervous breakdown" William Gibson, New York Times v. 22.5.1995

"The Internet never sleeps. It`s kind of like New York, but a little bit cleaner, and the high crime rate isn`t so obvious" Saveen Reddy, Information Superwhichway? Crossroads 1.1. September 1994

"Früher sprach man über etwas, heute kommuniziert man. Nicht über etwas, sondern einfach so...Die traditionelle Verständigung, das Sprechen über, hat einen Gegenstand: eben jenes etwas, über das gesprochen wird. Das Kommunizieren hingegen hat nurmehr ein Medium, eine Materie, mittels derer man kommuniziert. Nicht: über etwas - einen Gegenstand - eine Verständigung zu erzielen, sondern: durch etwas - ein Medium - in Verbindung zu treten bzw. zu bleiben, ist Inhalt der Kommunikation." Enderwitz, Kommunikation, 1994

"http://www.wonderland.com/~edie/pages/blah.html"

"Numbers of WWW servers namend www.something.com: 1047" The Internet Index 4 vom 7.11.1994

"Laurence Berkley Laboratory" Prospekt der 1 & 1 Werbeagentur für Telekom Online. Sommer 1995

" from analog to digital media
* from paper media to electronic media
* from material zu immaterial media
* from separate media to multimedial communication context
* from spectator culture to interactive media culture
* from broadcasting systems to telecomputer systems
* from audiences to media users
* from local to global media
* from national to transnational media"
Sam Inkinen, Vaasa, 1995

I Metaphern, Murmeln und Plappern

Irgendwann zwischen 1993 und 1995 muß es geschehen sein: die Gesellschaft meldete sich zurück und mit ihr zugleich ein Name, Geschichte und also Zukunft. Das geschah nicht heimlich oder schleichend, sondern mit offizieller Verve auf Regierungsebene: "Die hochindustrialisierten Länder entwickeln sich zur Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts. Diese ist dadurch charakterisiert, daß immer weniger Arbeitskräfte im hocheffektiven produzierenden Sektor beschäftigt sein werden. Ein immer größerer Anteil der Arbeitsplätze wird im Dienstleistungsbereich, insbesondere bei den Informationsdiensten entstehen. Die damit verbundenen Umstrukturierungsaufgaben, aber auch die neu entstehenden Freiheitsgrade werden eine ähnliche Dimension besitzen wie der Uebergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft...Multimedia und Informationsnetze sind die Technologien, auf die sich Informationsgesellschaften gründen werden. Nationen, die nicht über Fähigkeiten zur Produktion und Anwendung solcher "Werkzeuge" und Medien verfügen, werden als Wirtschaftsstandort verlieren." Diese gesellschaftshistorische und -theoretische Formulierung in einem Grundsatzpapier des Forschungsministeriums vom März 1995 1) versichert: wir werden alle in einem neuen Informationsraum landen - ob dies nun gleich eine neue Gesellschaft sein wird, sei dahingestellt. 2) Gewiß ist nur eines: die Deutsche Telekom AG ist all` schon da: "Die globalinformierte Welt mittels multimedialer Kommunikation ist also bereits Realität." 3) Zu dieser Realität notierte der deutsche Forschungsminister auf der Multimediatagung des Weltkonzerns Deutsche Bank mit kulturkritischem Flair: "Am online geschalteten PC hört man via Internet das Murmeln und Plappern der ganzen Welt"4) . Fabelhaft, allein wieviel da schon geplappert wird: eine Wochenendausgabe der New York Times liefere, so heißt es, mehr Information als einem ganzen Menschenleben im 17. Jahrhundert unterkommen - also, am Beispiel etwa der Ausgabe vom 13. November 1987, zwölf Millionen Wörter auf 1 612 Seiten 5)

Und nun das Internet als das Kommunikationsmedium par excellence: für Individual- und Massenkommunikation, synchrone und asynchrone, angebots- und nachfrageorientierte, moderierte und unmoderierte, personalisierte und anonyme, offene und verschlüsselte Kommunikation.6) Da wird also vielfältigst kommuniziert, natürlich auch sehr nachdenklich: "...aber was haben sie sich wirklich zu sagen?" fragt Die Zeit 7) Nun, wer da vor allem murmelt und plappert und wirklich das Sagen hat, das Bitbusiness also, heißt John Malone oder Mark Wössner, Robert Murdoch, Bill Gates oder Leo Kirch. Was diese sich zu sagen haben, ist immer dasselbe: der Weg soll geöffnet werden für erstmals buchstäblich grenzenlose Akkumulation im unendlichen Neuland des virtuell aufgestockten Kapitalismus. Da wollen wir auch hin: "...steht die Bundesrepublik an der Schwelle der kommerziellen Markteinführung und kann um die Jahrtausendwende in die Phase der Erschließung des Massenmarktes eintreten. Heute gilt es, die kommerzielle Anwendung zu unterstützen und kritisch zu begleiten." 8) So schließt sich der Kreis: wo Gesellschaft präsent wird, ist die Industrie schon da: es waren 13 amerikanische Computerunternehmen, die - mit Al Gore als Verstärker - die Informationsgesellschaft ins politische Bewußtsein pushten. Der politische Markt ist gut gesättigt, die Chancen des realen Marktes sind völlig offen.

Als Wegbegleiter und moderne Benutzerführungen fungieren ein Bündel diffuser Leitmetaphern, die vertraute, reale, gegenwärtige mit neuen, virtuellen, zukünftigen Mustern und Leitbildern verknüpfen, heranführen an die neue Kultur der Techniknutzung, also ihres Zutritts- und Gebrauchsmodus.

Cyberspace

Die Raummetapher der Cyberspace 9) hebt auf die Transzendierung nationaler Grenzen und physischer Begrenzungen ab. Das Geheimnis der Metapher: Cyberspace, der virtuelle Raum, in dem man sich bewegt, ist unendlich aneigenbar. Liberale Neuland- und sozialdarwinistische Frontiernetzmythen koppeln sich zwanglos an, ebenso die Ideen der Expansion und des Wachstums. Das Netz kennt keine Ladenschlusszeiten: wie der Service US-amerikanischer Supermärkte uns Tag und Nacht mit einem Angebot niedlicher Handfeuerwaffen neben der Tiefkühltrühe versorgt, können uns wir auf dem Netz ununterbrochen, sozusagen endlos das flotte Design antisemitischer Naziseiten reinziehen. Der Abbau staatlicher Monopole erweckt den Eindruck, es entstünden neue rechtsfreie Räume, Plätze, die noch nicht besiedelt sind ("...und das ganz ohne staatliche Regulierungen" 10) ). Cyberspace ist ein öffentliches Gut 11) , das zwischen Künstlichkeit und Realität oszilliert, gleichsam eine Zwischenzone, eine entlokalisierte twilight zone. Ein leerer Strand. Das Netz, das als Ganzes nicht protokollierbar ist, hat keine Geschichte und kennt keine Folgen; genauso macht das Arbeiten in vielen verteilten Netzen die Folgen unsichtbar und erweckt den Schein der Folgen- und Verantwortungslosigkeit des Handelns. Das technoliberale Milieu der Netze pflegt die Klassenlosigkeitsideologie und Gleichheitsrethorik 12) - Cyberspace als ein anderer sozialer Kosmos: mit einer großen Leichtigkeit der Kontakte, reduzierter Komplexität sozialer Beziehungen und der Möglichkeit sanktionsloser Regression - als Provisorium somit. Cyberspace: der große Strandurlaub des 21. Jahrhunderts.

Netz

Dass man im oder auf dem Netz ist zeigt, das diese Metapher nicht bloß an Raumvorstellungen appelliert, sondern sich öffnet zum Konzept der Bewegung. Das World Wide Web assoziiert die Raumqualität der globalen Vernetzung und den Prozess, die Formeigenschaft der Interaktivität: das Netz als Medium der Alle-an-Alle-Kommunikation (Many-to-many) statt Einer-an-Alle, also Zweiweg-Punk-zu-Punkt 13, als Multi-Medium 14. Hervorragendes Merkmal des Netzes ist, dass es allen NetzteilnehmerInnen mit allgemein verfügbaren Mitteln möglich sein muss, mit der Delokalisierung der Datenverarbeitung und Dezentralisierung der Datenbestände beliebige Daten an alle zu senden und von allen zu empfangen: dies ist die expliziteste demokratiepolitische Dimension des Internet - es wird nicht kontrolliert. 15

Elektronischen Markt - Datenautobahn

Die Metaphern vom elektronischen Markt und der Datenautobahn (Infobahn; Information Highway 16) setzen direkt auf der Netzmetapher auf. Da die "Infobahn" als Bewegungsmetapher nicht den Inhalt und die Formbestimmung des Prozesses, sondern bloß diesen selbst thematisiert, den Besitz oder die Verteilung der Information, auch ihre Transaktion, Kommunikation, das interpretierende Austauschhandeln also ignoriert, ist sie blind gegenüber Zerstörung und der durch sie provozierten Restrukturierung von Räumen. Dem Netsurfer oder Webcrawler auf der Datenautobahn ist die Bewegung nicht nur die Hauptsache - sie ist alles. Verdeckt wird zugleich, dass die neuen netzvermittelten Kommunikationsverhältnisse zunehmend kaum integriert, sondern separiert, nicht interaktiv, sondern unidrektional sind. Eine Technikkultur, welche die Implementation einer neuen Großtechnik mit einer solchen Sprechweise begleitet, ist dabei, die mühsam angeeigneten Reflexivitätmomente mit Tempo abzustreifen. Die Metapher vom elektronische Markt hingegen assoziiert Transaktionen, bezieht sich dabei aber nicht auf die Informationen (d.h. das bewegte Gut selbst, den Gebrauchswert), sondern auf die Warenförmigkeit, die es in der elektronischen Welt herzustellen gelten: jede/r könne produzieren, distribuieren, tauschen, konsumieren, also bei der Sache gewinnen. Die hier unterstellte Selbstregulierung anzukoppeln an liberale Ideologien des freien Marktgeschehens und der "Selbstregulierung" der Agora ist nur ein kleiner Schritt.

Virtual Community - Digitale Stadt - Informationsgesellschaft

Die Raum- und Bewegungsmetaphern werden durch Sozialmetaphern komplettiert: die Virtual Community oder die Digitale Stadt (City of Bits), endlich zu guter Letzt die Informationsgesellschaft. Die virtuelle Gemeinschaft oder die digitale Stadt: beides sind prothetische Metaphern, die Defizite der Realwelten kompensieren. Es geht daher nicht nur darum, dass nach den Städten der Stahl- und Schwerindustrie nun die urbanen Konstrukte des neuen Bitbusiness entstehen und die alten Informationsräume entwertet, ja vernichtet werden 17. Vielmehr revitalisiert die neue kommunikative Vergesellschaftung im virtuellen Raum das Konzept des "öffentlichen Platzes" jenseits von Arbeit und Wohnung, aus den neuen öffentlichen Räumen erwächst eine neue kommunalförmige Oeffentlichkeit. Freilich: es sind flüchtige Konstrukte, Städte der Dekonstruktion, schwacher Grenzziehungen, zerbrochener Linearität - vielleicht ein Dementi einer um den Zwang, sich Widersprüchen aussetzen zu müssen, gereinigten Stadtkonzeption der Moderne. Allerdings ist in der übergreifenden Rede von der neuen Informationsgesellschaft wenig von solchen Widersprüchen zu spüren. Die diagnostizierten Merkmale - die nachgeradeVernichtung von Raum und Zeit und das Kurzschließen von Personen und Prozessen 18 - stellen sich zumeist ebenso naturwüchsig wie glatt her. Der Begriff Informationsgesellschaft hat hier eine doppelt-apologetische Wendung: abgrenzend von der Industriegesellschaft, welcher die neue Gesellschaft nachfolgen soll, wird Wachstum, Beschäftigung, Lebensqualität, Umwelt-Verbesserung versprochen 19. Vor allem in der Bundesrepublik gilt die "Informationsgesellschaft" zunehmend auch als positiv besetzter Gegenbegriff zur Kategorie der Risikogesellschaft. Als die einzigen, aber kaum explizierten Risiken gelten sozial- und rechtspolitische (Ueberwachungsstaat). Die Metapher von der Informationsgesellschaft bietet zugleich eine Verortung im Zeitablauf an: sie bezeichnet die neue postindustrielle Gesellschaft 20, ihre Entstehung gilt als 2. oder 3. 21 oder gar 5. 22 industrielle Revolution, vielleicht auch einfach als zweite technische Revolution 23. Die zwei technologische Prozesse, die hier im Mittelpunkt stehen, sind die Verbreitung der Personal-Computer in den 70er und frühen 80er Jahren, und dann, in der Folgezeit, die Netzwerktechnik. Bemühungen um begriffliche Anschlußfähigkeit konzentrieren sich bislang allerdings nur auf Technik und Wirtschaft; die Konnotation zur Politik bleibt aus oder schwach.

II Strukturen: das Ende der kleinen Gleichheit

"Ich habe herausgefunden, daß die Bibel rund 4 Millionen Buchstaben enthält. Diese 4 Millionen Buchstaben können wir mit einer 10-Gigabit-pro-Sekunde-Verbindung innerhalb von 1/250 Sekunden übertragen oder anders herum in einer Sekunde 250 Bibeln, wer auch immer dafür den Bedarf hätte, und nach dieser Zweihundertfünfzigstelsekunde ist die Leitung frei für die nächste Message."Herr Bohner, Abteilungsleiter für Vertrieb, Service und Technik und ständiger Vertreter des Präsidenten der Telekom AG Direktion Stuttgart am 17.3.1995 vor der Baden-Würtemberger Multimedia-Enquete-Kommission

Von Gleichheit, Freiheit und Brüderlichkeit, an die zu glauben die schöne Welt der Netzmetaphern animiert, ist wenig zu sehen: das neue Signum des Netzes ist Ungleichheit.

Cyberspace hat Zentren und Peripherien. Zur Periphere gehören zunächst große autonome Netze in Organisationen (z.B. Militär, Unternehmen) oder Regionen, (z.B. Diskussionsgruppen, Mailboxsysteme) auch Einrichtungen wie Teletel (Minitel), die untereinander und mit anderen Netzen nicht verkoppelt sind 24. An der Quantität (der TeilnehmerInnen) und der Qualität (Art der elektronischen Kommunikationen, Protokoll, Eigentum an den Netzmitteln) der Verkopplung ("Vernetzung") bemißt sich die Position der folgenden Netzschichten - daraus resultieren unterschiedliche Zentrum-Peripherie-Strukturen.

Produktion und Nutzung

Nach MIDS konnten im Oktober 1994 7,8 Millionen Personen über 2,5 Millionen Computer ein breites Spektrum interaktiver Dienste anbieten und könnten insofern als produzierendes Zentrum gerechnet werden; ca. 13,5 Millionen Personen können über 3,5 Millionen Computer solche Dienste nutzen und fungieren als konsumierendes Zentrum; insgesamt 27,5 Millionen Personen können als Minimalform der Vernetzung elektronische Post verwenden und gelten somit als konsumierende Peripherie. 25 Mit der engeren Ankoppelung von bislang nur über E-Mail mit dieser Struktur verbundenen Netzen wie z.B. dem FIDONet, dem Anschluß kommerzieller Online-Dienste und der Oeffnung unternehmenseigener Netzwerke an das Internet 26 (das mit dem Zentrum großenteils identisch ist) seit 1995 ändern sich die Größenordnungen beträchtlich und das Gewicht der qualitativen Faktoren zueinander verändert sich.

