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Herbstakademie |
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Haus & Hof |
Herbstakademie des BdWi und der FIB Programm
1989-1996 im Centro Interculturale Villa Palagione (Italien) Seit
1989 bildet die jeweils Ende August/Anfang September in
der Toskana stattfindende "Herbstakademie"
einen festen Bestandteil unseres Angebotes an
politisch-wissenschaftlichen Veranstaltungen, die auch
dem Bereich der politischen Bildung zugeordnet werden
können. Sie versuchen, sowohl dem Interesse an
wissenschaftlichen Inhalten und politischen Diskussionen
als auch dem Bedürfnis nach kulturellen Erlebnissen und
sozialen Begegnungen -in erster Linie natürlich mit der
Kultur und Bevölkerung des Gastlandes - Rechnung zu
tragen. * Veranstaltungsort ist das "Internationale Kultur- und Bildungszentrum `Villa Palagione'" in Volterra. * Die
Dauer der Veranstaltungen beträgt jeweils sieben
Tage. Davon sind fünf Tage für die Absolvierung des
Seminarprogramms vorgesehen. Ein Tag steht für
kulturhistorische Exkursionen zur Verfügung. Zu
unserer Zielgruppe gehören Intellektuelle im
weiten Sinne, mithin Personen, die organisierende
Funktionen auf den den Gebieten der Produktion, der
Kultur sowie im politisch-administrativen Bereich
ausüben: neben politisch engagierten
WissenschaftlerInnen auch FunktionärInnen und
wissenschaftliche MitarbeiterInnen der Gewerkschaften,
Parteien, Verwaltungen, Parlamente und Verbände. Bei
den Referenten und Referentinnen der
Herbstakademie handelt es sich durchweg um fachlich
exzellente und didaktisch qualifizierte
HochschullehrerInnen und -dozentInnen. Die FIB und der
BdWi haben die Möglichkeit, unmittelbar auf die
Kompetenz von ca. 1500 WissenschaftlerInnen
zurückgreifen zu können, die an fast allen Hochschulen
der Bundesrepublik auf den unterschiedlichsten
Fachgebieten lehren und forschen. Zu den Kontakten beider
Einrichtungen gehören auch solche internationaler Art,
die für die Einbeziehung von ReferentInnen u.a. aus dem
Gastland genutzt werden können und seit 1995 auch
genutzt werden.
Zu des bisherigen ReferentInnen gehörten u.a.: Prof. Dr. Johannes Agnoli Prof. Dr. Klaus Traube, Prof. Dr. Christiane Floyd, Prof. Dr. Wolfgang Bergsdorf, Prof. Dr. M. Bujatti, Prof. Dr. Lars Clausen, Prof. Dr. Elmar Altvater, Prof. Dr. Wolfgang Krohn, Dr. Gudrun Trautwein-Kalms, Prof. Dr. Frank Deppe, Prof. Dr. Reinhard Kühnl, Prof. Bernhelm Booß-Bavnbeck, Prof. Dr. Georg Bollenbeck, Prof. Dr. Andreas Dress, Prof. Dr. Georg Auernheimer, Prof. Dr. Irene Dölling, Prof. Dr. Doris Janshen, Prof. Dr. Ursula Link-Heer, Prof. Dr. Reinhard Mocek, Prof. Dr. Heinz Thoma, Prof. Dr. H.-J. Krysmanski, Dr. Christa Franke, Dr. Günter Küppers, Prof. Dr. Hans Poerschke, Prof. Dr. Clemens Knobloch, Prof. Dr. Jörg Huffschmid, Dr. Manfred Lauermann, Prof. Dr. Martin Robbe, Prof. Dr. Dieter Boris, Dr. Susanne Enderwitz, Dr. Helga Kotthof, Dr. Sabine Kebir, Dr. Rainer Hohlfeld, Dr. Klaus Dörre, Prof. Dr. Bernd Lutterbeck, Dr. André Leisewitz, Dr. Jupp Asdonk, Dr. Hans-Joachim Uth, Prof. Dr. Karin Rührdanz, Dr. Benno Wagner, Dr. Paul Oehlke, Dr. Kurt Hübner, Dr. Dieter Kramer, Dr. Michael Weingarten, Dr. Klaus Peters, Dr. Joachim Spangenberg, Dr. Ulla Peters, Dr. Christoph Spehr, Dr. Hermann Bömer, Renato Cecci, Prof. Dr. Jutta Held, Dr. Klaus Peters u.a. Hinsichtlich
der Vermittlungsformen orientieren wir uns - der
Herkunft der ReferentInnen und dem Bildungshintergrund
der meisten TeilnehmerInnen entsprechend - an der
Ausbildungspraxis der Hochschulen. Der Stoff wird in
sieben bis zehn Seminareinheiten dargeboten. Ein etwa
einstündiger Vortrag, der sich der üblichen Lernmedien
bedient, führt jeweils in den Themenbereich ein.