Geographie

Eine zweite Zentrum - Peripherie - Struktur ergibt sich durch die geographische Verteilung der Standorte der Netzwerkcomputer. Das Internet - Computernetzwerk wird seit 1969 27 (4) gezählt. 1974 waren es 62 Computer miteinander verknüpft, 1977 111, im August 1981 213, Oktober 1984 1024, im Juni 1988 33 000, Juni 1991 535 000, Juni 1992 992 000, Juni 1993 1,7 Mio. , Juni 1994 3,2 Mio. und im Juni 1995 6,6 Mio. Computer, die zum Internet gerechnet wurden. Knapp 3,9 Mio. davon standen in den USA: Die BRD plazierte sich im Verlauf der ersten Jahreshälfte 1995 mit 350 707 Netzcomputern (30. Juni 1995 gegenüber 207 717 im Januar 1995) erstmals weltweit an zweiter Stelle vor England, Kanada, Australien, Japan, Holland und Frankreich. Andererseits gilt: das Internet ist eine Sache der reichen Länder, Networking und Entwicklung korrellieren. 28 1995 waren rund 40 Entwicklungsländer mit dem Internet verknüpft, fast ausschließlich staatliche und akademische Einrichtungen. 29 Im Mittleren Osten waren Anfang 1995 13 776 Computer mit dem Interent direkt verknüpft, in Afrika insgesamt 27 130 - gut ein halbes Prozent. Mitte 1995 hatten nur sechs afrikanische Länder volle Netzverbindung. 30 Bis heute ist unbekannt, wie viele Computer in Lateinamerika direkt mit dem Internet verbunden sind. 31 Andererseits ist das Vernetzungspotential in den entwickelten kapitalistischen Industrieländern selbst noch lange nicht ausgenutzt: In 32,2 Millionen US-Haushalten stehen 1995 PC`s, von ihnen haben 14,2 Millionen (44 %) Modems. 32 Mitte 1995 wurde geschätzt, dass bis zum Jahr 2000 in Europa ca. 11 Millionen Haushalte über Modems an das Netz angeschlossen sein werden, darunter ca. 2,5 Millionen in England. 33 In der BRD sind von 15 Millionen PC`s in Haushalten 2 Millionen mit Modems ausgestattet, wobei wöchentlich ca. 30 000 Modems hinzukommen. 34 Die noch nicht bald zu erwartende breite Markteinführung drahtloser Modemsysteme wird zu einer Explosion der Zahl der Netzteilnehmer führen - die nicht bekannt ist. Schätzungen gehen davon aus, dass das Internet Anfang des nächsten Jahrzehnts über 100 Millionen Nutzer haben wird 35- der kaum bemerkte Big Bang des neuen Mediums in einem Hinterzimmer der UCLA, als die ersten Maschinen des späteren ARPANET installiert wurden, ist gerade ein gutes Vierteljahrhundert her. Eine der erfolgreichsten Fehlleistungen der Militärtechnikentwickler des Pentagon also: auch ein Vierteljahrhundert nach seiner Entstehung ist das neue Netzwerk, wie gedacht und geplant, gegen Nuklearschläge unverletzlich; eine clevere Collegestudentin freilich - von denen es schon statistisch bei der so wachsenden NutzerInnenzahl eigentlich immer mehr geben muß - kann es mit ein paar Datenstößen ziemlich lahmlegen.

WWW-Standard

Die rapide Ausrichtung der Internet-Massendienste auf das "World Wide Web" im wesentlichen seit 1994 legt es nahe, in der Fähigkeit zum Anbieten oder Nutzen eines solchen strukturierte und indexierbare Datenbestände in Hypertextform anbietenden Dienstes eine neue, rasch an Gewicht gewinnende Differenzierung zu sehen: wer keinen Zutritt zum neuen Standard WWW besitzt, muß sich zunehmend mit peripheren Informations- und Kommunikationsmilieus bescheiden - eine dritte Zentrum-Peripherie-Struktur also. Zwischen Juli 1994 und Januar 1995 stieg die Zahl der WWW-"Hosts" - also der vernetzten Computer, die durch einen WWW-Adresse ausgezeichnet sind - von etwa 500 auf über 3000 36, die Anzahl der WWW-Home-Pages von gut 1000 auf knapp 11 000 37. Mitte 1995 tauchten auf dem Internet täglich ca. 100 neue Anbieter von World-Wide-Web-Seiten auf. 38 Die Anzahl der WWW-Anbieter verdoppelte sich alle 80 Tage, die Anzahl der WWW-Nutzer näherte sich im August 1995 den 8 Millionen 39. Von den gut 14 Millionen US-Haushalten, die einen Netzzugang haben, können ca. 11 Millionen WWW-Software nutzen; im Mai 1995 waren es etwa 2 Millionen. 40 Ueber die Ex-Inklusion in Sachen WWW-Standard 41 hinaus gehen immer relevanter werdende Exklusionen durch die Chancenverteilung der Softwarenutzung, die Informationsräume organisiert (vor allem: Suchmaschinen, Robots, Guides, Verzeichnisse). So ist am Ende durchaus die Existenz unterschiedlicher elektronischer Gemeinschaften denkbar, die miteinander nichts teilen als dasselbe Netzwerkprotokoll. 42

Anbieterstruktur

Eine vierte Differenzierung hängt mit der massiven Veränderung auf der Anbieterseite zusammen. Zu Lasten der einst vorrangig militärischen und akademischen Anbieter mit ihren speziellen Kulturen der Geheimhaltung bzw. akademischer Freiheit (Rede- und Meinungsfreiheit) wird das Internet mittlerweile von Anbietern aus dem kommerziellen Bereich dominiert 43. Mitte 1995 waren von 120 000 Domänen 67 677 als kommerzielle Domänen registriert, (zu Jahresbeginn waren es nur 29 202). Allein 59 792 davon hatten ihren Standort in den USA 44. 25 000 Firmen sind im Netz vertreten, wöchentlich kommen ca. 1000 hinzu, ca. 1700 Unternehmen hatten im Frühjahr 1995 WWW-Seiten eingerichtet 45. Rund 13 000 Organisationen nutzten im Winter 1994 das Internet 46, Organisationen aus dem Wirtschaftssektor waren zu diesem Zeitpunkt schon doppelt so stark auf dem Internet repräsentiert wie Organisationen des akademischen und Bildungsbereichs 47. Zum Beispiel waren Mitte 1995 kein Dutzend Gewerkschaften, aber über 1000 Firmen zur Vermittlung von Arbeitskräften auf dem Netz präsent. 48 Die Verzehnfachung der Zahl der Nutzer seit 1990 geht auf die wachsende Präsenz des Wirtschaftssektors zurück; 3 von 4 Nutzern, die sich Mitte 1995 neu ins Netz einloggten, kamen aus Firmen. 49 Den tiefsten Einschnitt in die Angebotsstruktur des Internet schließlich brachte das Jahr 1995, als die drei großen privaten Online-Dienste den Zugang zum Internet öffneten und Millionen Nutzer des Microsoft-Netzwerks an das Netz angekoppelt wurden. Kommerzielle Online-Dienste hatten noch 1988 weniger als eine Million AbonnentInnen, Anfang 1995 waren es bereits sechs Millionen, darunter entfielen allein 3,2 Mio. auf den größten Anbieter Compuserve. American Online hatte allein in den USA im Mai 1995 2,5 Millionen AbonnentInnen. 50 Für Ende 1995 wurden nur für diesen Sektor der privatkommerziellen Online-Dienste 10 Millionen Nutzer prognostiziert - das wären rund ein Viertel der Gesamtzahl der Internetnutzer.51 In der BRD hatten die privaten Onlinedienste 1994 eine Million Abonnements verkauft, bis Ende 1995 sollen es nach einer Prognose ca. 2 Millionen Nutzer sein. Auf dem Markt konkurrieren in der BRD Datex-J (Telekom), Compuserve, Microsoft Network, Europe Online (Burda, Springer) und Bertelsmann Online (mit America Online) sowie ca. 200 kommerzielle Anbieter.52 Telekom-Online geht davon aus, dass 1998 4 Mio. Datex-J-Anschlüsse abonniert sind. 53 In den USA hatten Mitte 1995 7 % der Haushalte (Ende 1994: 5 %) einen kommerziellen Onlinedienst abonniert 54, für Ende 1995 wird der Anteil auf 12 % geschätzt. 55. Kaum sichtbar, aber ähnlich wesentlich ist die kontrollierte Ankoppelung großer unternehmenseigener Netzwerke an das Internet, die seit 1994 zu vermerken ist - nachdem in den 80er Jahren die Diversifizierung und Abschottung der Unternehmensnetzwerke dominierte 56. Alle drei genannten Prozesse werden sich besonders negativ auf kleine Netzbetreiber auswirken. Parallel hierzu verläuft die Segmentierung des Netzes: so kündigte z.B. Mitte 1995 AT&T an, in Kooperation mit Bolt, Berenak und Newman (BBN) einen speziellen Internet-Wirtschaftsservice für die "Fortune 1000" anzubieten.

Tempo

Eine fünfte grundlegende Zentrum-Peripherie-Struktur hängt mit dem Tempo zusammen, das unterschiedliche Verbindungen ermöglichen. Gebräuchliche Uebertragungsgeschwindigkeiten via ans Telephon gekoppelte Modem liegen bei 2 400, 9 600, 14 400, 19 200 und 28 800 bps (Bits [Zeichen] pro Sekunde). Das gängige Tempo auf den Strassen liegt bei 56 kps (103), auf den Fernstrassen in den 90ern liegt der Datendurchsatz bei 1,5 Mbps (T-1 - Mega oder 106 bps). 45 Mbps (T-3 - Linien übertragen pro Sekunde 1400 Seiten Text) ist das Uebertragsungstempo auf den Autobahnen und unmittelbar avisiert werden 1 Gps (109 ) - so dass in einer Sekunde eine Datenmenge übertragen werden kann, für die auf den verbreiteten 56 Kbps-Linien fünf Stunden benötigt würde. 57 Beispielsweise hatte Tunesien 1995 einen einzigen Link nach Frankreich, der 19,2 Kbps schnell war; Algerien war mit Italien über eine einzige 9600 Bps-Line verbunden. 58

Kontrollregime

Eine Differenzierung des Netzes durch die Entwicklung unterschiedlicher Kontrollregimes bildet eine sechste Zentrum-Peripherie-Struktur. Normative Kontrollen durch indirekte Verhaltenssteuerung des zufälligen Stöbern und Surfens, via Netiquette oder RFC`s (Request for Comments) werden abgelöst durch unmittelbarere Strukturierungen von Handlungsoptionen indem die eigenständige Recherche durch Nutzung virtueller Bibliotheken, Verzeichnisse und Kataloge durch die "Benutzerführungen" vergleichsweise schwach, durch das über Suchmaschinen vermittelte Suchen schon weit stärker, endlich abschließend durch die speziellen, auf die je eigenen Welten der Provider zugeschnittenen Suchmaschinen.

III Netzökonomie - privatisiert, aber noch nicht kommodifiziert

"Nobody rents English, and nobody owns English...'English' as an institution is public property, a public good. Much the same goes for the Internet. Would English be improved if the "The English Language, Inc." had a board of directors and a chief executive officer, or a President and a Congress?" Bruce Sterling, A short History of the Internet, 1993

"...die größte Versteigerung von Staatseigentum in der Geschichte" Die US-Fernmeldebehörde FCC zur Auktion von Mobilfunk-Lizenzen, 1995

"Keine Kontrolle mehr, keine Hierarchie, kein Gesetz. Nun spielt für einen, der den Computer ans Netz schließt, tatsächlich keine Rolle, ob er in Deutschland, Frankreich oder im Silicon Valley zu Hause ist. Wissen muß er allerdings, ob er zu Microsoft gehört oder zu Sega oder Walt Disney oder was die Namen sein mögen...Also doch keine Anarchie, sondern Herrschaft von Firmen, die weltumspannende Organisation werden? Weder noch. Im Pentagon werden die neuen Lehren gefördert und angewandt wie nirgends sonst." Hilmar Kopper, Deutsche Bank, Frühjahr 1995

"The Internet is proof that capitalism works,and never has that been shown more than in 1994" Internet World 1/1995 S.32

"1995 ist das Jahr, in dem in großem Stil die kommerzielle Nutzung des Internet erprobt wird." Vinton Cerf, MCI, Präsident der Internet Society

"Nobody would invest hundreds of millions of dollars for the public interest. One would be fired if one took that stance." John Malone, Chef des Kabelfernsehriesens Telecommunications Inc. TCI, ein Fünftel Beteiligung an Micosoft Network

Was der eigentliche Deal war - der Kauf Alaskas von Rußland 1867, Rußlands selbst seit 1989 oder des Internets 1995 - kann eigentlich keine Frage sein. Cyberspace wird sich am besten rechnen. Evidentermaßen wandelt sich Telekommunikation von einer öffentlichen Infrastruktureinrichtung in ein Gebiet vorwiegend privater Kapitalanlage und - verwertung. Das Netz ist privat, aber erst zum Teil kommodifiziert, also warenförmig organisiert und kommerzialisiert.

Die Unterscheidung "privat" und "öffentlich" hat, bezogen auf Netzwerkaktivitäten, mindestens fünf Dimensionen 59:

  1. das Eigentum: öffentlicher oder privater Besitz der Netze
  2. die Finanzierung, ob privater oder öffentlicher Natur
  3. der Zugang: offen oder geschlossen
  4. der Inhalt: öffentliche versus private Information
  5. die Kontrolle: transparent und partizipativ oder intransparent und elitär.

Eigentum

Unter den 20 größten Industrieunternehmen der Welt waren 1995 sechs aus dem Bereich Informatik und Mikroelektronik - vor zwei Jahrzehnten keines. Im Medien- und Kommunikationsbereich agieren in vielleicht zehn Unternehmensnetzwerken ein paar Hundert Leute, von denen je ein Viertel im europäischen und asiatischen Markt angesiedelt sind, die anderen in den USA. Weltweit, so ist in Werbebroschüren der neuen Gesellschaftsordnung zu lesen, sei die Informations- und Medienbranche neben dem Tourismus der wichtigste Wirtschaftszweig mit 3 Billionen US$ Umsatz, der sich innerhalb von zehn Jahren verdoppeln werde; auch in der BRD würden mittlerweile mehr Computer als Autos verkauft, direkt und indirekt seien 60 % aller Arbeitsplätze durch Informations- und Kommunikationstechnik geprägt und ab dem Jahr 2000 werden in der Informationstechnikbranche mehr Personen beschäftigt sein als in der Automobilindustrie 60. Allein für geschäftliche Anwendungen wird in Europa ein Umsatzwachstum von knapp 2 Mrd. DM (1995) auf knapp 58 Mrd. (2000) prognostiziert; in der BRD wird von einer Steigerung von 440 Mio. DM auf 13 Mrd. DM gesprochen. Dabei entfielen im Jahr 2000 rund 35 % des prognostizierten Marktvolumens auf das Segment Uebertragung und Dienste. 61 "In den innovativen Feldern der Computer- und Halbleiterindustrie haben Nordamerika und Ostasien heute eine beherrschende Marktstellung. Das Entstehen der Informationsgesellschaft biete für das deutsche Kapital die einmalige Chance, dieses Defizit auszugleichen. 62

Akteure sind hier Anbieter von Multimediainhalten, Träger der technischen Infrastrukturen (TK- und Kabel-TV-Netze) und Endgeräte (Computer-, TV-Industrie) und bislang medienfremde Akteure (z.B. EVU`s, Deutsche Bahn AG, kommunale Verkehrsbetriebe). Dazu gehören Computerhersteller, Softwarehäuser, Telekommunikationsunternehmen (Kabelgesellschaften, regionale und lokale Telephongesellschaften, Netzbetreiber, vor allem Betreiber von Langstreckennetzen), die Kunst- Kultur und Unterhaltungsindustrie (Verlage, Unterhaltungselektronik, Film-, TV- und Radioveranstalter, Zeitungen, Bibliotheken, Museen, Sport, Datenbankbetreiber). Hauptakteure in der BRD im klassischen Medienbereich sind die Bertelsmann AG, die Deutsche Telekom AG, die Kirch-Gruppe, im Bereich der alternativen Netze die Allianzen RWE 63, Mannesmann und Deutsche Bank / VEBA - Deutsche Bahn / VIAG. Auf dem Feld der globalen Netze sind die zentralen Akteure die Allianz Deutsche Telekom, / Microsoft / France Telekom und Sprint / AT&T gemeinsam mit acht weiteren Telekommunikationskonzernen / MCI und British Telecom.