Anschließend stehen etwa zweieinhalb Stunden (abzüglich
einer zwanzigminütigen Pause) für Nachfragen und
Diskussion zur Verfügung. Die TeilnehmerInnen erhalten
zwei Monate vor Beginn der Veranstaltung einen
umfangreichen Reader mit Literatur zum Thema für die
Vorbereitung der Seminare. Darüber hinaus werden sie
gebeten, ausgehend von ihren beruflichen Erfahrungen und
Kenntnissen selbst kleine Beiträge zum jeweiligen
Themenbereich vorzubereiten, die entweder im Rahmen der
Seminareinheiten oder auf fakultativen
Abendveranstaltungen präsentiert werden können. Allgemeine Tagungszeiten: vormittags: 9.00 - 12.30 - nachmittags: 15.30 - 19.00 zusätzliche
Abendveranstaltungen: 20.30 - 22.00 Die FIB wurde vom Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung als Trägerin von Bildungsurlaubsveranstaltungen anerkannt. 1989:Wissenschaft und Risiko Nahezu in allen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen, politischen Konflikten und kulturellen Neubewertungen der 80er Jahre spielt der Begriff des `Risikos' eine zentrale Rolle. Wo Namen wie Tschernobyl, Sandoz, SDI oder Challenger sich in Synonyme für naturwissenschaftlich-technische Fehlbarkeit und für technische Desaster verwandeln und die stalinistische Diskreditierung sozialistischer Konzeptionen und Theorien die Legitimität der Sozialwissenschaften unterminiert, gilt Wissenschaft als Sicherheitsproblem. Das entstandene Vergesellschaftungsniveau der Probleme erlaubt nur noch eine demokratische, sozialstaatlich-ökologische, friedensorientierte und risikominimierende Wissenschafts- und Technikpolitik. In den 90er Jahren fallen zentrale Entscheidungen: über Energieversorgung, Wasser- und Meeresschutz, die Entwicklung einer neuen Bodenpolitik, die Umgestaltung der Landwirtschaft und dergleichen mehr. Wie läßt sich dies verknüpfen mit einer Politik, die zielt auf die Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit, die Neustrukturierung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktsregulierung im europäischen Rahmen, die Finanzierung des sozialen Netzes, die Durchsetzung einer stetigen Abrüstung und Rüstungskonversion, die Entwicklung menschengerechter und persönlichkeitsfördernder Arbeit, die Ökologisierung der Produktion, die Beseitigung patriarchalischer Verhältnisse, die Veränderung und Demokratisierung nicht nur der politischen Kultur? Das Seminarprogramm: * Sonntag: - Vormittags: Prof. Dr. Klaus Traube: Risikopotentiale in modernen Gesellschaften. Zur Einführung. - Nachmittags: Dr. André Leisewitz: Risiken im Wissenschaftssystem. * Montag: - Vormittags: Prof. Dr. Bernhelm Booß-Bavnbeck: Natursystem und Produktivkräfte. - Nachmittags: Dr. Klaus Dörre: Anmerkungen zu einer Soziologie der Katastrophen. * Dienstag: - Vormittags: Prof. Dr. Lars Clausen: Konflikte in der Risikogesellschaft. - Nachmittags: Dr. Rainer Hohlfeld: Die Risiken der Gentechnologien. * Mittwoch: - Vormittags: Prof. Dr. Bernd Lutterbeck: Restrisiken in der Informationstechnik. - Nachmittags: Dr. Hans-Joachim Uth: Über Sicherheitsphilosophien, Sicherheitskonzepte und Störfallverordnungen. * Donnerstag: - Vormittags: Dr. Jupp Asdonk: Was heißt sozialverträgliche Technikgestaltung? - Nachmittags : Prof. Dr. Gudrun Trautwein-Kalms: Zum Zusammenhang von Technikgeneseforschung, Techniksteuerung und Technikfolgenabschätzung. * Freitag: -
Kulturhistorische Exkursionen unter der Leitung von Dr.
Antonella Stillitano. 1990:
"Ende
der Geschichte?" Das Konzept des "Post-Histoire" gehört mittlerweile zu den approbierten Deutungsangeboten des gegenwärtigen Weltzustands. Der Zusammenbruch des Sozialismus scheint seine zentralen Thesen praktisch zu bestätigen und denen Recht zu geben, die den Abschied von der Utopie verkünden. Ist die Geschichte mit dem Sieg der Marktwirtschaft und der mit ihr verbundenen politischen und kulturellen Organisationsformen tatsächlich ins Ziel gekommen, so daß jede zukünftige Bewegung nur noch als ein "Treten auf der Stelle" sich vollziehen kann? An welchen Maßstäben muß Gesellschaftskritik sich heute orientieren? Zu fragen ist nach dem Charakter des gegenwärtigen welthistorischen Umbruchs und nach seinen Konsequenzen für das politische und moralische Handeln. Das Seminarprogramm: * Sonntag: - Vormittags: Prof. Dr. Georg Auernheimer: Die Geschichte neu denken - eine Übersicht über die aktuelle geschichtsphilosophische und politiktheoretische Diskussion. - Nachmittags: Prof. Dr. Reinhard Kühnl: Die Intellektuellen zwischen Ratlosigkeit, unglücklichem Bewußtsein und neuer Definitionsmacht. * Montag: - Vormittags: Prof. Dr. Reinhardt Mocek: Gesellschaftsgeschichte und sozialhistorische Verarbeitung politischer Umbrüche in den Gesellschaftswissenschaften der ehemaligen DDR. - Nachmittags: Prof. Dr. Hans Jürgen Krysmanski: Zum Begriff "moderne Gesellschaft" * Dienstag: - Vormittags: Dr. Manfred Lauermann: Soziale Systeme und Mensch - System ohne Subjekt? - Nachmittags: Dr. Christa Franke: Was ist Individualität - Individuen und Krise der Zivilisation. * Mittwoch: - Vormittags: Prof. Dr. Irene Dölling: Geschlechtspezifische Verarbeitung gesellschaftlicher Krisen. - Nachmittags: Prof. Dr. Frank Deppe: Subjekt und Politik. * Donnerstag: - Vormittags: Prof. Dr. Doris Janshen: Hat die Technik ein Geschlecht? Zur patriarchalischen Prägung der technischen Zivilisation. * Freitag: - Kulturhistorische Exkursionen unter der Leitung von Dr. Antonella Stillitano 1991: Islam - Orient -
Nord-Süd-Konflikt Bei der Beziehung zwischen Orient und Okzident ging es immer um eine der "Macht und der Dominanz und zu verschiedenen Graden eine solche der komplexen Hegemonie" (Edward Said). Vor allem die Diskussionen im Gefolge des Golfkrieges sind geprägt von der Gegenüberstellung westlicher Zivilisation und islamischer Anti-Zivilisation. Mit dem neuen Feindbild des Anti-Islamismus, der bei der Austragung des Nord-Südkonfliktes auf dem ideologischen Terrain in Zukunft wohl noch eine große Rolle spielt wird, wird große Politik gemacht. Eine moderne Form des Rassimus - nun nicht mehr biologistisch, sondern kulturalistisch begründet - macht sich breit. Darum die Wahl des vorgenannten Themas und die Einladung an ExpertInnen aus Orientalistik, Geschichtswissenschaft, Soziologie, Kuntsgeschichte und Ökonomie, auf der Herbstakademie über das Profil und die Geschichte des Islam, sein Verhältnis zu Staat und Demokratie, die Herausbildung zivilgesellschaftlicher Elemente in den Ländern der betreffenden Region, die Lage der Frauen im Orient und die ökonomische Dimension der Konfliktstruktur im Nahen Osten einzuführen und zu diskutieren. Das Seminarprogramm: * Sonntag: - Vormittags: Prof. Dr. Mohsen Massarat: Die Geschichte des Islam und seine Hauptströmungen. - Nachmittags: Prof. Dr. Baber Johansen: Der Fundamentalismus als eine politische Strömung des Islam. * Montag: - Vormittags: Prof. Dr. Martin Robbe: Der Islam - erneut Weltmacht? - Nachmittags: Prof. Dr. Gernot Rotter: Islam, Staat und Demokratie. * Dienstag: - Vormittags: Dr. habil. Sabine Kebir: Die Herausbildung zivilgesellschaftlicher Elemente in den islamischen Ländern am Beispiel Algeriens - Nachmittags: Dr. Susanne Enderwitz: Zur Situation der Frauen in der islamischen Kultur und Zivilisation. * Mitwoch: - Vormittags: Prof. Dr. Karin Rührdanz: Islam und Kunst. - Nachmittags: Dr. Hans-Georg Müller: Öl-Politik und ökonomische Entwicklung der arabischen Welt. * Donnerstag: - Vormittags: Dr. habil. Reinhart Kössler: Nord-Süd-Konflikt und Gefahren eines neuen Rassismus. - Nachmittags: Dr. Cherifa Magdi: Zur Situation der Frauen aus arabischen Ländern in der Bundesrepublik. * Freitag: -
Kulturhistorische Exkursionen unter der Leitung von Dr.
Antonella Stillitano 1992:
Sprache -
Macht - Politik Politische
Sprache greift auf Leerformeln zurück und wird
reflexartig verwendet. Damit kommt der Verdacht auf, sie
verdunkele die Absichten der Herrschenden. Diese Klage
soll auf der diesjährigen Herbstakademie nicht erneuert
werden. Vielmehr geht es darum, die Macht der Medien und
die Medien der Macht in ihrer Verschränkung zu
untersuchen. Damit sind Themen und Relevanzsysteme,
Sprachregelungen und Wertungsdispositionen gemeint, die
medial imprägniert werden. Daß die Sprache als
Indikator von Verhältnissen und als Faktor in ihnen
wirkt, ist hinlänglich bekannt. Die Frage ist, ob nicht
mit den Erfahrungen zweiter Hand heterogene Angebote
einer kommunikativen Vergesellschaftung entstehen, die
unterschiedliche programmatische Identitäten -
funktional homogen - langfristig bereitstellen, oder ob
kurzfristig Ereignisse medial herausgestellt oder
verdrängt werden. Schließlich können wir ja täglich
beobachten, wie diskursive Tabus, Geßler-Hüte, rituelle
Zwänge und flexible moralische Bewertungen verbindlich
gemacht werden. Welche diskursiven Codierungen werden
dazu eingesetzt? Worin besteht die Eigenmacht der
Diskurse, wie verändern sie sich - wie können sie
verändert werden? Das Seminarprogramm: * Montag: - Vormittags: Dr. Benno Wagner: Politische Semantik. Ein diskursanalytischer Rückblick. - Nachmittags: Prof. Dr. Ursula Link-Heer: `Saddam = Hitler'; `Milosevic = Milosevic'? Über den Waffendienst der Intellektuellen an der historischen Analogie. * Dienstag: - Vormittags: Prof. Dr. Wolfgang Bergsdorf (Ministerialdirektor im Bundespresseamt / Berater des Bundeskanzlers) und Prof. Dr. Dieter Schlenstedt (ehemalige Akademie der Wissenschaft der DDR / Präsident des Pen-Ost): 60 Minuten Round-table-Gespräch: "Kautschuksemantik und Routinerhetorik." Gesprächsleitung: Prof. Dr. Georg Bollenbeck - Nachmittags: Prof. Dr. Hans Poerschke: Die östliche Medienwende * Mittwoch: - Kulturhistorische Exkursionen unter der Leitung von Dr. Georg Ahrweiler * Donnerstag: - Vormittags: Prof. Dr. Heinz Thoma: Implizit drohen. Strategie, Taktik und Semantik in der FAZ. - Nachmittags: Prof. Dr. Clemens Knobloch: Vom Ende zum Anfang. Gegen die Sprachlosigkeit der Linken. * Freitag: -
Vormittags: Dr. Helga Kotthoff: Machtvolle
Gesprächsstile. Konversationelle Statushandlung in
öffentlichen Gesprächen. 1993: Markt und Moderne Die Frage nach der Modernität" und "Zukunft des Marktes" hat nach dem Zusammenbruch der realsozialistischen Planökonomien und der gegenwärtigen Krise der marktradikalen Modelle in den aktuellen politischen Diskussionen einen zentralen Stellenwert bekommen. Gestritten wird über die ökonomische Effizienz des Marktes und die zivilisatorische Potenz der mit ihm verknüpften Formen der Vergesellschaftung, über die Rationalität des fraglichen Regulierungsprinzips und deren Grenzen. Es geht in diesem Kontext nicht zuletzt um die Neubestimmung des Verhältnisses von Ökonomie und Politik, die Vergewisserung des Zusammenhangs zwischen Marktverhältnissen und den Strukturen der zivilgesellschaftlich-kulturellen Sphäre und die Beziehungen zwischen Individualiät und Kollektivität. Verschärft stellt sich angesichts der globalen Zivilisationskrise die Frage nach den Prinzipien der Selbstorganisation komplexer Gesellschaften: Werden die gesellschaftlichen Lebensverhältnisse in Marktökonomien unvermeidlich einer unkontrollierbaren und ruinösen Entwicklungsdynamik unterworfen oder sind in ihnen demokratische und wirksame Steuerungsformen denkbar? Macht die Rede von einer "ökologischen" Marktwirtschaft überhaupt einen Sinn? Welche Perspektiven sind dem östlichen Transformationsprozeß beschieden? Welche Mitverantwortung tragen die metropolitanen Akkumulations- und Lebensmodelle für die soziale Ungleichheit zwischen dem `Norden' und dem `Süden', dem `Westen' und dem `Osten'? Die Herbstakademie will es den TeilnehmerInnen ermöglichen, sich den Gegenstand "Markt" in zehn Seminarveranstaltungen in seinen unterschiedlichen Aspekten anzueignen: - die historische Dimension des Marktes - die Realität des Weltmarktes und die ökonomische Dimension des Nor-Süd-Konfliktes - das Verhältnis von Ökonomie und Politik am Beispiel der aktuellen Diskussion um die Industriepolitik - Weltmarktkonkurrenz, neue Produktionskonzepte und Antworten der Gewerkschaften auf die Veränderungen in der Arbeitswelt - Die neuere theoretische Diskussion um Steuerung und Selbstorganisation ökonomischer Prozesse (systemtheoretische, chaostheoretische, handlungstheoretische usw. Modelle) - Marktprozesse und Kulturprozesse - die
Transformation der ehemaligen realsozialistischen
Planökomien Das Seminarprogramm: * Sonntag: Vormittags: Prof. Dr. Dieter Boris (Marburg): Markt und Moderne - historisch betrachtet War
der Marktzusammenhang in der langen Periode seiner
Entstehung (ca. 13. Jahrhundert bis 18. Jahrhundert)
immer und nur ein zivilisatorischer Fortschritt, eine
Stufe der Erhöhung des allgemeinen Bildungsniveaus, eine
alle Lebensbereiche umfassende Rationalisierung,
Verbesserung der Lebensbedingungen im Allgemeinen? Sind
seine irrationalen verschwenderischen, antihumanen Seiten
nicht sogleich (nicht erst im 19. Jahrhundert) sichtbar
geworden? Aber gab es überhaupt historische
Möglichkeiten und Knotenpunkte der Entwicklung, in denen
darüber nachgedacht und entsprechend entschieden werden
konnte? Sicherlich gab es solche Barrieren der
ökonomischen Entwicklung in den genannten fünf
Jahrhunderten, denn sonst wäre es unverständlich, daß
die marktwirtschaftliche Produktionsweise erst so spät
zur dominanten und gesellschaftlich prägenden Form der
Produktion werden konnte. Nachmittags: Dr. Peter Wehling: Die Moderne als Sozialmythos. Ein
Gespenst geht um in Europa - das Gespenst der
Modernisierung. Unablässig modernisiert die Moderne sich
selbst, überall lauern neue Schübe funktionaler
Differenzierung, und immer schneller brechen sich
evolutionäre Prozesse der Rationalisierung von
Handlungssphären Bahn. Wer glaubt daran - und warum? Und
über welche Krisen versucht die Moderne sich und ihre
soziologischen Interpreten hinwegzutäuschen? * Montag Vormittags: Dr. Manfred Lauermann (Bielefeld): Implosion des Marktes. Eine Analyse des Scheins kapitalistischer Modernität. Der
Übergang vom Sozialismus zum Kapitalismus provozierte
eine gehaltvolle theoretische Innovation: die Anerkennung
des Marktes. Gleichzeitig warf die Beschreibung der
Defizite des realen Sozialismus ein dunkles Licht auf das
überlebende System: Metaphern wie "die Lichter des
Marktes verlöschem" (Kurz) belegen den
unaufgeklärten Zustand. Meine These ist: die ähnlichen
Prozesse der Markt-Negierung zerstören längst, wenn
auch zeitlich verschoben, die Soziale Marktwirtschaft.