In den USA ist aufgrund der Regelungen der Kartellgesetzgebung der gleichzeitige Besitz von Telefon- und TV-Kabelnetzen in der gleichen Region verboten, wodurch sich zwei voneinander unabhängige Märkte entwickelt haben. 1995 wird dieser Zustand beendet: am ersten Augustwochenende wurde mit dem "Communications Act of 1995" (HR 1555) mit 256:149 Stimmen die gesetzliche Regelung der Geschäfte der Telefon-, Rundfunk- und Kabelfernsehgesellschaften in den USA neu gefasst und die Begrenzung auf einzelne Bereiche aufgehoben. Sowohl die Kupferkabel der Telephongesellschaften als auch die Koaxialkabel der TV-Gesellschaften können zukünfig elektronische Daten, Videos usw. übertragen. Dabei wurden die lokalen Telephongesellschaften ("Baby Bells") gegenüber den Long-distance-Anbietern wie AT&T, MCI oder Sprint und den lokalen Kabelfirmen deutlich bevorteilt. Ein Veto Clintons wegen mangelndem Verbraucherschutz und preissteigernden Effekten gilt als bestenfalls aufschiebend - ein Gesetz für die "Räuberbarone des Informationszeitalters" (Vigdor Schreibman). 64 Die NII-Politik ist "in weiten Teilen nichts anderes als eine geschickt getarnte Wirtschaftsförderung für diejenigen Sektoren der Computer-Industrie, die unter dem Rückgang des Rüstungsgeschäftes als Konsequenz der weltpolitischen Entspannung leiden." 65 So wird für die BRD das Investitionsvolumen eines bundesweiten breitbandigen Netzes auf Basis der Glasfasertechnologie auf über 100 Mrd. DM geschätzt.

Hinsichtlich der Positionierung im Wettbewerb gilt die bundesdeutsche Infrastruktur als bemerkenswert: 15 Mio. Haushalte sind an das TV-Kabelnetz angeschlossen, 7 Mio. verfügen über Satellitenempfang, im Kabelnetz der Telekom gibt es eine Glasfaserstrecke von 80 000, hinzu kommen 13 000 km Glasfaserstrecken von EVU`s und der Deutschen Bahn; von 1000 Einwohnern verfügen 105 über einen PC (Frankreich 111, England 134 und USA 265). 66 In der BRD gibt es weder die Trennung von Telephon und Kabelnetz noch konkurrieren Gebietsgesellschaften untereinander - hier dominiert die Deutsche Telekom, die aber ab 1.1.1998 mit neuen Konkurrenten rechnen muß: z.B. die Energieversorger RWE, VEBA, VIAG. Rechtlicher Regelungsbedarf liegt hierzulande nach Ansicht der Industrie vor allem im Bereich des rundfunkrechtlichen Genehmigungsverfahrens: "Der Rundfunkstaatsvertrag der Länder sollte abgelöst werden durch eine Verfahrensweise, die die Vegabe von Sendelizenzen einer bundesweit agierenden Autorität überträgt. Den Medien-Politikern muß klarwerden, daß im digitalen Zeitalter die Knappheit der Frequenzen durch Ueberfluß ersetzt wird. Es besteht keine Notwendigkeit mehr zu verkrampften politisch-kulturellen Selektionsprozessen. Marktmechanismen regeln künftig die Daseinsberechtigung der meisten Programmangebote." 67 Die Hauptargumentationslinie liegt hier in der Auflösung der Grenzen zwischen Individual- und Massenkommunikation, weshalb der traditionelle Rundfunkbegriff nicht mehr ausreiche - Telebanking z.B. sei kein Rundfunk. Zwischen einem allgemeinen Informationsbegriff und einem individuellen Dienst-Angebot ist zu unterscheiden. Hilmar Kopper, Sprecher der Deutschen Bank, zum deutschen Medienrecht: "Der Anachronismus gehört abgeschafft, damit genutzt wird, was genutzt werden kann." 68

Im Kontext dieser massiven Verschiebung des globalen Kräftefeldes geschieht also auf einer zweiten Ebene ein Kampf der ersten Generation elektronischer Medien (Radio, Fernsehgesellschaften) mit der zweiten Generation "neuer" elektronischer Medien. Während in der BRD eine starke Prononcierung auf digitale Erweiterung der Uebertragungskapazitäten und Programmvermehrung im Fernsehbereich mit rudimentärem Rückkanal für Abrechnungszwecke unter Kontrolle der wenigen großen Medienkonzerne stattfindet, 69 geht in den USA die Strategie in Richtung Computer: dort soll die digitale Technik genutzt werden, um den kommerziellen Networks die Konsumenten zu entziehen; Interaktivität spielt hier eine weit gewichtigere Rolle, natürlich auch als Kalkül in der Politik der Markterschließung. Dabei gibt die amerikanische Gesetzgebung in den USA ebenso den Weg zu einer neuen Konzentrationswelle frei wie die Deregulierung in der BRD - über das Auftreten neuer Anbieter weg bilden sich integrierte Telekommunikationskomplexe heraus. Statt dessen wäre zu fordern, dass kartellrechtlich diese Entwicklung nicht unterstützt wird: ein Monopolist auf dem Gebiet der Betriebssysteme wie Microsoft dürfte kein Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen sein wie Microsoft Network, Fernseh- oder Radiosender oder Verlage mit hohem Marktanteil dürften keine Netzbetreiber sein.

Die private Kontrolle der Netze und ihrer Umgebung ist der Schlüssel für den Sieg in dieser Auseinandersetzung. Auf der 95`er Tagung der Internet-Gesellschaft stellte der Vorstandsvorsitzende der International Telecommunication Union in seiner "Keynote Address" richtig: "Was dem Internet zugrundeliegt...ist das massive allgemeine Uebertragungsnetz...Die Mehrheit dieser Kapazität gehört privaten oder teilprivatisierten Firmen." 70 Nur drei Einrichtungen sind unmittelbar an die Organisation des Internet gekoppelt: die Internet Society (ISOC, s. RFC 1462, 1993), der für technische Aspekte zuständige Internet Architecture Board (IAB) und Network Information Center (NIC) als Einrichtung zur Beratung und Registrierung. In dieser Blickrichtung gibt es, abgesehen von der Vergabe der Domain- und Hostadressen, keine zentrale Administration und Kontrolle. Die Struktur des Internet wird gewöhnlich als dreistufige Hierarchie beschrieben: lokale Netzwerke (LAN`s), bei denen Hostbetreiber und Systemadministratoren die zentrale Rolle spielen, werden auf einer mittleren Ebene zu regionalen Netzwerken verknüpft, deren Gesamtheit auf der obersten Ebene das Intenet bilden. Während die regionale Ebene bis 1994/5 in den USA von Non-Profit-Unternehmen (Universitätskoalitionen, staatliche Behörden) realisiert wurde, gehen diese Ebene bzw. ihre zentralen Knotenpunkte zunehmend in private Hände über. Am 30. April 1995 stellte der zentrale öffentliche Backbone des amerikanischen Teils des Internets seine Arbeit ein. An seine Stelle traten private fünf private Telephonkonzerne wie Alternet, ANS, MCI und Sprint, die nun den sogenannten Internet-Backbone betreiben. Firmen wie IBM und MCI haben nun das Sagen 71. Relevante Märkte der Netzhardware sind monopolistisch: z.B. organisiert der Sprint-Konzern die Verbindung von 64 nationalen Netzwerken mit dem U.S. Internet - mehr als die Hälfte 72. 56 % der Internet-Server und das Gros der UNIX-Operationssysteme stammten Mitte 1995 von der Firma Sun. 73 Cisco liefert fast 80 % der Internet-"Routers" 74.

Finanzierung

Die Verschiebung der Eigentumsverhältnisse reflektiert sich auch in der Verlagerung der Finanzierung des Netzes. 1993, als NSFNET eines der vier öffentlichen US-Zentralknoten des Internet war, wandte es rund 20 Millionen $ dafür auf - damals nach sehr groben Schätzungen knapp 10 % der gesamten Ausgaben für den Betrieb des Internet. Die gesamten Pro-Kopf-Kosten je Nutzer in den USA wurden für 1993 auf ca. 10 Dollar im Jahr geschätzt. 75 Die meisten Hochschulen zahlen für die Intenetnutzung eines jeden ihrer Studenten etwa einen Dollar im Monat - die Kosten sind so niedrig, dass manche eine sozialistische Verschwörung wittern. 76 Die Gründe sind dreifach: die Architektur des Internet ist "dumm" mit "smarten" Endgeräten, die des Telephonsystems genau umgekehrt; die Anforderungen für die zentralen Dienste sind weniger anspruchsvoll als Telephondienste, vor allem sind Asychronizität und Zeitverzüge (Staus...) möglich; schließlich gelten zwar nur etwa 10 % der Netzkosten als staatliche Subvention, die Forschungskosten etwa auch für verbreitete Software (TCP/IP-Protokolle, Eudora, Mosaic) wurden jedoch vom Staat finanziert und müssen nicht auf die Nutzer überwälzt werden. Zukünftig werden neue Dienste und Sicherheitsregelungen höhere Ansprüche und Kosten verursachen; andererseits werden in vielen Ländern die Kommunikationskosten sinken.

Die Diskussion der Gebühren- und Preisgestaltung begann 1994/5. Die Preisgestaltung kann meinen Preise nach der Menge transferierter Bits, nach dem Charakter des Transfers oder nutzungsunabhängig nur nach der Verbindung selbst. Nutzungsabhängige Preisgestaltungen gibt es z.B. in Neuseeland. Sie scheiterte aber z.B. im Falle des DOD-Militärnetzwerks Defense Data Network (DDN) daran, dass die stark schwankenden Nutzungen zum üblichen Inkrementalismus der Haushaltsführung quer lagen. Auch ein Versuch eines italienischen Anbieters scheiterte. 77 Die Kehrseite: die lokale Telephongesellschaft Yorkshire Electricity im englischen Hull verlangt für ein Telephongespräch unabhängig von seiner Dauer nur 5,5 Pence, worauf sich die lokale Internetnutzung verhundertfachte und Standschaltungen zum kommerziellen Internetanbieter Demon Internet Usus wurden. Darauf warf die Gesellschaft den Demon aus seinen Leitungen. 78 Die 3. WWW-Untersuchung von 1995 ergab, dass jeder fünfte Nutzer nicht bereit ist, Gebühren zu bezahlen 79. Ungeachtet dessen wird zukünftig das Muster der Aufmerksamkeitsverteilung (Zugriffe) die ökonomische Geographie des Netzes als Massenmarkt konstruieren. Auf diesem Massenmarkt werden Zonen hohen wie niedrigen Wertes entstehen, das Internet wird in eine "unermeßliche Immobilie" (Wesemann) verwandelt mit krassen Wertdifferenzen. Gemessen an der Realwelt des Immobilienmarktes ist die Eigentumskonstruktion in der virtuellen Welt, der Aufbau von Schranken, kommerziellen Zugangsschwellen, exklusiven Zonen und Räumen leicht. Da werden kostenlose öffentliche Netzwerkioske, öffentlich subventionierte Virtuelle Caf&egraves und Netzhäuschen nicht gegen ankommen können 80. Klar ist, dass in Bibliotheken, Schulen, öffentlichen Bildungs- und Forschungseinrichtungen im Rahmen des Universaldienstes ein Netzzugang kostenlos bzw. höchstens zu Grenzkosten zur Verfügung gestellt werden müßte - doch was soll der ganze Multimedia-Hype, wenn die Bereiche der Kultur, der Museen, des Theater und Filmwesens aus diesem Zugangsmodus herausgenommen werden? Warum gehören hier nur Bildung und Kultur, nicht aber Gesundheitsberatung, Sozialinformation und -kommunikation, Wirtschaftsdienst, Arbeitsinformation, politische Oeffentlichkeit oder kommunale Stadtinformation dazu? Ersichtlich ist eine Grenzziehung nicht pratikabel - was ist wichtiger, der kostenlose Zugang zu Spezialarchiven in einer südkoreanischen Universität für einen armen aufstrebenden Diplomanden der Asienforschung oder eine multimedial optimierte Kommunikationsberatung Selbstmordgefährderter?

Zugänge

Privatisierung und Kommerzialisierung beziehen sich auf jene,

  • die Zugänge ermöglichen als Online-Dienste (nicht mehr vorrangig öffentliche Einrichtungen, sondern Firmen wie Compuserve [das H & R Block gehört], AOL, Delphi [das Robert Mudoch gehört] Prodigy [das Sears und IBM gehört], Microsoft [das bekanntlich Bill Gates gehört]) oder Internet-Zugangsprovider,
  • die entsprechende Software für den Betrieb und die Nutzung bereitstellen (Netscape, Spyglass, SUN Microystems oder Quarterdeck)

Ursprünglich im akademischen Bereich entstandene Dienste gehen in kommerzielle Unternehmen über 81: das an der Carnegie-Mellon-University entwickelte Such- und Indizierungsprogramm Lycos wurde 1995 von einer Investgruppe gekauft; Yahoo, das binnen eines Jahres zum wichtigsten WWW-Verzeichnis avancierte und z.B. in der ersten Maiwoche 1995 1,4 Millionen Nutzer und Zugriffe auf 9,4 Millonen Datensätze vermerkte, kommerzialisierte sich gleichfalls und kooperiert mit der Netscape Corp., die ebenfalls als spin-off des akademischen Bereichs über 70 % des Marktes der WWW-Browser hält 82. Ebenfalls in 1995 begannen Investitionen in Unternehmen, die netzbezogene Organisationssoftware und Angebotsdienste liefern (Yahoo, Architext, Golfweb) beträchtlich zuzunehmen 83. Im Frühjahr 1995 bildeten acht der größten US-Zeitungen (u.a. Hearst, Gannett, Times-Mirror, Knight-Ridder, Tribune) das "New Century Network", eine Allianz zur elektronischen Publikation auf dem Netz. Werbung, Finanzgeschäfte und Nutzeranalysen sollen gemeinsam realisiert werden 84. Die Anzahl elektronischer Publikationen auf dem Netz verdoppelte sich im ersten Halbjahr 1995 85. Der Umsatz der On-Line-Industrie in den USA wird für 1998 auf fast 5 Mrd. $ geschätzt 86. Eine Studie vom August 1995 setzte den Umsatz mit Online-Diensten für 1994 auf 1,4 Mrd.. $ gegenüber nur 48 Mio. $ auf dem Internet. Demgegenüber wird der Umsatz 1999 danach 6,1 Mrd. $ betragen, von denen allein 3,5 Mrd. $ auf das Internet entfallen sollen. 87

Die Etablierung von Tauschverhältnissen und Netzkapital: öffentliche versus private Informationen

Das Problem ist bekannt und wurde von Brecht 1932 in Sachen Radio so formuliert: "Nicht Rohstoff wartete auf Grund eines öffentlichen Bedürfnisses auf Methoden der Herstellung, sondern Herstellungsmethoden sahen sich angstvoll nach einem Rohstoff um." 88 Da die Konsumten mittlerweile mehr für PC`s als für TV ausgeben 89, ist die Lage schwierig: wer sitzt schon vor dem Computerbildschirm und will einkaufen? Wer hat schon Lust auf hintergrundbeleuchtete Buddenbrocks-Lektüre? Der Umsatz auf der WWW-Welt ist bislang noch kärglich. Analysen des Aktivität auf dem Netz zeigen, dass das Shopping am wenigsten Bedeutung hat. 90

Damit jene gewinnen können, die auf dem Netz Waren und Dienste verkaufen und hierfür den Gebrauchswert bereitstellen wollen - und sei es die Encyclopädia Britannica oder eine Photosammlung aus New Mexico - , muß die Warenförmigkeit im Sektor elektronisch konstruierter Immaterialität hergestellt werden und die exzellente Eigenschaft der kostenlosen oder billigen Reproduzierbarkeit der immateriellen Güter aufgehoben werden, denn: "Eine beliebige Kopierbarkeit digitalisierter Informationen (ob Videofilme, Musik oder Informationstextangebote) würde die Entstehung von neuen Märkten verhindern." 91 Das Grundproblem ist die Leichtigkeit, mit der Bilder und Texte dupliziert, verändert und manipuliert werden können 92. Um das Netz für Tauschverhältnisse sicher zu machen, müssen eine Reihe von Aufgaben gelöst werden:

  • Authentifizierung von Nutzern, etwa durch elektronische Unterschriften;
  • Einführung des elektronischen Geldes: die digitalen Microsoft-VISA-, Netscape-MasterCard-, Europay-IBM-Kreditkarten, DigiCash 93. Rund 4000 Firmen akzeptierten im Frühjahr 1995 Bestellungen via Kreditkarte. Im Fühjahr 1995 gab es eine Einigung auf einen Industriestandard für kommerzielle Operationen auf dem Internet 94. Im Branchendurchschnitt wurden in den USA 1994 knapp 40 % aller privaten Bankgeschäfte "automatisch" abgewickelt. Alle großen US-Online-Dienste sind mittlerweile mit Banken auf dem Feld des electronic banking liiert. 95 Wallstreet ging Mitte 1995 mit seiner eigenen börslichen Home-Page auf das WWW. 96 First Virtual, eine amerikanische Online-Bank, vermeldete Mitte 1995 ca. 200 000 Zugriffe am Tag und - demgegenüber - gerade 1000 finanzielle Transaktionen 97
  • Autorisierung von Dokumenten und Transfers
  • Geheimhaltung / Kryptisierung von Daten
  • Protokollierung von Netzen.