Die Forderungen der Linken hingegen haben diesen
Zerfallsprozeß aufgehalten; erst ein radikalisierter
Markt konstituiert die Bedingungen
gesamtgesellschaftlicher Planung. Die These wird in vier
Schritten begründet: 1.) eine Rekonstruktion eines
idealen Dialogs zwischen v.Hayek und Polanyi; 2.) eine
Darstellung der modernen Theorien über den Markt (Modell
eines umkämpften Tausches), über den Nationalstaat (als
Partikel der Weltgesellschaft) und über `Politik von
unten'; 3.) eine Kritik des Linkskeynseanismus, der durch
seinen Erfolg sich selbst aufhebt - mit einem Blick auf
Grossmann/Schmalenbach; 4.) eine Skizzierung moderner
theoretischer Mittel, die für eine Aneigung der
Scheinstruktur notwendig sind: `chaostheoretische'
Annahmen, Selbstorganisation, dissipative Strukturen etc. Nachmittags: Dr. Paul Oehlke: Politiken und Konzepte der Arbeitsorganisation. Behandelt
werden die neuen Formen der Arbeitsorganisation und
Reorganisation der gesamten Produktion, mit denen die
Unternehmen auf die Krise der tayloristisch-fordistischen
Massenproduktion und die verschärften
Rentabilitätszwänge in der Weltmarktkonkurrenz
reagieren. Bei der Erhöhung des
Wertschöpfungspotentials und der Erschließung von
Märkten greifen zunehmend systemische
Rationalisierungsprozesse auf die gesamte Kette der
Wertschöpfung und -realisierung zu. Der
arbeitspolitische Kern des neuen Paradigmas zielt auf
eine Revision der tayloristischen Arbeitsteilung, die
Arbeitstempo und Kontrolle auf Kosten von Arbeitsinhalten
und Qualifikation steigert. Die in den neuen
Gruppenkonzepten enthaltene Tendenzen zu größeren
Handlungsspielräumen, Arbeitsinhalten und
persönlichkeitsförderlichen Effekten können durch
vorgegebene produktionstechnische Zwänge einer
pufferlosen Fertigung, knapp bemessene
arbeitsorganisatorische Einsatzbedingungen und
personalpolitische Kontrollmechanismen ins Gegenteil
verkehrt werden. * Dienstag: Vormittags Prof. Dr. Jörg Huffschmid (Bremen): Industriepolitik als neues Paradigma für die 90er Jahre? Sündenfall wider die Marktwirtschaft - Wunderwaffe im Wirtschaftskrieg - Gestaltungsfeld für Reformpolitik? Unter
dem Einfluß zunehmender Internationalisierung und der
Ausbreitung neuer Hochtechnologien wird die staatliche
Politik mit der Forderung konfontiert, die internationale
Wettbewerbsfähigkeit nationaler Unternehmen, Branchen
und Regionen auch durch politische Steuerung zu sichern
und zu verstärken. Dieser vorrangige Imperativ gilt auch
für die europäische Gemeinschaft insgesamt in der
globalen Konkurrenz mit Japan und den USA. Die Antwort
auf diesen Druck ist seit einigen Jahren mehr und mehr
die Entwicklung einer Industriepolitik, die sich zum
neuen wirtschaftspolitischen Paradigma im Übergang vom
20. zum 21. Jahrhundert herausbilden könnte. Das Konzept
der Industriepolitik soll hinsichtlich seiner
unterschiedlichen Begründungen analysiert und daraufhin
abgeklopft werden, ob und inwieweit es zur Steuerung
einer nationalen und internationalen wirtschaftlichen
Entwicklung ausgestaltet werden kann, für die
technologische Effizienz, Vollschäftigung, soziale
Gerechtigkeit und Umweltschutz sowie internationaler
Ausgleich gleichrangige Ziele sind. Nachmittags: Prof. Dr. Elmar Altvater (Berlin): Idee und Realität der ökologischen Marktwirtschaft. In
150 Jahren technischen Fortschritts ist die
Arbeitsproduktivität vielleicht verzwanzigfacht worden.
Beschämend zurückgeblieben ist die
Energieproduktivität. Unter den heutigen Bedingungen
wäre einer betriebswirtschaftlich ein Narr, wenn er als
Produzent oder Konsument in nennenswertem Umfang in die
Erhöhung der Energieproduktivität investieren würde.