Bevor diese Aufgaben nicht gelöst sind, kann von einer Kommodifizierung des Internets nicht gesprochen werden. Das Netzbusiness avanciert gleichwohl: Das bekannte "beer festival" 98, auch Oktoberfest genannt, wird 1995 erstmals auf dem Internet gesponsort - von Siemens Nixdorf Information Systems.

Werbung auf dem Netz wird finanziell weit relevanter sein als Verkauf (Abonnement) von Diensten. 1995 betrugen die Einnahmen in den USA aus Werbung ca. 37 Mio $ - binnen 5 Jahren werden die Umsätze in diesem Bereich auf 2,6 Mrd. $ steigen; die Umsätze durch Subskription von Diensten werden dagegen nur gut 200 Mio. $ betragen 99 Der Anzeigenplatz auf Time-Warners WWW-Site z.B. für AT&T oder General Motors beträgt 30 000$ im Vierteljahr 100. Die Pro-Kopf-Werbungskosten liegen gegenwärtig bei einem Zehntel der entsprechenden Aufwendungen für Fernsehwerbung. Das hat auch die US Army bemerkt, die seit Juli 1994 Soldiers als erste Militärzeitschrift aufs Internet gebracht hat: "The electronic version of the magazine has increased the scope of ist audience and has become a powerful recruiting mechanism for the Army. Further, the magazine offers insights into the military way of life. This provides an opportunity to foster public support for defense programs by detailing the diverified missions of the US Army and how they benefit communities at home and aborad. By providing this type of information about the United States Armed Forces to the general public, the average citizen will be empowered to make informed decisions." 101

Für Marketing-Aktivitäten entwickelt sich das Internet rasch zu einem gewichtigen Aktivitätsfeld. Entsprechende Software ermöglicht Marktinformationen, die andere Medien nicht liefern: z.B. wie lange einzelne Seiten auf dem Internet betrachtet werden, woher die "Nutzer" kommen, wohin sie weiter wandern 102. Suchmaschinen checken das Netz darauf, ob Klienten erwähnt werden. 103 Der Mythos der Interaktivität hat hier einen harten Kern - und ebenso jener der Medienintegration: schließlich gilt es z.B., die Wirksamkeit von Werbemaßnahmen auf unterschiedlichen Medien zu vergleichen. Der Aufbau privater Datenbestände, die Kontrolle über personenbezogene Bestände, seine Ankoppelung an finanzielle Transaktionen und seine Nutzung für öffentliche Stellen wird ein entscheidender Faktor der Netzpolitik 104. Die virtuelle Welt wird nur möglich, indem die Personen in der Realwelt dingfester gemacht werden denn je. Der Datenschatten, den die Menschen in der virtuellen Welt werfen, ist von der Art des Schattens, den das Glas wirft - die Flüchtigkeit ist Schein, denn zu ihr gehört die Massierung und Profilschräfe der Datensätze. "Auf der Datenautobahn gibt es nur gläserne Fahrer" (Simitis). 105

Eine SRI-Analyse von Mitte 1995 ergab, dass die gegenwärtigen User and Consumer in der Netzwelt "der Traum eines Marketing-Unternehmens sind: es sind Aufsteiger, die alle möglichen Produkte kaufen, neue Dinge versuchen und für die Geld keine Frage ist." 106 Dies ist auch die Marktorientierung: es geht um hochsegmentierte Märkte und eine Medienkultur, die auf Nutzung durch Hocheinkommensbezieher zugeschnitten ist. An die Stelle der Massenmärkte für Massenmedien treten massenhaft Spezialmärkte für Individualkommunikation. Der einst homogene Nutzermarkt ist zwar zerbrochen - in den schönen Worten von Michael Kunze in c`t: "heutzutage darf jeder Idiot für ein Taschengeld ins Internet, während man vor Jahren wenigstens einen Studienplatz an einer Universität dafür benötigte" 107 - doch es sind ganz spezielle Konsumidioten, um in der Sprechweise des C `t-Schwerpunktheftes zu Internet Business zu bleiben.

  • Geschlecht: Ca. 15,5 % 108 - nach anderen Angaben sogar ca. 30 % der WWW-NutzerInnen sind weiblich (SRI-1995) 109 Nach den von TIC/MIDS für Oktober 1994 erhobenen Daten sind 64 % der (vorwiegend amerikanischen) Internet-NutzerInnen männlich, im Bildungs- und Hochschulbereich liegt der Frauenanteil bei 41 %, außerhalb dieses Sektors bei 30 % 110
  • Hautfarbe: 82 % der amerikanischen WWW-Nutzer waren nach der GVU-Studie weiß; Afroamerikaner und Amerikaner asiatischer oder lateinamerikanischer Herkunft machten ebenso wie die Indianer jeweils etwa 2 % der Netznutzer aus. Ca. 5 % der 14,4 Millionen Modems stehen in Haushalten von Afroamerikanern, 111 entsprechende spezifische Initativen von NetNoir, Black Pioneers of the Net, Native Web entwickeln sich rasch. 112
  • Alter: das Durchschnittsalter der WWW-Nutzer lag 1995 bei 35. 113 Rund 16 % der US-Haushaltsvorstände im Alter von 18-24 Jahren nutzten Anfang 1995 Online-Dienste gegenüber nur 5 % im Alter von 55-64 114
  • Einkommen: die 3.WWW-Studie ermittelte ein Durchschnittseinkommen der Nutzer für 1995 von 69 000$ 115, das Durchschnittseinkommen in den USA betrug 1994 42000$
  • Qualifikation: ca. 95 % der US-amerikanischen WWW-Nutzer haben eine College-Ausbildung 116 gegenüber 33 % der Amerikaner insgesamt. Unter den in der 3.WWW-Studie erfassten europäischen Nutzern haben 13,7 % einen Doktortitel gegenüber 4,06 insgesamt
  • Beruf: nach der 3. WWW-Studie sind 40 % im Computerbereich tätig, 15,5 % im Leitungsbereich, 28 % der Antwortenden gaben "professional" an und 30 % den Bildungs- und Wissenschaftsbereich. Als Angestellte stufen sich rund 60 % ein, gegenüber 34 % im nationalen Durchschnitt. Ein Großteil der Nutzer steht bereits in Telearbeitsverhältnissen. Eine der wenigen Analysen zur Internetnutzung in der BRD ergab knapp 60 % Studierende, 28,7 % Angestellte, 5,5 % Beamte, 1,8 % Beamte und 0,6 % Arbeiter 117
  • Techniknähe: jeder fünfte Internetnutzer besitzt drei oder mehr Computer 118
  • Nutzungsintensität: die 3. WWW-Umfrage ergab, dass fast jeder zweite Internetnutzer wöchentlich mindestens sechs Stunden auf dem Netz ist.119 Da dieser beträchtliche Nutzungsgrad mehrheitlich zu Lasten des Fernsehkonsums geht, ist für Informations- und Produktanbieter eine Kopplung beider Medien absolut notwendig. Zuerst Knappheit an Zeit, dann knappes Geld sind die Gründe für Abstinenz vom Netz. In der BRD konsumiert ein Erwachsener täglich über 5 Stunden Medien, zwei Drittel dieser Zeit gilt den elektronischen Medien.
  • Nutzungszweck: nach der 3. WWW-Umfrage verwendet jeder zweite Nutzer die Netzverbindung für berufliche Zwecke. 120 Bemerkenswert das Ergebnis der WWW-Umfrage von M. Rissa u.a., wonach politische Informationen mehr Interesse finden als homeshopping oder Business-Aktivitäten. 121 Nach Schätzungen von 1994 sind rund die Hälfte der Internetnutzer in den USA Republikaner, ein Viertel sind Demokraten und der Rest ist unabhängig 122. Der WWW-Site "The Right Side of the Web" hat ca. 25 000 Zugriffe im Monat 123. In Kalifornien wurde Mitte 1995 versucht, über das Internet eine Million Unterschriften für eine Abstimmung gegen affirmative action zu sammeln 124.
  • Orientierungsverhalten: das Surfen auf dem Netz hat Grenzen - nur jeder zweite Nutzer hat mehr als 50 "Bookmarks" notiert. Die anstehende "mitlernende Benutzerführung", die besonders häufig frequentierte Sites speichert und dem Benutzer beim nächsten Einschalten als erstes anbietet, wird die Lust aufs Surfen weiter dämpfen.

IV Politik - das neue Damoklesschwert der direktdemokratischen Technologie Internet

"Die US-Regierung denkt, Cyberspace ist so etwas ähnliches wie der Panamakanal: Wir haben ihn gebaut, also gehört er uns auch." John Perry Barlow, (EFF) im TAZ-Interview 1995

"No wonder government, business and the media speak the same language - they`re run by the same group of friends" J.Winter, A.Hassanpour, Building Babel. Canadian Forum 1/1994 S.10

"Individuals have never had a megaphone the size of the cyberspace megaphone. Our society has to figure out what to do with this power" NAS, Kap. 8

"There are no bosses, no chain of command no secret data. If each node obeys the general interface standards, there`s simply no need for any central network authority." Bruce Sterling, The Hacker Crackdown, 1994

"The Internet...is simultaneously one of the technical wonders of the world and one of the world`s greatest spontaneous experiments in democracy." Philip E. Agre in TNO 1/1995

"Im Internet ist man frei. Es gibt keine Zensur, keine Diktatur und keine Filter. Jeder kann tun und lassen was er will ...Das Netzwerk des Internet ist nicht kommerziell, dafür kreativ-chaotisch" Prospekt der 1 & 1 Werbeagentur für Telekom Online. Sommer 1995

"Wenn das Netz weg wäre, gäbe es keine Steuerbescheide mehr, dann gäbe es keine Fahndung mehr, dann gäbe es keine gerichtlichen Mahnbescheide..." Diplommathematiker Schäfer am 17.3.1995 vor der Baden-Würtemberger Multimedia-Enquete-Kommission

"Das Entscheidende bei diesen neuen Systemen...ist, daß Sie alles direkt interaktiv über die Fernbedienung machen können. Sie brauchen kein zweites Medium; Sie müssen da nicht zum Telefon laufen oder wie auch immer, sondern machen alles von der Fernbedienung aus." Dr. Autzen, Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg am 17.3.1995 vor der Baden-Würtemberger Multimedia-Enquete-Kommission

"Forget the mythology about the cross-cultural gender-balanced information highway, the Web is populated by white, able-bodies men, either at uniersity or earning above-average salaries. They live in the US, use UNIX workstations and spend more than 50 hours a week at their computers. And they like consumer electronics. Would you trust these people to manage the information age?" Thompson, B.: Who do you think you are? In: .net 9 (August 1995)

Vor einem halben Jahrhundert katapultierten Nagasaki und Hiroshima die Physiker in die Teekränzchen Washingtoner Politikergattinen und die Nuklearindustrie in die Entscheidungszentren der Militärpolitik. Im neuen Information Age, welches das Atomzeitalter ablöst, bleiben die Konzerne meist diesselben - Westinghouse, General Electric, Siemens, IBM etc. - nur die Abteilungen, Märkte, Politikfelder und akademischen Eliten haben gewechselt. Die warenförmige Organisation der elektronischen Kommunikationsverhältnisse involviert sie jedoch weit unmittelbarer in einen marktförmig zugeschnittenen Reproduktionsmodus von Politik. Die Interaktivitätsbehauptung dieses Modus beruht auf mindestens drei problematischen Annahmen: "Die Vorstellung, dass Konsumenten durch ihre Wahl den (politischen - RR) Markt kontrollieren, die Vorstellung, dass alle Stimmen die gleiche Chance haben, sich Gehör zu verschaffen und endlich die Vorstellung, dass die einzig wesentliche Kommunikation die Warenförmige ist." 125 Politik im entstehenden Informationszeitalter ist ständige Ordnung der Sichtbarkeitsverhältnisse: Aufmerksamkeit wird arrangiert und rearrangiert. Die Politik muß gesehen werden, ohne sehen zu müssen. Ueber den Rückkanal wird die Stimme abgegeben. Wirklich interaktiv werdende Medienverhältnisse zwingen die Politik, selbst und mehr zu sehen als das kanalisierte Votum. Eine Netzpolitik, die auf eine Vervielfältigung monodirektionaler Fernsehkommunikation aus ist, steht im Verdacht, die neuen Netze vorwiegend als Bedrohung eines traditionell elitären Arrangements abgeschotteter Politikenklaven zu sehen. Netzpolitik ist in der Bundesrepublik weit später als in den USA und in anderen europäischen Staaten zum Thema geworden. Doch ihre Implikationen für das politische System selbst werden kaum oder bestenfalls elitistisch thematisiert. Zum Thema Informationsgesellschaft bzw. Multimedia publizierte der BMBF im März 1995 eine Dokumentation ("Multimedia -Chancen und Herausforderung"), die wesentliche Argumentationsmuster der Folgezeit prägte.

Die Rethorik der Bewegung wird breit entfaltet: Aktiv mitgestalten, Marsch in die Industriegesellschaft, Quantensprung der menschlichen Gesellschaft, Neuland erkunden usw. Kurz: Handlungsverzicht sei unmöglich, es gehe um aktive Gestaltung. Oder auch in den Worten des Eckwerte-Papiers der SPD: "haben wir nicht die Wahl, auf diesen Markt zu verzichten, wohl aber die Option zu seiner aktiven und sozialen Gestaltung". Doch wer ist für Verzicht, oder Gestaltungsverzicht? Gestaltung allerdings bedeutet in diesem Verständnis wenig, nämlich Korrekturpolitik: "Die Politik hat allerdings die Aufgabe, nationale wie internationale Rahmenbedingungen durchzusetzen, mit deren Hilfe nachteilige Entwicklungen korrigiert werden können." 126

Es gebe relevante Handlungsfelder (Arbeitsplätze, Bildung, Unterhaltung) und Risiken (technischer und sozialer Art) - doch wie diese Risiken zum Gegenstand der Politik gemacht werden, kommt in den Ausführungen des Berichts über politische "Anforderungen und Aktivitäten" nicht mehr vor. Dabei bedeutet die rasch zunehmende Verbreitung von Soft- und Hardware in der "Informationsgesellschaft" eine rapide Ausweitung eines nicht zuverlässigen und nicht fehlerfreien Produktsektors. Stattdessen ist die Rede von "Anforderungen an die Wirtschaftspolitik" - wo von der Entwicklung ökologisch und sozial nützlicher Produkte und Verfahren nirgends die Rede ist - , von der Rechtspolitik, von der Rolle des BMBF und der EG. Demokratische Gestaltung der Politik selbst ist kein Thema des Berichts.