Investitionen in die Arbeitsrationalisierung zahlen sich
allemal besser aus. Volkswirtschaftlich sieht die Sache
ganz anders aus. In einer Zeit, wo die Arbeitslosigkeit
eines der gravierendsten gesellschaftlichen Probleme ist,
und zugleich einer Zeit, in der Energie, vor allem aus
Umweltgründen, zu einem der knappsten Güter geworden
ist, sollte es volkswirtschaftlich vernünftig sein, das
Innovationsgewicht spürbar in Richtung einer Erhöhung
der Energieproduktivität zu verlagern. Ist eine
ökologische Steuerrefom eine geeignete
Lösungsstrategie? Das Seminar versteht sich als
Auseinandersetzung mit den Thesen Ernst Ulrich von
Weizäckers. * Mittwoch: Vormittags: Prof. Dr. Christa Luft (Berlin): Systemwandel in Osteuropa - Erwartungen, Resultate, Aussichten. Schwerpunkte des Seminars: - Der Glaube der neuen politischen Mehrheiten an die Allmacht des Marktes und die einsetzende Ernüchterung - Die Transformation in der Krise und die Grenzen nachvollziehender marktwirtschaftlicher Entwicklungsstrategien - Die
Ungewißheiten des Ausgangs und die verschiedenen
Optionen Nachmittags: Dr. Kurt Hübner (Berlin): Krise und Strukturveränderungen der Weltwirtschaft. Zu
Beginn der neunziger Jahre durchlaufen die entwickelten
Länder der Weltwirtschaft eine zyklische Krise.
Überlagert wird dieser Krisenzyklus durch strukturelle
Veränderungen globaler Ökonomie und Politik. Zu nennen
ist erstens der Zusammenbruch der
realsozialistischen Gesellschaften, der neue Räume
ökonomischer Inwertsetzung und neue politische
Instabilitäten hervorgebracht hat. Die Regionalisierung
der Weltwirtschaft in Gestalt neuer Handels- und
Wärungsblöcke hat, zweitens, der Konkurrenz um
Marktanteile eine verschärfte Dynamik verliehen:
Entschieden wird über Verlierer und Gewinner des
weltwirtschaftlichen Wettlaufes. Solchen veränderten
Strukturen korrespondiert, drittens, ein immer
größeres Vakuum institutioneller Regelungen. Das
Seminar soll sich mit den Gründen und Perspektiven
solcher Entwicklungen beschäftigen. * Donnerstag: Vormittags: Prof. Frank Deppe: Die Aufgaben der Gewerkschaften in der gegenwärtigen Krise. Einige
`Modernisierer' in den Gewerkschaften räumen den neuen
demokratischen Fragen' gegenüber der alten
`sozialen Frage' einen besonder hohen Stellenwert ein -
vor allem auch im Hinblick auf eine programmatische
Neubestimmung der Politik und des Selbstverständisses
der Gewerkschaften sowie im Hinblick auf den nationalen
Solidarpakt. Im Seminar soll an zwei Fallbeispielen
illustriert werden, daß der neue Diskurs mit
Fallstricken jongliert. Er impliziert biographische und
begriffliche Wendungen, die ihrerseits ein ganz neues
Politikverständnis andeuten . Nachmittags: Dr. Dieter Kramer (Frankfurt): Markt und Kultur. Der
Mythos von der alles verschlingenden Kulturindustrie
verdeckt, daß Kulturporzesse in allen komplexeren
Gesellschaften mit Marktprozessen verbunden sind,
freilich in unterschiedlicher Weise. Kleingewerbliche
Kulturwarenproduktion steht in ganz anderem, viel engerem
Kontakt mit den Nutzern und ist auf deren Akzeptanz viel
stärker angewiesen als industriegesellschaftliche
Kulturwarenproduktion in großindustriellem Zuschnitt,
die sich mittels Marketing ihren Markt selbst
konditionieren kann. Beispiele aus der populären
Druckgrafik können das illustrieren. Die bloße Berufung
auf die Kulturindustrie verdeckt, daß auch sie etwa in
Situationen "turbulenter Märkte" in
dialektischer Beziehung zu ihren Abnehmern steht und
nicht voluntaristisch neue Märkte schaffen kann.
Vollends illegitim ist es, dieses Modell auf öffentliche
Kulturinstitutionen anzuwenden. Zwar werden auch sie
heute als Standortfaktor und Imagepflege
instrumentalisiert, aber bei ihnen sind gleichzeitig auch
andere Faktoren wirksam, mit denen diese
Instrumentalisierung noch nachhaltiger als in der
Kulturindustrie relativiert wird. * Freitag: - Exkursionen zur kulturgeschichtlich interessanten Stätten der Toskana unter der Leitung von Dr. Antonella Stillitano 1994: Komplexe Welten -
Turbulente Verläufe Im Bündnis mit einer Koalition aus putzigen Apfelmännchen, effektvollen Schmetterlingen und selbstähnlichen Kohlköpfen ist eine neue, interdisziplinäre "Theorie der Selbstorganisation" aufgebrochen, die Grundlagen unserer approbierten Weltbilder nachhaltig zu erschüttern. Mit ihren Begriffsofferten, die mittlerweile in die Wissenschaftsseiten ambitionierter Tageszeitungen und den Wortschatz der Gebildeten eingewandert sind, wollen uns VertreterInnen unterschiedlicher Evolutionskonzepte - der Chaostheorie und des Radikalen Konstruktivismus, der Synergetik und der modernen Systemtheorie - ein angemesseneres Verständnis der dynamisch sich entwickelnden Wirklichkeit vermitteln. Angesichts der Grenzen der cartesianisch-mechanistischen Denkweise, die sich heute bei der Analyse höchst komplexer Systeme in der Biologie, Ökologie, Ökonomie, Soziologie und anderen Wissenschaftsdisziplinen immer deutlicher offenbaren, machen sie sich an die Entwicklung neuer Konzepte für die Beschreibung von selbstorganisierten Prozessen der Strukturbildung, katastrophischen Strukturbrüchen, unberechenbaren Turbulenzen, Instabilitäten. Der Anspruch dieser theoretischen Formation ist weitreichend und radikal: Grundsätzlich revisionsbedürftig erscheint ihr der herkömmliche Begriff des "Lebens", unsere Auffassung der wissenschaftlichen Betrachtungsweise, unsere Bestimmung des Verhältnisses von Chaos und Ordnung, Bewußtsein und Wirklichkeit, Gesellschaft und Natur. Die Skepsis ihrer gesellschaftswissenschaftlichen VertreterInnen gegenüber den Mitteln einer Denktradition, die auf die Handlungsmächtigkeit von Subjekten, die Gestaltbarkeit sozialer Prozesse, die Wirksamkeit aufklärerischer Kritik und die Prognosefähigkeit der Wissenschaften setzte, scheint sich dabei nicht selten mit politisch konservativen Optionen zu verbinden. Zugleich jedoch suchen auch politisch und kulturell alternative Orientierungen diesem Theorieangebot brauchbare Hinweise zu entnehmen - z.B. für das Verständnis antagonistischer Spannungen, sozialer Dynamiken und eine Reformulierung herkömmlicher Planungs- und Steuerungsvorstellungen, die der Einsicht in die begrenzte Wirksamkeit äußerer Eingriffe in komplexe Systeme jenseits von liberalistischer Apologie und Etatismus Rechnung trägt. Die
diesjährige Herbstakademie will Hilfen zum Verständnis
der genannten Modelle liefern und Gelegenheit bieten,
ihre Ansprüche und Lösungsvorschläge in kontroversen
Diskussionen zwischen VertreterInnen unterschiedlicher
Disziplinen und Konzeptionen, im Vergleich nicht zuletzt
mit konkurrierenden philosophischen Entwicklungstheorien
wie der Dialektik zu überprüfen. Gefragt werden soll
u.a. nach der tatsächlichen Radikalität des
beabsichtigten Bruchs mit der mechanistischen Denkweise,
nach der Leistungsfähigkeit der neuen Ansätze in den
Natur- und Gesellschaftswissenschaften, ihren
philosophischen Implikationen und politisch-praktischen
Konsequenzen. Das Seminarprogramm: * Montag: Thema: Selbstorganisation - Die Dynamik von Ordnung und Chaos - Vormittags (9.00 - 12.30): PD Dr. Günter Küppers (Bielefeld): Einführung in die Grundlagen und Modelle der Theorie dynamischer Systeme 1. Systemarchitekturen: Was ist ein System? / Die Beziehungen zwischen System und Umwelt: operationale Geschlossenheit und informationale/energetische Offenheit / Systeme KOmplexität: die Beziehung zwischen Ordnung und Organisation 2. Systemdynamik: Eigenschaften der Systementwicklung: Bifurkationen, Katastrophen, Chaos / Berechenbarkeit, Kausalität und Unvorhersagbarkeit 3.
Mikro-Makrobeziehungen: Musterbildung - Nachmittags (15.00 - 18.30): Prof. Dr. Wolfgang Krohn (Bielefeld): Zur Theorie dynamischer Systeme - Chancen und Probleme ihrer Anwendung für soziale Strukturen und Prozesse 1. Der Übergang von quantitativer zu qualitativer Systemanalyse 2. Das Problem der Selbstreferenz der Kommunikation 3.
Planung und Steuerung in selbstorganisierten Systemen * Dienstag: - Vormittags (9.00 - 12.30): Dr. Kurt Hübner (Berlin): Selbstorganisation in der Ökonomie und die Theorie der Regulation. Der
in den Sozialwissenschaften in jüngster Zeit modisch
gewordene Bezug auf naturwissenschaftliche Konzepte der
Selbstorganisation hat in der ökonomischen Theorie einen
zeitlich längeren Vorlauf. Bereits in den späten 50er
Jahren wurde von Gerard Debreu eine später als
Revolution innerhalb der Allgemeinen
Gleichgewichtstheorie gefeierte Arbeit vorgelegt. Heute
sind die theoretisch wir empirisch relevanten Grenzen
eines solchen Vorgehens der Fachwelt bekannt, auch wenn
für das neoklassische Theoriegebäude daraus keine
Konsequenzen gehogen werden. Die Idee einer
Selbstreproduktion kapitalistisch-ökonomischerSysteme
wurde jenseits der Neoklassik immer wieder aufzugreifen
versucht. Ein jüngeres Beispiel ist die in Frankreich
entwickelte Theorie der Regulation, die explizit
an autopoietische Vorstellungen anknüpft und eine
gesellschaftstheoretische Erklärung der
Selbstorganisation und -reproduktion kapitalistischer
Gesellschaften vorzulegen versucht. Wir wollen uns mit
diesem Versuch unter theoretischen wie unter empirischen
Aspekten genauer beschäftigen. - Nachmittags (15.00 - 18.30) Prof. Dr. Christiane Floyd: Selbstorganisation und Softwareentwicklung. Für
das Verständnis der Softwareentwicklung als Prozeß
zwischen Menschen und die Klärung ihrer
erkenntnistheoretischen Grundlagen haben Ideen aus der
Kybernetik zweiter Ordnung und der Theorie
selbstorganisierender Systeme, nicht zuletzt auch die von
H.v.Foerster entwickelte konstruktivistische Konzeption
eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Die gen.
Theorien können helfen, eine neue Perpsektive auf das
Zusammenspiel von Softwareentwicklung und Einsatz, von
autonomem und kommunikativem Handeln der beteiligten
Personen und der Weiterentwicklung von Organisationen zu
eröffnen. Während herkömmliche Ansätze
Softwareprodukte für sich genommen betrachten und mit
tayloristischen Vorstellungen sowie weitgehender
Bürokratisierung und Formalisierung operieren, ergibt
sich durch das neue Verständnis eine Orientierung auf
Gestaltung von Projekten im Hinblick auf Krativität und
Entfaltung menschlichen Potentials bei Entwicklung und
Einsatz. * Mittwoch: -
Exkursionen * Donnerstag: - Vormittags (9.00 - 12.30): Prof. Dr. Andreas Dress (Bielefeld): Komplexe Systeme als Gegenstand der theoretischen und experimentellen Mathematik. Charakteristisch
für die gegenwärtige Wissenschaftsentwicklung ist das
Bestreben, sich an das Studium immer komplexerer Systeme
heranzuwagen und Komplexität selbst zum Thema von
Wissenschaft zu machen. Die Mathematik hat für ein
solches Studium (schon längst bevor es modisch wurde)
eine Fülle äußerst nützlicher Hilfsmittel
bereitgestellt, die heute durch den Einsatz von Computern
noch erheblich wirksamer eingesetzt und einem viel
breiteren Kreis interessierter Wissenschaftler
zugänglich gemacht werden können. Darüber soll anhand
mehrerer konkreter Beispiele (Doppelpendel, anregbare
Medien, Polyedermoleküle, Evolutionsbiologie) berichtet
werden. - Nachmittags (15.00 - 18.30): Dr. Michael Weingarten (Marburg): Autopoiese, Selbstorganisation und Evolution in der Biologie. Seit
den 70er Jahren hat sich die Diskussionssituation in der
Evolutionsbiologie drastisch verändert. Entwicklung wird
jetzt nicht mehr als ein Vorgang gedacht, der von
externen Kräften gesteuert und determiniert wird,
sondern als ein Prozeß, der aufgrund seiner eigenen
Logik zu Strukturbildungen und Strukturveränderungen
führt. Ausgearbeitet sind Modelle für biologische
Entwicklungsprozesse (developement), unklar ist
aber noch die Übertragbarkeit solcher VOrtsellungen auf
evolutionäre Ereignisse. Neben der Vorstellung der
Autopoiesistheorie als einen neuen biologischen
Forschungsprogramm soll und muß daher die die
UNterscheidung von developement und evolution
reflektiert werden. * Freitag: - Vormittags (9.00 - 12.30): Dr. Klaus Peters (Köln): Selbstorganisation und Dialektik Die
Theorien der Selbstorganisation stehen in zwei
verschiedenen, einander entgegengesetzteb Beziehungen zur
Autonomie des Individuums. Diese Beziehungen und ihre