Im Mai 1995 legte das BMBF für die Sitzung des Rates für Forschung, Technologie und Innovation am 15. Mai 1995 ein "Diskussionspapier zum Thema "Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen" vor. Bemerkenswert an diesem Bericht ist ebenfalls., dass die hauptsächlichen Auswirkungen der Technik in den Bereichen Wirtschaft, Arbeitswelt, Gesellschaft und Kultur gesehen werden - nicht aber in der Politik. Als politische Themenfelder nennt das BMBF-Diskussionspapier: Angebote von Telekommunikationssystemen, Neue Qualifikationserfordernisse, Forschung und Entwicklung, Technikdiffusion, Postreform, Medienordnungsrecht, Schutz geistigen Eigentums, Datenschutz, Sicherheit, Arbeitsrecht und -schutz, gesellschaftliche und kulturelle Herausforderungen - u.a. Sicherung der Informationsvielfalt 127, Arbeitswelt, Soziale Probleme, Verbraucherfragen, Jugendschutz. Im Bereich der politischen Kultur - der auf 4 ½ Zeilen abgehandelt wird - werden neue Formen der "Meinungsbildung und Wählerumfragen ... möglich". Dies kann dazu beitragen, daß die Teilnahme der Bürger am politischen Willensbildungsprozess intensiviert wird und z.B. die Beteiligung an lokalpolitischen Entscheidungen ermöglicht wird." 128 Dementsprechend heißt es in einem Papier des Rates: "Einerseits wird die repräsentative Demokratie in Frage gestellt, wenn jeder Bürger sich im Prinzip unmittelbar an der politischen Willensbildung beteiligen kann. Andererseits kann und darf die quasi "direkdemokratische Technologie" die institutionellen Vorkehrungen der Demokratie zur immer kompexer werdenden Entscheidungsfindung und den politischen Diskurs nicht ersetzen. Dies schließt jedoch die direkte Beteiligung der Bürger an Entscheidungen klar umrissener Fragestellungen insbesondere auf kommunaler Ebene nicht aus...Zu bedenken ist auch der bewiesene Umstand, daß über das Wählen hinausgehende Formen politischer Beteiligung nur von bestimmten Teilen der Bevölkerung genutzt werden. Dies kann das Grundprinzip der demokratischen Gleichheit gefährden...Die dargestellten Entwicklungen sollten nicht als Gefahr, sondern als Chance betrachtet werden, den Bürger mehr als bisher in den politischen Diskurs und die politische Verantwortung einzubeziehen; in erster Linie auf kommunaler Ebene. Diese Entwicklung kann zu mehr Aktzeptanz der politischen Entscheidungen führen und hilft möglicherweise, Politikverdrossenheit abzubauen. Allerdings kann und darf diese Art der Kommunikation auch in Zukunft den institutionalisierten Diskurs der repräsentativen Demokratie nicht ersetzen." 129

Fast gleichlautend der "Zukunftsminister" Rüttgers: Artikel 5 GG regelt maßgeblich die rechtlichen Fragen der Informationsgesellschaft (Meinungs- und Informationsfreiheit, Medienordnungrecht). Der verfassungsrechtliche Schutz des Kommunikationsprozesses insgesamt bedeutet, dass "auch die Kommunikationsinfrastruktur nicht unter einseitigen Einfluß Einzelner oder bestimmter gesellschaftlicher Gruppen geraten" darf 130. Doch: "Auch wenn die neuen Medien neue Interaktionsmöglichkeiten zwischen Politik und Bürgerschaft ermöglichen, können und sollten sie nicht das Repräsentationsprinzip ersetzen. Die beabsichtigte "Demokratisierung" durch Mediatisierung würde in ihr Gegenteil umschlagen...Der Bürger wird ja nicht dadurch aktiver, daß man ihm seine Zuschauerrolle komfortabler ausgestaltet, also vom Fernsehsessel aus seine Entscheidungsmöglichkeiten per Knopfdruck erhöht. Plebiszitäre Meinungs- und Willensbildungsformen führen zudem fast zwangsläufig dazu, komplexe Sachverhalte in einfache Ja-Nein-Schemata zu pressen und zu vermeintlich klaren Entscheidungsalternativen zu stilisieren...Politische Legitimität basiert...vor allem auf der Effektivität politischer Entscheidungsverfahren...Hingegen kommt die Verlagerung von Entscheidungsmacht auf die Träger von Plebisziten einer bewußten Entparlamentarisierung und damit Schwächung der Funktions- und Integrationsfähigkeit des Parlaments gleich. Kreist erstmals das plebiszitäre Damoklesschwert über den Köpfen der Parlamentarier, dann ist es mit ihrer Entscheidungsfreiheit nicht mehr weit her." 131

Mitte 1995 gab es ca. 1400 WWW-Sites, deren Thema Politik war 132. Mitte 1995 waren rund 30 nationale Regierungen und internationale Organisationen via WWW oder Gopher auf dem Netz. Der international herausragenden WWW-Präsenz der BRD entspricht ein gravierendes Defizit an Politikpräsenz auf dem Netz. Die 1995 installierten Institutionen und Strukturen der Politikgestaltung auf dem Feld der Informationsgesellschaft lassen kaum erwarten, dass das befürchtete direktdemokratische Potential der Technologie organisiert wird. Es gibt

  • erstens den Petersberg-Kreis (BMWI, BMBF, BMPT) mit den zwei Arbeitszusammenhängen
  •  
    • Plattform "Anwendungen" (Standardisierung, Interoperationabilität - ZVEI, VDMA)
    • AG Ordnungspolitische und rechtliche Rahmenbedingungen (BMWi, BMPT) mit den folgenden Zuständigkeiten:
    •  
      • Wettbewerb, Marktzugang (BMWi)
      • Regulierung (BMPT)
      • Datenschutz IT-Sicherheit (BMI)
      • Medienrecht (BMI)
      • Urheberrecht (BMJ)
      • Bildungspolitik (BMBF)
      • Verkehrstelematik (BMV)
  • zweitens der Rat für Forschung, Technologie und Innovation beim Bundeskanzler - dort sind wesentlich repräsentiert BK, BMBF, BMWi, BMPT, BMI - der sich am 15.5.1995 erweiterte und nun 8 Wissenschaftler, 8 Unternehmer, 2 Gewerkschafter, ein Vertreter der Telekom und vier weitere Vertreter der Politik umfasst .133 Der Rat bildete drei Arbeitsgruppen zu
  •  
    • Forschung, Technik, Anwendungen
    • Rechtliche Rahmenbedingungen
    • Gesellschaft und Kultur.
  • drittens die Multimedia-Arbeitsgruppe Bund/Länder (BK, BMPT, BMI, BMWi).

Für den Kabinettsbericht "Information 2000" (BMWi, BMPT, BMBF, BMI, BMV) und für die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Multimedia" sollen Technologierat wie AG zuarbeiten.

Politische Orientierungen, die aus der Ratsdiskussion kommen, gehen u.a. in die Richtung

  • Keine Industriepolitik
  • Keine Fondslösung zur Finanzierung
  • Keine flächendeckende Gewährleistung von Universaldiensten, somit auch keine Nutzung des Internet zum breitbandigen Aufbau demokratischer Partizipationsverhältnisse: "Die reinste Form der Zensur ist die Abwesenheit von Zugang." 134
  • Begrenzung der Rolle der EVU
  • Individualkommunikation, die nicht dem Rundfunkbegriff unterfalle, schließe ein Video-on-demand, interaktives Pay-TV und Online-Dienste, ebenso Teleshopping, d.h. entsprechend der Forderung der Industrie Trennung der Online-Dienste vom medienpolitisch kontrollierten Rundfunk, dann, so Mark Wössner von Bertelsmann, "endet unser Weg in die Informationsgesellschaft in einer Sackgasse" 135

Nicht erkennbar ist somit, dass internationale Trends zur Kontrolle des Netzes durch die bundesdeutsche Netzpolitik konterkariert würden. Dabei geht es 

  • um Formen der Selbstkontrolle auf der Ebene der Nutzer - Softwarekontrolle (Clipperchip, V-Chip 136, Pornosoftware 137) oder des Besitzes z. B. von Kinderpornographie 138; Nutzer öffentlicher Bibliotheken mit Internetzugang müssen Vereinbarungen unterzeichnen, kein pornographisches Material aufzurufen. Im Falle einer Zuwiderhandlung wird ihnen der Zugang zur Bibliothek lebenslang verweigert ("banned for life") 139. Der Clipper-Chip soll ermöglichen, dass die NSA wieder die E-Mail lesen kann: er wurde im April 1993 vorgeschlagen und soll eine Verschlüsselung liefern, die - übliche rechtliche Prozeduren vorausgesetzt - seitens staatlicher Ueberwachungsbehörden entschlüsselt werden kann. Gespräche und Kommunikationen können nicht abgehört werden - außer von Behörden; 140
  • um Kontrolle auf der Ebene der intermediären Agenten (Access Provider, Gateways, Spiegelnde Einrichtungen - Replikatoren): "Wenn Sie beim Betreten eines Kaufladens einen Ausweis zeigen müssten, würden Sie das als ernsten Eingriff in Ihre persönliche Freiheit ansehen. Warum also tragen Sie jedesmal Ihre E-Mail-Adresse ein, wenn Sie von einem FTP-Server dazu aufgefordert werden? (...) Man hört oft, dass das Internet anarchisch und gesetzlos sei, aber es gibt genügend Bereiche, wo das Gegenteil der Fall ist. Ein Teil des Problems ist, dass das Internet kein Konzept des "öffentlichen Raums" hat, obwohl es ein starkes Gefühl für Gemeinschaft besitzt. Anders als die Straße, die von allen als etwas Gemeinsames angeehen wird, gehört jedes Stück virtuellen Bodes im Cyberspace jemandem und jeder Eigentümer nutzt sein Recht, um von Besuchern eine Identifikation zu verlangen." 141 Am 24. Mai wurde Prodigy verurteilt vor einem New Yorker Gericht für verleumderische Aeußerungen seiner Abonnenten, da Prodigy faktisch Verlegerfunktionen ausübe. Compuserve dagegen kontrolliert die Texte seiner Abonnentinnen nicht und wurde daher nicht nach diesem Modell behandelt 142 Der "Communications Act of 1955" vom 4. 8.1995 macht die Privatindustrie für die Sauberkeit der Netze zuständig; 143
  • um zentrale Kontrolle: im März 1992 und dann 1994 schlug das FBI eine Erleichterung der Ueberwachung digitaler elektronischer Kommunikation vor. Die Electronic Frontier Foundation charakterisierte die Absicht kurz: "Das Gesetz legt den Grundstein für eine Verwandlung der Nationalen Informationsinfrastruktur (NII) in ein nationweites Ueberwachungssystem." 144 Leicht abgeschwächt passierte die "Digital Telephony Bill" am 7.10.1994 den Senat. Nun wird Telekommunikationsfirmen vorgeschrieben, das FBI beim Abhören aller digitalen Leitungen zu unterstützten. Kurz nach Verabschiedung des "Anti-Cyberporn" - Communications Decency Act im US-Senat, der eine weitgehende staatliche Intervention in die Netzkommunikation ermöglicht und die Verbreitung von obscene (obszönem) und indecent (anstößigem) mit hohen Geldtrafen bedroht, verabschiedete das kanadische Parlament eine vergleichbare Absichtserklärung 145. Die Clinton-Administration kündigte im Juni 1995 die Einrichtung einer neuen Bundesbehörde an, deren Aufgabe die "Sicherung und Ueberwachung der Datenautobahn" sein soll 146. In etwa 100 Länern der Erde unterliegen Internet-Gateways der Regierungszensur und -überwachung. Ein Beispiel für zentrale Kontrolle ist die VR China; der Internet-Zugang über die offizielle Presseagentur bzw. die China Internet Corporation wird kontrolliert. 147 Als Paradebeispiel gilt Singapur: dort haben gegenwärtig ca. 26 000 Einwohner einen Internetanschluß, der über zwei Provider läuft; die Zensurabteilung im Ministerium für Information und Kunst bearbeitet pro Person jährlich ca. 25 000 Materialien, darunter einen wachsenden Anteil von Netzinformationen. Der Schwerpunkt hat sich hier rasch auf politische und allgemeine Informationen verlagert, die oftmals erwähnte Zensur pornographischer Materialien spielt nur eine geringe Rolle. Die Zensur verläuft differenziert: Universitätsangestellte und Firmenangehörige werden weniger zensiert als Studenten und private Netzanschlüsse; die Hauptmethode ist die Kontrolle des Zugangs .148 Private Onlinedienste wie Prodigy schlossen Abonnenten aus, die gegen Preiserhöhungen agierten 149

Insgesamt geht es seit 1994 darum, einen juristischen Ueberbau für das Netz zu schaffen. In der Information Infrastructure Task Force (IITF) zur Implementierung der NII spielt das Information Policy Committee, bei dem es um Privacy, Security und intellectual Property geht, die herausragendste Rolle. Dabei stehen im Mittelpunkt

  • Datenschutz 150 (privacy, secrecy, publicity)
  • IT-Sicherheit auch gegen den elektronischen Vandalismus (reliability, security, confidentiality, anonymity, authetification)
  • Urheber- und gewerblicher Rechtsschutz.(Commonality). So ist zum Beispiel unberechtigter geschützter Software nicht Zivil-, sondern Strafrecht. Im Unterschied zu anderen Medien baut die Computertelekommunikation somit auf einem soliden Fundus von Alltagskriminalität auf. Freilich: wo der Schutz der Privatheit einhergeht mit Netzwerksicherheit, liegt der Focus zuallererst auf der Sicherung privatindustrieller Interessen durch Copyright-Schutz und auf der Gewährleistung sicherer Finanztransaktionen über Netze.