Gegenläufigkeit werden deutlich, sobald der Begriff der
Selbstorganisation in die Perspektive des dialektischen
Freiheitsbegriffs von Hegel gerückt wird. Der Referent
wird die These vertreten, daß erst auf diesem
Hintergrund der Ort der Selbstorganisationstheorien in
der Gegenwart, nämlich das Verhältnis von
Selbstorganisation und ökologischer Krise theoretisch
bestimmt werden kann. 1995: Sustainable Rule Nachhaltige Entwicklung zwischen Naturerhaltung, Herrschaftsstrategien und
Gesellschaftsveränderung. Die unter dem Einfluß des Treibhauseffektes üppig gedeihenden Umweltdiskurse wurden in den letzten Jahren durch kaum einen anderen Ausdruck so sehr geprägt wie durch den der `nachhaltigen Entwicklung'. Bekannt geworden vor allem durch den Bericht der UNO-Kommission für Umwelt und Entwicklung (Brundland-Kommission) und die UNO-Konferenz von Rio wurde das Zauberwort "sustainability" in den Industrieländern zur neuen Lösungsformel für die akuten ökologischen Probleme. Signalisiert seine Karriere einerseits eine Verallgemeinerung der Einsicht, daß die Zerstörung der Voraussetzungen menschlicher Existenz durch Art und Umfang unserer Naturnutzung den Übergang zu einem neuen Entwicklungsparadigma erfordert, so ist seine dominierende, regierungsamtliche Verwendungsweise bei uns andererseits ideologieträchtiger Bestandteil einer modernisierten Strategie zur Fortsetzung der ruinösen metropolitanen Wirtschafts-, Herrschafts- und Lebensverhältnisse mit anderen (im Kern jedoch durchaus vertrauten) Mitteln. Auf die Wiederbelebung der Illusion, daß der Schlüssel zur Bewältigung aller Probleme in der Verwirklichung einer technologischen Effizienzrevolution zu suchen ist, trifft man hier z.B. ebenso wie auf die Funktionalisierung von Argumenten des globalen Umweltschutzes für die Legitimation militärischer Interventionen, die der Sicherung des Zugangs zu strategischen Rohstoffen dienen sollen. Von KritikerInnen des offiziellen Diskurses und VertreterInnen alternativer Sustainability-Konzeptionen, die u.a. dem Gedanken der Verteilungsgerechtigkeit zwischen Nord und Süd und der Sozialverträglichkeit des ökologischen Umbaus verpflichtet sind, wird die Herrschaftsdimension der `Nachhaltigkeit' in der letzten Zeit verstärkt thematisiert. Gestritten wird hier nicht nur um die Methoden der Ermittlung des Umweltzustands und der Zielwerte für eine verringerte Inanspruchnahme von Energie, Boden und Rohstoffen, sondern auch um die Frage der Vereinbarkeit von weiterem wirtschaftlichen Wachstum und Zukunftsfähigkeit, von kapitalistischem Profitprinzip und ökologischer Stabilität sowie um die Praktikabilität politischer Umsetzungsstrategien und die Wirksamkeit einzelner ihrer Instrumente. Verbirgt
sich nicht oft auch hinter gut gemeinten Reden vom
"neuen Wohlstandsmodell" ein eurozentrischer
Wunschtraum? Besteht nicht die Gefahr, daß sich die von
vielen geforderte ökologische Steuerreform in ein Mittel
zur Aufrechterhaltung der Überproduktion verkehrt? Wie
kann dem demokratischen Prinzip angesichts der
transnationalen Dimension der einzuleitenden
Umbaumaßnahmen auf der internationalen Ebene
institutionell Rechnung getragen werden? Welche Rolle
spielt die Technik, welche das Geschlechterverhältnis
bei der Suche nach einer angemessenen Interpretation und
Lösung für die Krise des menschlichen
Naturverhältnisses? Das Seminarprogramm * Sonntag: -
10.00 Uhr: Vorstellung des Programms / Einführung in das
Thema * Montag: - Vormittags (9.00 - 12.30 Uhr): Dr.
Joachim Spangenberg (BUND - Wuppertaler Institut):
Sustainable Europe - Sustainable Germany. Ziele und
Methodik eines Forschungsansatzes. - Nachmittags (15.30 - 19.00 Uhr): Dr.
Stefan Summerer (Umweltbundesamt, Berlin): Ansätze zu
einem nachhaltigen Deutschland. Politische Strategien und
Instrumente. * Dienstag: - Vormittags (9.00 - 12.30 Uhr): Dr.
Ulla Peters (Trier): Die Auslöschung der geschichtlichen
Erfahrung und der politischen Theorie in der
Nachhaltigkeitsdebatte. - Nachmittags (15.30 - 19.00 Uhr): Dr.
Christoph Spehr (Bremen): Wieviel Management verträgt
die Natur. Technokratische Naturerhaltung, biologische
Tatsachen und die ökologischen Bilder der Gesellschaft. * Mittwoch: Exkursionen. * Donnerstag: - Vormittags (9.00 - 12.30 Uhr): Dr.
Hermann Bömer (Dortmund): Sustainability im Konzept
alternativer Wirtschaftspolitik. Die
wirtschaftspolitische Implementierung der Nachhaltigkeit
aus der Sicht der Arbeitsgruppe Alternative
Wirtschaftspolitik. - Nachmittags (15.30 - 19.00 Uhr): Dr.
habil. Veronika Bennholdt-Thomsen (Bielefeld):
Feminismus, Ökologie und Subsistenz. * Freitag: - Vormittags (9.00 - 12.30 Uhr): Dr.