Gegenüber diesen Trends, Problemperzeptionen und -lösungsvorschlägen ließen sich z.B. als Gestaltungsprinzipien einer deutschen Informationsgesellschaft nennen:

  • Ein umfassender Universaldienst muß eine diskriminierungsfreie allgemeine informationelle Grundversorgung für alle sichern - Universeller Zugang [Informationsgrundversorgung] 151
  • Die Finanzierung eines solchen Dienstes muß durch die in solchen Märkten tätigen Unternehmen geschehen; die Kommunen müssen berechtigt werden, für die Nutzung des öffentlichen Straßenraums zu Zwecken der Telekommunikation Konzessionsabgaben zu erheben, wobei Kompensationen (z.B. Mitnutzung der Netze durch Städte und Gemeinden) möglich sein sollen. Versorgungseinrichtungen wie Hochschulen, Schulen und Bibliotheken sowie kommunale und andere öffentliche Einrichtungen müssen von Netzbetreibern zu Grenzkosten angeschlossen werden 152. Die Tarifierung darf nicht nutzungsabhängig sein.
  • Gewährleistung des Marktzugangs für die Anbieter (universal service)
  • Freiheit der Meinung, Pluralismus (Multi-Ownership-Regelungen)
  • Zulassungsinstanzen und Verfahren müssen öffentlich sein (Staats als Lizenzgeber)
  • Persönlichkeitsschutz, Recht auf Privatheit / Intellektuelles Eigentum und Copyright: das informationelle Selbstbestimmungsrecht darf nicht ausgehebelt werden
  • Kommunikation gewährleistende Interaktivität muß das Ungleichgewichtig zwischen Anbieter- und Empfängerseite beseitigen
  • der Weg in die Informationsgesellschaft muß wie diese selbst demokratisch gestaltet sein, nicht zuletzt, weil Anwendungen, Märkte, Folgen weithin unbekannt sind
  • die demokratiepolitische Dimension muß umfassend und nicht nur lokal sein, denn nur so reflektiert sie die technische Potentialität der alle-zu-alle-Kommunikation; sie verbessert die Organisationskosten und demokratisiert Zugänge zu Informationen: das Internet ist eine "Assoziationstechnologie ... indem es Assoziierungen erleichtert, stärkt das Internet die Demokratie" 153
  • Gewährleistung von öffentlichen Räumen im Internet, um die am Falle der USA deutlichen Einengung öffentlicher Verhandlungs-, Argumentations- und Mitwirkungsräume entgegenzuwirken 154. Solche Räume müssen erreichbar, präsent und unvermeidlich sein: vor dem Abzweig in die inidvidualisiert - privaten Welten muß es Straßenecken im Cyberspace geben, wo sich Flaneure, Berufstätige, addicted persons und Netzsurfer der Gefahr öffentlicher Ansprache aussetzen müssen.
  • Oeffentliche Einrichtungen müssen einer Publikationspflicht in allgemein zugänglichen Netzwerken unterstellt werden
  • Sicherung nicht nur der Modernität der technischen Maschinerie der Telekommunikation, sondern auch der Modernität und Qualität des Information - als Informationssystem ist das Netz gegenwärtig auf dem besten Weg, das Jahrhundertexempel für privaten Reichtum und öffentliche Armut zu werden: teure private Information versus armem öffentlichen Wissen. 155

Anmerkungen

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http://www.sdn.dk/fsk/actionplan/
http://www.netgen.com/kgray/home.html
http://gopher.econ.lsa.umich.edu/
http://www.usak.ca/library/gic/v1n3/moll/moll.html
http://www.Munich.com/oktoberfest/
http://www.mroy.fildec.html/
http://www.mroy.fildec94.htm
http://www.panix.com/vtw/exon/index.html
http://www.media.neet/feeed/95.07chapman.html

1) BMBF: Multimedia - Chancen und Herausforderung, Bonn März 1995, S.6. Das einschlägige Papier "Bayern Online" spricht vom "Schritt von der Industriegesellschaft in die Informations-, oder besser Telekommunikationsgesellschaft". (München, Juli 1995 S.11)

2) Da wird Gesellschaft und Technik auch leicht in Eins gesetzt: "Die sich heute formierende Informationsgesellschaft besteht aus diesen drei Komponenten, nämlich der Informations-, Telekommunikations- und Medientechnik." Hultzsch, H. (Telekom): Die globalinformierte Welt - Konsequenzen für die nationalen Wirtschaften. Vortrag auf der Tagung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft 1995. Ein Kommunikations-, Informations- und Interaktionsraum besteht aus Informationen, Geräten, Komponenten und Software, Infrastruktur, Basistelekommunikationsdiensten, Anwendungen und Benutzern - so die Vorstellung der US-Regierung in der Agenda for Action zur zukünftigen National Information Infrastructure. Ein aktuelles Beispiel für den neuen interaktiven, hochkommunikativen Informationsraum ist aus Holland zu hören: "Holländische Häftlinge werden an die "elektronische Leine" genommen. Weil die Gefängnisse des Landes überfüllt sind, werden Gefangene mit Freiheitsstrafen von bis zu einem halben Jahr erstmals unter "elektronischen Hausharrest" gestellt. Wie das Justizministerium mitteilte, müssen die Häftlinge ein Gelenkkettchen mit einem Sender tragen, Sobald sie sich weiter als 50 Meter fortbewegen, alarmiert der Sender die Polizei." (FAZ v.8.7.1995)

3) Hultzsch, H. (Telekom): Die globalinformierte Welt - Konsequenzen für die nationalen Wirtschaften. Vortrag auf der Tagung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft 1995

4) Rüttgers, J.: Politikfähigkeit medial bestimmter Demokratien. Vortrag auf der Tagung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft 1995.

5) S. Wurman, R.S.: Information Anxiety, New York 1989

6) S. Projekt Internet Regulierung und Selbstregulierung im Internet, TUB FB 13

7) Die Zeit v. 3.3.1995, S.102

8 BMBF: Multimedia - Chancen und Herausforderung, Bonn März 1995, S.22

9) Der Erfinder des Begriffs William Gibson sieht hierein eine "consensual hallucination of visually realized data achieved through plugging in a global computer network" - Töne und Berührungen wären hier ebenso zu berücksichtigen.

10) P. Glotz u.a.: Informationsgesellschaft - Medien und Informationstechnik. Eckwerte-Papier v. 19.7.1995

11) Cyberspace ist "ein elektronischer öffentlicher Raum, wo sich gewöhnliche Menschen treffen und allgemeine Angelegenheiten verhandeln können. Wie Parks, öffentliche Plätze, Bürgersteige, die Natur und die See ist sie ein von allen geteiltes elektronisches Gemeingut, keine Einkaufszone. (..) Cyberspace als Markt zu sehen bedeutet, die persönliche Kontrolle privaten Eigentums mit dem Ziel zu denken, es als Ware zu behandeln. Cyberspace als öffentliches Gut zu sehen bedeutet, über die öffentliche und verteilte Kontrolle eines Gutes nachdenken mit dem Ziel einer universellen Teilhabe." Graham, G.: A Domain where Thought is Free to Roam: the Social Purpose of Community Networks, 29.3.1995

12) C`t 9/1995, S.141 hebt so "die Gleichberechtigung aller Teilnehmer" des Netzes hervor, mehr noch: "Im Internet herrscht eine Form von Gleichheit zwischen den Beteiligten, wie es sie sonst nirgends auf der Welt gibt, schon gar nicht, wenn man den Blick zu anderen Medien wendet. Jede Aeußerung hat die gleiche Chance auf Wahrnehmung durch die Netzgemeinschaft, niemand wird bevormundet oder zensiert." C`t 9/1995 S.146. Oder erhebend: "Ein Netz macht uns wieder menschlich, weil auf dem Netz bist DU der Boss. Auf dem Netz braucht niemand jemand anderes zu repräsentieren. Die wichtigste Verhaltensweise, die das Netz belohnt, ist Reife."Graham, G.: A Domain where Thought is Free to Roam: the Social Purpose of Community Networks, 29.3.1995

13 Ein Pentagon-Sprecher kritisierte die "babbelnde Anarchie" des Internet, nachdem ein in Bosnien abgeschossener F-16-Pilot Stunden nach seiner Rettung über das italienische Netz Kodenamen und Waffenausstattung seines Fliegers ausgeplaudert hatte. Aus dieser Eigenschaft ergibt sich nach Ansicht der "Financial Times" v. 29.5.1995, "daß das mächtigste Kommunikationsmedium, das jemals erfunden wurde, dem Aequivalent der Herrschaft des Mobs ausgeliefert wird", welcher mit E-Mail-Bomben, Virusen und Blockaden agiert. So zum Beispiel den elektronischen Briefkasten einer Softwarefirma, die so davon abgehalten werden konnte, eine große Datenbasis mit Konsumentenprofilen zu verkaufen, s. National Academy of Sciences (NAS): Rights and Responsibilities of Participants in Networked Communities, Washington 1994, Kap.2. NAS So auch das BMBF: "Diskussionspapier zum Thema "Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen" Bonn Mai 1995, S. 1 "Jeder wird mit jedem, unabhängig von seinem jeweiligen Standort, weltweit kommunizieren können ("global village")".

14 Ganz anders als die übliche Definition von Multimedia, eine "die flexible interaktive Verknüpfung verschiedener Medien (Bild, Ton, Daten) in hoher Präsentationsqualität" (Korff, G.: Multimedia Online - Die Welt am Draht? Beilage zum Medienspiegel v. 19.6. 1995), genauer: die Integration der verschiedenen Modalformen (Bewegt-) Bild, Sprache, Ton, Text, Graphik, Daten, s. TA-Informationen Juni 1995 S.8. Verschmelzung der bislang getrennten Industrien des Computers, der Telekommunikation und des Rundfunks bzw. Fernsehens, von Sprache, Daten und Bild zum neuen Bit-Business gilt hier als zentraler Trend.

15 "Wer kontrolliert das Netz? Kurz gesagt: niemand." So Shah, R.: The Business of the Internet,. Oder Peter Neumann von SRI International auf einer Tagung der AAAS 1995: der Grund, warum das Internet so gut funktioniere, liege darin, "dass es von niemandem verwaltet wird.". Oder der Vorstandsvorsitzende der International Telecommunication Union Jean Jipguep auf der INET`95: "The freedoms which characterise the Net make any attempt to exclude any particular culture or viewpoint impossible. These freedoms are not inherent. The stem from the absence of centralized control. Nobody says "We hold these rights to be self-evident." It is simply due to the lack of any enforcement mechanism or digipolice to limit options...The Internet today ist charaterized by Freedom: Freedom to connect; Freedom to disseminate information and ideas; Freedom to extend and develop the network; Freedom for entrepreneurial opportunities; Freedom to inititiate new services, new ways of doing business; Freedom for educating and for learning. Freedom does not mean free of charge." Jipguep, J.: The Global Telecommunication Infrastructure and the Information Society, Juni 1995 Oder Luciano Floridi (Oxford) auf einer UNESCO-Konferenz am 13.-17.3.1995 in Paris: "Letzten Endes ist (für das Internet) als einem einzelnen Unternehmen niemand verantwortlich. Es ist eine gemeinsame Initiative...Auch verdient niemand Geld an dem gesamten Unternehmen, denn das Internet ist genauso frei wie eine öffentliche Bibliothek. Ebensowenig leitet jemand das System und niemand wird imstande sein, es in Zukunft zu kontrollieren."

16 Der Begriff "Information Superhighway" tauchte Mitte der 80er Jahre erstmals in der New York Times auf , s. Toronto Globe and Mail v. 25.5.1995

17 David Ronfeldt, Militärforscher der RAND-Corp., erklärte angesichts der Unterstützung der Zapatista-Bewegung über das Internet, dass Netzwerktechnologien "die Hierarchien, um die Institutionen normalerweise herum gebaut sind, unterbrechen und zersetzen" , s. Z Magazine Juli/August 1995

18 So zum Beispiel das Papier der dänischen Regierung zur Informationsgesellschaft

19 Der umweltintensive Büropapierverbrauch hat sich mit Verbreitung der PC`s nahezu verdoppelt und wächst jährlich um weitere 5 %. Die paar Hundert Videokonferenzen in der deutschen Wirtschaft ändert nichts daran, dass die Zahl der Geschäftsreisen in Westdeutschland um 15 % und in Ostdeutschland um 56 % zugenommen hat. Die Rationalisierung der Verkaufsprozesse durch Ausdehnung elektronisch vermittelter Versandshausoperationen führt zur Ausdehnung von Transportvorgängen. Eine Oekobilanz der Informationsgesellschaft fehlt bislang.

20 Die Informationsgesellschaft sei eine Wirtschafts- und Gesellschaftsform, "in der - auf der Basis moderner Technik (Digitalisierung) - die Gewinnung, Speicherung, Verbreitung und Vermittlung von Informationen und Wissen einschl. interaktiver Kommunikation, eine prägende Rolle spielen.", s. BMBF: "Diskussionspapier zum Thema "Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen" Bonn Mai 1995, S. 3. In dem Multimedia-Papier des BMBF, das wenige Wochen zuvor publiziert worden war, ist dagegen die Rede davon, dass in der Industriegsellschaft "Wissen und Information zur bestimmenden Ressource wird" (BMBF: Multimedia - Chancen und Herausforderung, Bonn März 1995, S.4). Der technologische Fortschritt sei dabei die "Grundlage der Entwicklung in Richtung Informationsgesellschaft", Auswirkungen gibt es nach diesem Diskussionspapier vor allem auf Wirtschaft, Arbeitswelt, Gesellschaft und Kultur.

21 Diese Zählung findet sich bei Jacques Delors oder im Eckwerte-Papier der SPD-Bundestagsfraktion zur Informationsgesellschaft vom 19.7.1995

22 Diese Zählung findet sich in BMBF: "Diskussionspapier zum Thema "Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen" Bonn Mai 1995, S. 1

23 So der niedersächsische Ministerpräsident Schröder am 17.8.1995 in der FAZ.

24 FIDONET zum Beispiel umfasste 1995 rund 35 000 unabhängige BBS. An Netzen sind in Europa / der BRD zu nennen das Telephonnetz, das ISDN-Netz, das Datex-J-Netz (BTX), Datex-P-Netz, Datex-M sowie Spezialnetze der Universitäten, Formen, Polizei, die Vorstufe des Bundesbehördennetzes. Weiter im europäischen Bereich Netze der Finanzbehörden, der Zollbehörden, Versicherungen, Transport, zur Fahndung usw., weiter z.B. Buchungsnetze.

25 MIDS: Summary of the Results, Second TIC/MIDS Internet Demographic Survey, Matrix News 5(4) April 1995,. Nach anderen Angaben wird USENET von ca. 21,5 Millionen Personen gelesen (Mitte 1995, Brian Reid, USENET Readership Report, in: news.list). 1995 gab es knapp 800 Millionen E-Mails.

26 Das Internet wird gängigerweise als der Teil des Gesamtnetzes von Computern, die miteinander sinnvoll elektronisch verknüpft werden können, gesehen, der durch elektronische Kommunikationsfähigkeit über das Verbindungsprotokoll Transmission Control Protocol/Internet Protocol (TCP/IP) ausgezeichnet ist. Das heterogene Protokoll TCP/IP bietet eine gemeinsame Sprache für das Zusammenwirken von Netzwerken, die unterschiedliche lokale Protokolle benutzen. Siehe RFC 1594. Hinzu kommt die Strukturierung eines (Adress-)Raumes über das Domain Name System (DNS). Datentransfer und E-Mail waren Dienste der 70er Jahre, das System der USENET-Diskussionsgruppen erschien 1981, das Gopher-System 1982 und WWW 1989. Das WWW ist primär definiert durch drei Standards: URLs (Uniform Resource Locator) zur Lokalisierung von Dokumenten, HTTP (Hyptertext Transfer Protocol) als primäres Protokoll zur Informationsverteilung und HTML (Hyptertext Markup Language) als Sprache, die Texte mit einem spezifischen Format auszeichnet, das den logischen und damit optischen Aufbau einer Seite beschreibt.

27 Zur Geschichte des Internet s. Hobbes` Internet Timeline sowie Mathiak, F. u.a.: Was ist das Internet? Entwicklung, Grundlagen und Anwendungen, TU Berlin FB 13 SS 93 Das Projekt Internet. Gut ein Jahrzehnt war das Internet eine exklusiv militärische, ein weiteres Jahrzehnt dann eine militärische und zugleich technisch-wissenschaftliche (akademische) Angelegenheit; mittlerweile endlich ist es eine militärisch-politische und kommerzielle, und in sehr schwachen Ansätzen zugleich zivilgesellschaftliche Veranstaltung.

28 Vgl. den Entwicklungsindex der UN in die Qualittät der elektronischen Vernetzung: bei einem Entwicklungindex von 28,3 (=hohe Entwicklung) ist die Vernetzung herausragend, bei einem Index von 110,4 ist sie nicht vorhanden oder schlecht, s. .Ruth, S.R.: Measuring and Comparing the Return on Investment on NetworkMediated Empowerment: A Developing Nations Perspective, Vortrag am 10.5.1995 auf der INET`95

29 Daudpota, Q.I., Zambrano, R.: The Sustainable Development Networking Programme:Concept and Implementation, Vortrag am 8.5.1995 auf der INET`95

30 Inter Press Service v. 8.6.1995. Darunter Aegypten und Südafrika. Die Gründe sind evident: eine 64kpbs-Verbindung zum Internet kostet ca. 8000 US-Dollar monatlich, die Startausrüstung etwa 30 000 $. Digitale Telephonlinien, Schaltungen usw. (bis hin zur Stromversorgung!) fehlen in zahlreichen Ländern, die Tarife sind häufig extrem hoch, eine Expertenstruktur fehlt. Jeder zweite Mensch hat noch nie ein Telephon in der Hand gehabt.

31 S. ebd.. Zu diesem Aspekt gehört, dass 95 % der Netzkommunikationen englischsprachig abgewickelt werden., 4/5 der elektronischen Information ist in englischer Sprache gespeichert. S. Christian Science Monitor v, 17.5.1995

32 Daily Media and Marketing Report (DMMR) v. 29.6.1995. Nach anderen Angaben (MMD v. 3.8.1995) stand 1994 in 32 % der US-Haushalte eine Computer; von diesen waren 30,2 % mit Modems ausgestattet. 1999 sollten es nach dieser Studie 44,3 % der Haushalte sein, die zu 55,6 % mit Modems ausgestattet sein werden. Danach sollen 1999 22,5 Millionen US-Haushalte ans Netz angeschlossen sein. 1994 wurde die auf TCP/IPP aufsetzende Software 4,5 Millionenfach verkauft, s. Network World 29.5.1995.

33 The Sunday Times 14.5.1995 nach Dataquest

34 FAZ v. 21.2.1995. Nach International Data Corporation (FOCUS 15/1995) hatten 17,1 % der US-Haushalte PC`s mit Modem, 5,4 % der Haushalte in der BRD, 4,7 % der dänischen, 3,6 % der englischen, 3,2 % der japanischen und 1,4 % der französischen Haushalte. Nach Angaben eines Papiers einer Arbeitsgruppe des Informationsgesellschaftsrates beim Bundeskanzler sind nur 1 Mio. der 6 Mio. PC`s in Privathaushalten an das Telekommunikationsnetz angeschlossen - also sogar nur 3 Prozent der bundesdeutschen Haushalte; im Jahr 2000 werde es jeder 15 Haushalt sein, s. Die Zeit v. 2.6.1995. Nach abweichenden Angaben hatten 1995 in der BRD von rund 5 Millionen privaten PC-Nutzern nur 11 % Zugang zu Btx, 3 % zu Internet und 2 % zu Compuserve - 86 % verwenden ihren Homcomputer nur offline (MEX Multimedia). Nach anderen Schätzungen lag die Anzahl der Internetnutzer Mitte 1995 in der BRD bei einer halben Million - doch nun kommen Compuserve und Telekom (Datex-J), Europe Online und MSN hinzu. Allein die Erstgenannten notierten ca. eine Million AbonnentInnen, s. c`t 9/1995 S.140. Freilich: die 800 000 BTX-Nutzer von Mitte 1995 sind im Schnitt nur dreieinhalb Stunden pro Monat online.

35 So Vinton Cerf, einer der Schöpfer der TCP/IP-Protokolle und einflußreichsten Akteure in der Internetpolitik am 23.5.1993 in einer Stellungnahme vor dem Committee on Space, Science and Technology des US-Repräsentantenhauses. Ein Vertreter der Telekom wußte, dass die Internet-Gemeinde Ende 1994 40 Millionen Mitglieder hatte und monatlich konstant um etwa 15 % wachse, s. Hultzsch, H. (Telekom): Die globalinformierte Welt - Konsequenzen für die nationalen Wirtschaften. Vortrag auf der Tagung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft 1995. Mit Sicherheit ändert die Einführung des Microsoft Network MSN via Windows 95 die Situation dramatisch, da von weltweit ca. 150 Mio. PC`s ca. 100 Mio. mit dem Betriebssystem Windows ausgestattet sind und MSN nur via Windows zugänglich sein wird. Unbekannt und ungezählt sind jene Sites, die sich hinter den Firewalls verstecken. Unbekannt ist auch der Umfang der Doppelzählungen: offenbar nutzen viele Abonnenten der kommerziellen Dienste unter der Woche betriebliche Internetanschlüsse, wie Unisys am Beispiel seiner WWW-Site zur US-Golfmeisterschaft berichtete, s. DMMR v. 27.6.1995. Zu vermerken bliebe freilich, das im Zentralland der elektronischen Kommunikation - den USA - rund die Hälfte der erwachsenen Amerikaner funktionelle Analphabeten sind, also über die Lektüre von Etiketten auf Konservendosen kaum hinauskommen, s. CMC-Magazine 4/1994 S.7. Nach einer nicht näher spezifizierten Untersuchung wußten 60 % der US-Angestellten nicht, was das Internet ist; weitere 10 % wußten nicht, wie man eine Netzverbindung bekommt, s. Doyle, P.a.u.: The WWW and Ist Implications in a Democratic Society. Vortrag auf der INET`95, s. Domain Survey

37 So definiert nach Matthew Gray`s Web Wanderer Am 4.8.1995 waren es 15768 WWW-Home-Pages. Nach der Uebersicht von Mark Lottar führten Mitte 1995 16 772 Computer die Buchstaben WWW in ihrem Internet-Namen.

38 New York Times v. 417.4.1995. Yahoo, das bekannteste Verzeichnis von WWW-Siites, führte im April ca. 36 000 solcher Angebote auf, s. Los Angeles Times v. 10.4.1995. Yahoo indexierte Anfang August 1995 an einem Tag 1 200 neue WWW-Angebote. Die Anzahl der global abrufbaren WWW-Homepages und -Anbieter wird noch binnen Jahresfristen die Millionengrenze überschreiten.

39 International News 1.-4.8.1995

40 DMMR v. 29.6.1995. Die tatsächliche Zahl der Nutzer dürfte höher liegen: die Firma Netscape, deren Produkt am Markt der WWW-Browser ca. 70 % Anteil hat (WebWeek 1/1995), - nach anderen Angaben waren es im August 1995 bereits weit über 80 %, s. Browser-Statistics, Benlo Park Research - hatte bis Ende 1995 rund 25 Millionen Kopien ihres Produkts aufs Netz gebracht. Im Frühjahr 1994 entfielen 37 % des Datenumsatzes auf dem Internet auf das Bewegung von Dateien z.B. via FTP, 16 % waren E-Mail und News (Diskussionsforen), 7 % entfiel auf WWW und Gopher., s. Varian, Hal (U.Michigan): Economic Faqs About the Internet, 13.5.1994

41 Hierzu wird, wie das Kooperationsabkommen von Netscape und Macromedia zeigt - hinzukommen die unmittelbare Integration von Multimedia in die WWW-BBrowser.

42 S. NAS, Kap. 8

43 Obwohl die akademisch´basierten Provider z.B. in der BRD weiter das Zentrum des Netzes bilden, gibt es bislang keine systematische Analyse der "Netzpolitik" der Hochschulrechenzentren.

44 InterNIC: Internet Info.

45 Forbes Mgazine 24.4.1995, Die Zeit v. 14.4.1995

46 Matrix News 1955

47 Matrix News April 1995

48 The Observer v. 9.7.1995

49 Business Week v. 26.6.1995. Allerdings ist die Anzahl der über Universitären und Schulen das Netz kontaktierenden Personen unbekannt und könnte sehr hoch liegen, wofür in der BRD die starke Zunahme der Anzahl studentischer EMail-Adressen seit 1994 spricht. GVU`s 3. WWW-Untersuchung ergab, dass in Europa noch fast jeder zweite Zugang über die Hochschulen läuft, in den USA dagegen nur noch jeder vierte.

50 DMMR v. 27.6.1995. Compuserve erwarb im Mai 1995 Spry Inc. für 100 Mio. $, deren Personal und Produkte im Kern der zukünftigen Internetpolitik von Comupserve stehen. AOL passierte im Herbst 1995 die 3 Millionen-Grenze; die Firma erwarb für ca. 11 Mio. $ Mitte 1995 die Firma Global Network Navigator (GNN) von O`Reilly & Associates of Berkeley, eines der ersten kommerziellen Unternehmen auf dem Netz und bekannter Produzent des Verzeichnisses Whole Internet Catalog. Parallel erwarb AOL WebCrawler, einen volltextorientierten Suchdienst, der monatlich 2000 neue WWW-Sites indexiert und wöchentlich von ca. 250 000 Nutzern abgefragt wird, WAIS Inc., einen weiteren verbreiteten Suchdienst, Medior Inc. als Anbieter von Multimedia, American Network Systems, die Internetzugang bieten sowie BookLink Technlogies, der Browser und Tools entwickelt. Die Gesamtinvestition liegt bei nahe 100 Mio. DM. Mit Verzeichnis, eigenen Inhalten, Tools und Suchmaschinen ausgestattet, kündigte AOL für den 24.8. einen eigenen Internet-Service an. Er wird kein Surferdorado sein: "...rather than figuring out the Web piece by piece...everything is provided. You just go." (The Scalzi Report v. 6.6.1995). Der Zugang zu den eingekauften bislang freien Diensten soll folgerichtig eingeschränkt werden. S. CMC Magazine v. 1.7.1995. CBS und ABC haben Verträge mit Prodigy und AOL, NBC mit Microsoft. Der Exklusivvertrag von NBC mit Microsoft war gerade Mal 4 Mio. $ wert s. DMMD v. 8. 6.1995 und 9.5.1995

51 Faz vom 21.7.1995. S. auch die 3. WWW-Survey (DMMR v. 29.6.1995), wonach 1995 nur 40 % der weitgehend amerikanischen Internetnutzer keinen privaten Onlinedienst abonniert hatten.

52 Faz v. 21.7.1995

53 FAZ v. 21.2.1995

54 Media and Marketing Daily (MMD) v. 9.6.1995

55 MMD v. 12.6.1995

56 Das IBM-Bürokommunikationsnetz schließt mittlerweile auch ca. 25 000 Kunden mit etwa 2 Mio. Benutzern ein. Insgesamt sind rund 40 % aller US-Firmen über fast immer private Computernetze mit Lieferanten und Kunden verbunden, s.Die Zeit v. 17.2.1995 S.82. Von den über 100 000 registrierten Adressen liegen nur rund 40 000 im öffentlichen Bereich des Internets, s. Internet World 1/1995 S.65

57 S. Varian, Economic FAQs About the Internet. Die in Mitte 1995 schnellste transozeanische Verbindung zwischen dem US-Konzern Sprint und dem schwedischen Königlichen Technologieinstitut operierte mit 34 Mbps, s. Business Wire 19.7.1995. Mit 155 Mbps wurden fünf Supercomputer-Zentren der USA 1995 verbunden. Entsprechend der Datendurchsatz: z.B. im März 1994 11.225 Terabytes beim NSFNet. Der Verein zur Förderung des Deutschen Forschungsnetzes (DFN-Verein) mit 365 Mitgliedern aus dem Wissenschaftsbereich incl. ca. 50 Unternehmen bedient mit seinem Netz gegenwärtig 428 Anschlüsse bei Zugangsgeschwindigkeiten von 2 Megabit pro Sekunde und transportiert ca. 2 800 Gigabytes im Monat. Der Aufbau eines Netzes mit 155 Megabit pro Sekunde Uebertragungsgeschwindigkeit, der im Juli 1995 beschlossen wurde, soll Netze der Energieversorgungsunternehmen und der Deutsche Bahn AG nutzen und diese damit neben der Telekom ins Spiel bringen.

58 San Jose Mercury News v. 28./29.6.1995. Diese Begrenzung auf 9.6k - Verbindungen gilt für eine ganze Reihe Entwicklungsländer.

59 S. NAS, Kap.3

60 Nach: auch BMBF: "Diskussionspapier zum Thema "Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen" Bonn Mai 1995, S. 1.

61 Hultzsch, H. (Telekom): Die globalinformierte Welt - Konsequenzen für die nationalen Wirtschaften. Vortrag auf der Tagung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft 1995

62 Hultzsch, H. (Telekom): Die globalinformierte Welt - Konsequenzen für die nationalen Wirtschaften. Vortrag auf der Tagung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft 1995

63 RWE verfügt mit 17 000 km Fernmeldeleitungen, davon 4300 km Glasfaserkabel über das drittgrößte deutsche Netz nach Post und Bahn.

64 FAZ v. 7.8.1995. Die drei genannten Firmen kontrollieren 87 % des Marktes für Ferngespräche.

65 Korff, a.a.O. S.4

66 S. BMBF: "Diskussionspapier zum Thema "Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen" Bonn Mai 1995, S. 2

67 Korff, G.: Multimedia Online - Die Welt am Draht? Beilage zum Medienspiegel v. 19.6. 1995

68 Hilmar Kopper, Begrüßung zur Tagung der Alfred-Herrhausen-Gesellschaft 1995 in Frankfurt

69 Nach Kleinsteuber, H. J.: Der Information Highway, in: Neues Deutschland v. 19./20.8.1995 "verkommt der deutsche Highway einmal mehr zum deutschen Sonderweg, zur technologischen wie programmlichen Sackgasse."

70 Jipguep, J.: The Global Telecommunication Infrastructure and the Information Society, Juni 1995

71 S. Varian, Economic Faqs. Nach anderen Angaben wurde das NSFNET am 13. Mai 1995 abgeschaltet, das sich - öffentlich finanziert und organisierte - unmittelbar aus dem ARPANet heraus entwickelt hatte. Für das NSFNET sollen insgesamt ca. 121 Mio.. $ Bundesmittel aufgewandt worden sein.

72 International News v. 24.-28.7.1995; Business Wire v. 28.6.1995.

73 Financial Times v. 17.7.1995

74 Singapore Business Times v. 3.7.1995

75 Ebd.

76 Roberts, M. M.: Why is the Internet so Cheap? Beitrag für die AAAS-Konferenz über "Ethical, Legal and Technological Aspects of Network Use and Abuse" v. 7.-9.10.1994. Ein 64 Kbit/sec - Anschluß am deutschen WIN kostete für eine Universität 1994 55 000 DM im Jahr, ein 2 Mbit/sec Anschluss 360 000 DM.

77 Baily, J.P.: Internet Economics: What Happens When Constituencies Collide. 28.4.1995, Vortrag auf der INET`95.

78.net 8 (August 1995) S.8

79 3. WWW-Survey, s. DMMR v. 29.6.1995.

80 Oder etwa die Forderung, "die Kosten einer Nutzung der Datenautobahn für das einzelne Individum sollten eine maximale Nutzung ermuntern, nicht aber Entfernung, Zeit oder Umfang berücksichtigen. Kurz: eine gleichmässig verbreitete Minimalgebühr um die Infrastruktur einer Grundinformation aufrechtzuerhalten - notfalls auf Subventionsbasis.", so Yerxa, S.W., Moll,M.: Commodification, Communication, and Culture: Democracy`s Dead End on the Infobahn, Government Information in Canada,1,Nr.3.2 (1995).

81 Deutsche Internetanbieter wie Xlink oder Eunet Deutschland begannen 1984 als universitäre (Drittmittel-)Projekte.

82 Internet World August 1995. DMMR v. 28.7.1995. Die Netscape Corp. wurde im April 1994 u.a. von dem Entwickler des ursprünglichen NCSA Mosaic-Programms gegründet. Der erste Netscape Browser wurde im Oktober 1994 freigegeben. Innerhalb von 8 Monaten deckte er gut 70 % des Marktes ab. Netscape kooperiert u.a. mit MCI und Novell und setzte faktisch seinen Standard als WWW-Standard. Mit dem Anschluß der privaten Onlinedienste (Compuserve u.a.) an das Internet-WWW ist dieser Anteil freilich stark gesunken. Sein einziger Konkurrenz ist Spyglass, das mit AT&T, Digital Equipment und Microsoft kooperiert. Netscape Communications Corp. ging im August 1995 bei einem Jahresumsatz von knapp 16 Mio. DM an die Börse. Der ursprünglich auf 13 $ festgelegte Stückpreis der Aktien stieg zur tatsächlichen Eröffnung des Handels auf 71 $. Rund 14 Mio. Aktion wurden gehandelt, der Kurswert bei Börsenschluss von 58,25 $ gab dem Unternehmen einen Marktwert von über 2 Mrd. Dollar, - fast halb so viel wie der Preis der wenige Tage zuvor verkauften traditionsreichen, großén Fernsehgesellschaft CBS! Vgl. FAZ v.12.8.1995.

83 Sie wurden für 1995 auf ca. 200 Mio. $ in den USA geschätzt, New York Times v. 26.6.1995. 1994 waren es gerade 42 Mio. $.

84 International News v. 24.-28.4.1955

85 International News 24.-28.4.1995. Der San Jose Mercury News als eine der ältesten und bekanntesten elektronischen Zeitungen auf dem Netz hatte Mitte 1995 gerade 3 500 zahlende AbonnentInnen (4,95 $ Kosten im Monat). Sie bringen es auf rund 300 000 "Zugriffe".