Beate Zimpelmann (IGM/Bundesvorstand): Zur
Einbeziehung der Sustainability-Problematik in die
gewerkschaftliche Zukunftsdiskussion. Eckpunkte einer
sozialökologischen Reformstrategie. - Nachmittags (15.30 - 19.00 Uhr): Prof. Dr. M. Bujatti/R. Cecci (Ambiente Lavoro Toscana): Die Umweltdiskussion in Italien, insbesondere in den italienischen Gewerkschaften. 1996: Zeitalter der Extreme. Bilanz des 20. und Ausblick
auf das 21. Jahrhundert. Während allmählich die Festkomitees zur Vorbereitung der Milleniumsfeiern sich formieren, haben die HistorikerInnen mit der Bilanz des "Kurzen 20. Jahrhunderts." längst begonnen. Für viele von ihnen markieren die Jahre 1989/90 mit dem Niedergang des Realsozialismus und dem Zerfall der internationalen politischen Nachkriegsordnung eine tiefe geschichtliche Zäsur - das Ende einer kohärenten Periode, die mit der Selbstzerstörung der politischen Welt des europäischen 19. Jahrhunderts im Ersten Weltkrieg ihren Anfang nahm. Die historiographischen Etikettenprägeanstalten produzieren freilich allseits bei recht gedrückter Stimmung. Mit ihren Angeboten - "Amerikanisches Jahrhundert", "Europäischer Bürgerkrieg" und dergleichen mehr - bewegen sie sich zumeist im Ungefähren. Auch wer nach `89 den Kursverfall der Rede vom "Jahrhundert des Sozialismus" mit Genugtuung notierte, beginnt nun zu ahnen, daß die Geschichte mit dem epochalen Sieg des politischen Liberalismus und des Kapitalismus womöglich doch noch nicht ins Ziel gekommen ist. Nach den voreiligen Proklamationen vom Ende der Revolution, der Utopie, der Ideologien neigt sich angesichts der bereits zu beobachtenden oder zu erwartenden sozialen Explosionen und internationalen Konflikte nunmehr die Konjunktur der These vom "Ende der Geschichte" ihrem Ende zu. Ein hegemoniefähiger Zukunftsentwurf von Seiten der Linken steht allerdings noch aus. Ohne eine selbstkritische Aneignung der historischen Entwicklung zwischen 1914 und 1989/90 wird er wohl kaum zu haben sein. Das 20. Jahrhundert - fürwahr ein "Zeitalter der Extreme" (E. Hobsbawm): Es kennt die Mobilisierung ungeheuerer sozialer Energien in siegreichen Kämpfen um Demokratisierung und Befreiung und die lähmende Erfahrung der Ohnmacht im Zeichen sich perfektionierender Herrschaft. Es umfaßt weitgespannte Hoffnungen und blamierte Ideale, gigantischen Reichtum und drückende Unterentwicklung, atemberaubenden wissenschaftlich-technischen Fortschritt und die Entfaltung einer Destruktivität unvorstellbaren Ausmaßes. Der "Engel der Geschichte", so jedenfalls W. Benjamin, blickt mit schreckgeweiteten Augen auf "eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße schleudert." Die 8. Herbstakademie will einen Blick auf das Jahrhundert werfen. Dringlich scheint eine Reflexion der gegenwärtigen Problemstellungen, Widersprüche und Konfliktkonstellationen, die mit einer strukturgeschichtlichen Rückschau sich verbindet und es sich - unbeeindruckt von der grassierenden Denunziation der "großen Erzählungen" - zugleich nicht nehmen läßt, das Potential der (Geschichts-)Philosophie für das Begreifen des Zusammenhangs zwischen der Befreiung des Individuums und der Lösung der globalen Krise nüchtern zu überprüfen. Die Frage nach den Gründen für das Scheitern des realsozialistischen Experiments verlangt u.a. nach einer differenzierteren historischen Rekonstruktion des Revolutionszyklus dieses Jahrhunderts, in der Konfrontation revolutions- und modernisierungstheoretischer Deutungsversuche. Teil der notwendigen Debatte um die Krise der überkommenen Formen und Institutionen sowie die grundsätzlichen Ziele und Möglichkeiten der Politik vor der Jahrtausendwende ist die Diskussion über die gegenwärtige Erosion oder Transformation des Nationalstaates, die Re-Regulation seines Verhältnisses zum Markt und die Zukunft der "Emanzipation der Arbeit". Die Einsicht in die Schlüsselrolle des Nord-Süd-Konflikts für die globalen sozio-politischen Bewegungen lenkt den Blick auf die Versuche einer Re-Kolonialisierung der sog. Dritten Welt vor dem Hintergrund ihrer Kolonial- und Dekolonialisierungsgeschichte. Zusammen
mit den langfristigen und tiefgreifenden Veränderungen
der Lebensweise und des Verhältnisses der Geschlechter
in diesem Jahrhundert sind dies einige der Themen, die in
7 Seminaren an 7 Tagen mit 7 hervorragenden ReferentInnen
auf der Herbstakademie des BdWi und der FIB Gegenstand
sein werden. Programmplanung: Samstag, 24.8.1996 - Anreise Sonntag, 25.8. -
10.00 Uhr - 11.30 Uhr: Vorstellung der TeilnehmerInnen
und des Programms Montag, 26.8. * Vormittags (9.00 - 12.30 Uhr): Dr.
Klaus Peters (Köln): "Fortschritt im
Bewußtsein der Freiheit" - Emanzipation des
Individuums und globale Krise. * Nachmittags (15.30 - 19.00 Uhr): Prof.
Dr. Wolfgang Küttler (Berlin): 1917 und die `neue
globale Revolution'. Zum historischen Ort des
Revolutionszyklus des 20. Jahrhunderts. Dienstag, 27.8. * Vormittags (9.00 - 12.30 Uhr) Prof.
Dr. Frank Deppe (Marburg): Politik am Ende des 20.
Jahrhunderts. * Nachmittags (15.30 - 19.00 Uhr) Prof.
Dr. Dieter Boris (Marburg): Der Nord-Süd-Konflikt im
Zusammenhang der Globalisierungs- und
Peripherisierungsprozesse im 20. Jahrhundert. Mittwoch, 28.8. Kulturhistorische
Exkursionen. Donnerstag, 29.8. * Vormittags (9.00 - 12.30 Uhr): Luciana
Castellina (angefragt): Geschlechterverhältnis und
Frauenbewegung im 20. Jahrhundert. * Nachmittags (15.30 - 19.00 Uhr): Prof.
Dr. Jutta Held (Osnabrück): Kunst und Politik im 20.
Jahrhundert. Freitag, 30.8. Rundtischgespräch
zwischen Prof. Dr. Reinhard Kühnl (Marburg) und Prof.
Dr. Johannes Agnoli (Lucca): Die Rolle des Faschismus
im 20. Jahrhundert. Forschungs- Informations- und Bildungsstelle beim BdWi Leiter: Jörg Stadlinger Gisselbergerstr.7 35037 Marburg Tel.: 06421 - 21395 Fax: 06421-24654 Mail: rillingr@mailer.uni-marburg.de |
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