86 Wall Street Journal v. 27.3.1995

87 DMMR v. 3.8.1995

88 B. Brecht: Der Rundfunk als Kommunikationsapparat (1932)

89 Toronto Globe and Mail v. 12.5.1995

90 S. GVU: 3.WWW User Survey. Nur 10,5 % der Befragten nutzten das WWW für Shopping. Eine weitere Analyse der Interactive Publishing Alert (IPA), die 1995 300 Frauen befragte, die unterschiedliche Online-Anbieter abonniert hatten, ergab ähnliches: nur 20 nutzten sie für finanzwirksame Transaktionen; 64 % erklärten, niemals etwas über das Netz gekauft zu haben

91 P. Glotz u.a.: Informationsgesellschaft - Medien und Informationstechnik. Eckwerte-Papier v. 19.7.1995

92 Hier geht es natürlich grundsätzlich um die Eigentumsproblematik: "Wenn ich Dateien aus Deinem Büro stehle", wird in der NAS-Studie (Kapitel 5) ein Diskutant referiert, "dann weißt Du dass ich sie gestohlen habe, Wenn ich, andererseits, sie einfach kopiert habe, ist das Gesetz keineswegs so klar, ob ich etwas gestohlen habe. In einer Computerumgebung, kann ich alle Informationen auf Deinem Computer stehlen, Du weißt es nicht und Du hast weiterhin aller Informationen." Netzcomputer werden hier gleichsam als Kopiergeräte mit beträchtlichen Verteilungsmöglichkeiten angesehen. Die unautorisierte Manipulation von Computern in der Absicht, Files zu betrachten, zu replizieren oder zu manipulieren konstituiert demgegenüber nach Ansicht der NAS-Studie den kriminellen Vorgang.

93 Mastercard und Eurocard haben Netscape als Partner, Visa MSN, American Express AOL. Amex hat Konsumdaten von 35 Millionen Kartenkunden, AOL kooperiert in der BRD mit Bertelsmann, dessen Buchclub 30 Millionen Kunden angehören.

94 New York Times v. 11.4.1995

95 S. FAZ v. 20.7.1995

96 Siehe Amex

97 Netsurfer Digest v. 3.7.1995.Diese zahllosen Vorgänge hinterlassen Datenspuren, die das Kaufverhalten transparent machen. Bei anonymen Debitcards werden zinslose Kredite gegeben. Die Entwicklung von Cybercash als elektronischer Währung geschieht, ohne dass irgendeine Kontrolidee hinsichtlich Geldmenge, Konvertibilitätsprüfung u.ä. existiert.

98 Business Wire v. 27.6.1995. Die Adresse: Oktoberfest

99 So eine Schätzung der Forrester Group, s. DMMR v. 25.7.1995

100 Wall Street Journal v. 10.4.1995. Werbung bei MSN beginnt bei 7500 $ monatlich

101 Doyle, P.a.u.: The WWW and Ist Implications in a Democratic Society. Vortrag auf der INET`95, s. http://inet.nttam.com

102 S. Wall Street Journal 21.6.1995. Zu erwähnen ist, dass der Zugriff auf Grafiken z.B. auf einer WWW-Page als je einzelner Zuugriff zählt.

103 So das Programm I-WIre der Edelman Public Relations, s. DMMR v. 19.6.1995

104 In einer legendären Internet-Jagd bekamen die Teilnehmer von einem CIA-Angestellten nichts als eine private E-Mail-Adresse und ermittelten in kurzer Frist nur aus offenen Quellen 148 weitere personenbezogene Informationen.

105 Nötig ist statt dessen eine neue Allianz von Datenschutz und Technologie, welche die alte Praxis des Sich-Verlassens auf normative Vorgaben ablösen muß. Die Verarbeitung personenbezogener Daten muß möglichst ausgeschlossen werden, um die Anonymität der Datensubjekte wieder herzustellen. Daher müssen die legitimen staatlichen Eingriffsfelder genau definiert werden und ebenso jene Felder, wo diese Eingriffe nicht zulässig sind. Natürlich müssen die Position der Datenschutzbeauftragen und des betrieblichen Datenschutzes gestärkt werden. Was wird aus der Kontrollbefugnis des Bundes-Datenschutzbeauftragten für den Post- und Fernmeldebereich nach der Privatisierung? Welche grenzüberschreitenden Datenschutzkontrollinstanzen gibt es?

106 Steve Krause, Verfasser einer 1995 veröffentlichten WWW-Studie der SRI-International, s. MMD v. 12.6.1995

107 c`t 9/1995 S.144

108 3. WWW-Survey, s. DMMR v. 29.6.1995

109 MMD v. 12.6.1995. Neben den GVU-Umfragen werden zukünftig die Angaben der Yahoo-NutzerInnen wesentlich sein; Anfang August 1995 waren 17 % der 64 000 Antwortenden weiblich.

110 Matrix News April 1995. Niedriger dagegen der Frauenanteil in der Internetumfrage von Mike Perry (1955) bei kleinem Sample von 572 Personen: er lag bei 19,8 %. Die WWW-Umfrage von .M.Rissa u.a. vom Dezember 1994 bis Januar 1995 (554 Antworten) ergab einen Frauenanteil von nur 10,2 %

111 Wall Street Journal v. 10.5.1995

112 Inter Press Service 19.7.1995; S.Nativeweb sowie Crawford,S. und K.: Self-Determination in the Information Age. Vortrag auf INET 95`.

113 3. WWW-Survey, s. DMMR v. 29.6.1995

114 MMD v. 12.6.1995

115 3. WWW-Survey, s. DMMR v. 29.6.1995. Dem unterliegt die Verteilung der Hardware auf Einkommensgruppen: nach dem US-Zensus für 1993 hatten nur 15 % der Familien mit einem Einkommen unter 20 000 $ einen Computer, dagegen 74 % der Familien mit einem Einkommen von über 75 000$. S. Lake, A.: Direct Democracy, Crossroads 1.4. Mai 1995

116 MMD v. 12.6.1995

117 S. die Analyse der Forschungsgruppe "Medienkultur und Lebensformen", Projekt Kultur und elektronische Kommunikation, Universität Trier.Die Internetumfrage von M. Perry (1955) ergabe einen Anteil von 5,6% Blue Collar und 23,4 % Student, 68 % Professional. Unter den 64 000 Personen, welche die Yahoo-Umfrage beantworteten, waren Professional/Managerial 42 %, Student 23 %, Technical 19 %, Academic 8 % und "Other" gerade 8 %

118 3. WWW-Survey, s. DMMR v. 29.6.1995

119 3. WWW-Survey, s. DMMR v. 29.6.1995

120 3. WWW-Survey, s. DMMR v. 29.6.1995,

121 SieheMroy

122 Vgl. auch Townhall

123 Cox News Service v. 10.5.1995

124 International News v. 1.-4.8.1995

125 Yerxa, S.W., Moll,Mariita: Commodification, Communication, and Culture: Democracy`s Dead End on the Inforbahn, Government Information in Canada,1,Nr.3.2 (1995)

126 P. Glotz u.a.: Informationsgesellschaft - Medien und Informationstechnik. Eckwerte-Papier v. 19.7.1995. Oder in den Worten des baden-württembergischen Landesbeauftragten für Technologietransfer Prof. Löhn "Es werden Dienste kommen, es wird die Technik kommen, ob wir wollen oder nicht. Da ist nichts mehr zu steuern, da kann man nur noch den Kopf einziehen, wenn man da sozusagen nicht weiß, wo man langgeht. Das ist also gelaufen...Also, ich würde da sage, macht Begleituntersuchungen, aber stört uns nicht beim Arbeiten." So gesprochen auf der 4. Sitzung der Enquetekommission "Entwicklung, Chancen und Auswirkungen neuer Informations- und Kommunikationstzechnologie in Baden-Württemberg" am 10.3.1995, Protokoll S.21f.

127 "Wichtig wird sein, daß die informationelle Grundversorgung und Selbstbestimmung ermöglicht wird, damit alle Bürger den Zugang zu den neuen Informationsdiensten erhalten. Soziale Verwerfungen, wie das Entstehen von Zwei-Klassen-Gesellschaften (information-haves and -have not) sollten verhindert werden." S. BMBF: "Diskussionspapier zum Thema "Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen" Bonn Mai 1995, S. 26

128 S. BMBF: "Diskussionspapier zum Thema "Informationsgesellschaft - Chancen, Innovationen und Herausforderungen" Bonn Mai 1995, S. 26. Auch in diesen kargen Bemerkungen zeigt sich die Akzentuierung auf Lokalpolitik.

129 Rat für Informationsgeellschaft, Arbeitsgruppe C, S.9f.Auch P. Glotz u.a.: Informationsgesellschaft - Medien und Informationstechnik. Eckwerte-Papier v. 19.7.1995 behandelt im Abschnitt über "Neue Formen der politischen Kommunikation" nur die elektronische Selbstrepräsenantion vorhandener Staatsapparate, mit der bemerkenswerten Ausnahme des Parlaments. Die Rolle elektronischer politischer Kommunikation bei zivilgesellschaftlichen Selbstorgaisationsprozessen kommt nicht vor.

130 Rüttgers, J.: Politikfähigkeit, a.a.O.

131 Rüttgers, J.: Politikfähigkeit, a.a.O. Derlei Ausführungen des Ministers sind um so bemerkenswerter, als sie jede zusätzliche praktische Bemerkung über die demokratische Einbindung des Parlaments in Netze vermissen lassen.

132 Christian Science Monitor v. 19.6.1995

133 S. Pressemitteilung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung vom 16.5.1995

134 NAS, Kapitel 4.

135 FAZ v. 13.6.1995

136 Einführung der Programmblock-Technik in TV-Geräte durch HR 1555 am 4. August 1995.

137 Der Transfer pornografischer Bilder machte 1995 rund 3 % der USENET-Sendungen aus, siehe Washington Post v. 28.6.1995. Das PC-Programm Surfwatch kann - ähnlich wie das Programm Cybersitter - bis zu 1000 Adressen blockieren. Die Firma liefert Updates pornographischer Fundstellen auf dem Netz. Compuserve warf mit Beginn dieser Diskussion "Internet in a Box for Kids" auf den Markt. Kinder werden automatisch (!) AbonnentInnen von Compuserves KidNet. AOL richtete ab September 1995 einen vergleichbaren Closed Shop for Kids ein: KIDS ONLY. Uebrigens warnte der Vatikan die italienischen Jugendlichen: Sex sei schlimm, Cybersex "noch schlimmer" (La Stampa v. 11.5.1995).

138 Für den Besitz solcher Pornographie, die er sich über das Netz geholt hatte, wurde im Frühjahr 1995 in Los Angeles ein Mann verurteilt, s, New York Times v. 19.5.1995

139 International News v.24.4.-28.4.1995. Sollten Pornoprovider aus Polen zukünftig an der Oder festgenommen werden? Gibt es ein Recht auf unschuldige Datenpassage?

140 Letzteres ist natürlich der problematische Point aller Ueberwachung - von einem Schutz der Gesellschaftskommunikation vor staatlicher Offenlegung ist da nicht mehr die Rede. S. die Uebersicht von Cranor, L. F.: Digital Libraries. Free Speech and Privacy under Attack in Cyberspace, in: Crossroads 1.4. Mai 1995. Die schleppende Entwicklung des Projekts hängt mit der Kritik der Industrie zusammen, z.B. von CommerceNet. Oder ob Clipper mit den Steuerung auf virtuelle Geschäfte zusammenhängt?

141 Thompson, B.: Watching the virtual detectives, in: .net 8 (Juli 1995) S.21.

142 Wall Street Journal v. 26.5.1995

143 Generell muß als Leitsatz gelten, dass nicht der Netzbetreiber, sondern der einzelne Teilnehmer oder Moderator verantwortlich ist und die allgemeine Zensurfreiheit des Brief- und Telephonverkehrs gilt.

144 Zitiert nach: Cranor, L. F.: Digital Libraries. Free Speech and Privacy under Attack in Cyberspace, in: Crossroads 1.4. Mai 1995

145 Das nach dem langsam sprechenden großonkelhaften Senator aus Nebraska James Exon - der nach eigenem Bekunden noch nie auf dem Internet war, aber "seine Verwandlung in einen Rotlichtdistrikt" verhindern möchte - benannte Gesetz wurde nur in abgeschwächter Form verabschiedet, s. FAQ Communications Decency Act v. 26.7.1995 sowie Cranor, L. F.: Digital Libraries. Free Speech and Privacy under Attack in Cyberspace, in: Crossroads 1.4. Mai 1995. Bemerkenswert Newt Gingrichs Kritik des Gesetztes:"It is clearly a violation of free speech and it`s a violation of the right of adults to communicate with each other." (Feed, 1995)

146 MMD v. 14.6.1995

147 Asian Wall Street Journal 10-16.7.1995; Financial Times v. 10.7.1955.

148 Hwa Ang, Peng, Nadarajan, Berlinda: Censorship and Internet: a Singapore Perspective, Vortrag auf der INET `95 v.4.5.1995.

149 S. Yerxa, S.W., Moll,Mariita: Commodification, Communication, and Culture: Democracy`s Dead End on the Inforbahn, Government Information in Canada,1,Nr.3.2 (1995). Dieser Punkt ist natürlich weit wesentlicher, denn im Falle der privaten On-line-Dienste gilt: "Es ist völlig klar, daß da sämtlicher Netzverkehr gespeichert wird"[K. Plehwe, Unternehmensberaterin, lange bei Microsoft Deutschland mit der Erstellung eines zentralen Datenmaterials befasst, zu MSN, s. Die Zeit v. 16.6.1995)

150 S. NAS, Kapitel 3. Hierzu gehört auch das Recht und die Möglichkeit die Löschung unzulässiger Datenspeicherungen durchzusetzen, das Recht und die Freiheit zur Verschlüselung

151 Bislang war die Telekom verpflichtet, überall zu gleichen Preisen Telephonleistungen anzubieten. Wenn 1998 der Wettbewerb unter den Telekommunikationsanbietern eingeführt wird, wird dies offen. Wer und wie wird dies gewährleisten? Bislang ist nicht geplant, dass alle diese Versorgung finanzieren. Eine bemerkenswerte Ausnahme in der Diskussion um den Charakter dieser Grundversorgung ist die Bemerkung in P. Glotz u.a.: Informationsgesellschaft - Medien und Informationstechnik. Eckwerte-Papier v. 19.7.1995, dass nicht nur Einkommen, sondern auch "Wohnort und ethnische (r) Zugehörigkeit" diskriminierende Variablen eines Nutzzugangs sind. Ungeachtete der Rede von Dezentralität sind die geläufigen Kommunikationsmodelle der Informationsgesellschaft ausschließlich auf urbane Verhältnisse zentriert. Was das angeblich so völkerverbindende Internet mit den Millionen Ausländern in diesem unseren Land zu tun hat, ist den zahllosen Programmpapieren keine einzige Zeile wert. Das o.g. Papier stellt die weitere wichtige Frage: "Welches sind überhaupt grundlegende Informationen, für deren Verteilung die öffentliche Hand die Verantwortung übernehmen sollte, und wer darf dies festlegen?" - ohne sie zu beantworten.

152 Ansonsten würden Kommunen an Unternehmen, die zuvor zur Verlegung ihrer Kabel die städtischen Strassen aufgehackt haben, auch noch Geld für die Einspeisung ihrer Kommunalinformationen bezahlen müssen.

153 Klein, Hans K.: Grassroots Democracy and the Internet: The Telecommunications Policy Roundtable - Northeast USA (TPR-NE), Beitrag auf der INET`95. 10.5.1995

154 So die sukzessive Restriktion des Rechts auf öffentliche Rede in privaten Shopping Malls, Flugplätzen, Bahnhöfen oder Postämtern, s. Nation v.3.6.1995

155 Beeindruckend hierzu der Beitrag von Karen Doyle: ACCESS: Not Just Wires, CPSR-Treffen San Diego 8.10.1994. Siehe als aktuelles Beispiel hierzu die eingangs zitierte Schreibweise des Lawrence Livermore National Laboratory als Laurence Berkley Laboratory im Werbeprospekt der Telekom.

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