Rainer Rilling
in: Das Argument 131 (1982) S. 34-47
Das vergessene Bürgertum
Über eine Unterlassung der Politischen Soziologie*

Texte

 

1. Politikforschung ohne Subjekt?

Die Ende der 60er Jahre mit großer Intensität einsetzende kritische politiktheoretische Diskussion reagierte wohl auch auf zwei Hauptthesen, welche den Staat als Instrument einer herrschenden Klasse oder Gruppe bzw. den Staatsapparat oder die politische Elite als unmittelbaren Träger und eigentliches Subjekt von Politik gleichermaßen ansahen. Kritisch wurde dagegen vermerkt, dass dabei das Verhältnis von Gesellschaft und Politik, von Staat und Klassenstruktur als äußerliche Beziehung aufgefasst würde, in der etwa über Personalunion, finanzielle oder organisatorische Verflechtungen der soziale, bürgerliche Charakter von Politik gleichsam im Nachhinein durch Einflüsse von außen konstruiert werden müsse. Dieser These setzte man das Programm einer politik-ökonomischen, ableitungslogischen Rekonstruktion des Klassencharakters des Staates bzw. der Politik entgegen.

Die dann in den 70er Jahren folgende vorwiegend staats- und systemtheoretisch geleitete Diskussion und ihre kritische Weiterentwicklung vor allem im Kontext der Gramsci - Rezeption hat-sieht man von wenigen Autoren ab, wie insbesondere Poulantzas, Hirsch, Altvater und Vertretern der Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus- eine bemerkenswerte Eigenart: ihr Konzept von Politik bleibt sozial, erst recht sozialstrukturell eigentümlich blass. Diese spürbare Indifferenz gegenüber der sozialen Dimension führt dazu, dass (zugespitzt formuliert) Politik, wie sie hier gezeichnet wird, ohne gesellschaftliches Subjekt auszukommen scheint. In ihr klingt die traditionelle Separierung von Politiktheorie einerseits, Sozial- und Klassentheorie andererseits nach. Sie hat es versäumt, der klassischen und zentralen Frage der Politischen Soziologie nach dem bürgerlichen Subjekt der Politik in der bürgerlichen Gesellschaft konsequent nachzugehen, wenn sie diese Frage nicht schon vorweg aus dem Blickfeld verloren hat. Trifft aber die These zu, dass der soziale Bereich eine relativ eigenständige Vermittlerposition zwischen Ökonomie und Politik einnimmt, dann liefert die Soziologie der dort angesiedelten sozialen Kategorien, der Gruppen, Individuen, Schichten und Klassen einen Schlüssel, der uns den Zugang zum Verständnis der sozialen Funktion des politischen Systems öffnet. Eine Soziologie dieses bürgerlich-gesellschaftlichen Subjekts darf dabei natürlich weder metaphysisch noch soziologistisch, sondern muß differenziert und konkret gedacht werden. Sie ist dialektisch zu verorten in einer dreifachen Beziehung, die Adorno in seinen "Reflexionen zur Klassentheorie" 1942 mit der Formel umschrieb, "die herrschende Klasse wird nicht nur vom System beherrscht, sie herrscht durchs System und beherrscht es schließlich selber." 1)

Mir erscheint ein solches Erinnern an die Bedeutung einer Soziologie des gesellschaftlichen Subjekts der bürgerlichen Gesellschaft für eine Analyse von Politik um so wesentlicher, als auch die kritisch-resümierenden Selbstreflektionen der Politischen Soziologie es weitgehend versäumt haben, den Traditionsbestand an politiksoziologischer Analyse des Subjekts politischer Verhältnisse zu sichten und darüber nachzudenken, welche Voraussetzungen die Soziologie bereitstellt, um die Frage nach dem gesellschaftlichen Subjekt-und das heißt hier konkret: nach der bürgerlichen als der herrschenden Klasse- zu stellen und womöglich zu beantworten. Dieses Versäumnis ist eine Ursache der beträchtlichen Defizite der marxistischen Politikforschung auf diesem Gebiet gewesen. Wenn die Bereitschaft, eine ökonomistische Reduktion des Subjektverständnisses zu kritisieren, in ein Politikverständnis hinübertreibt, das ohne herrschendes, soziologisch identifizierbares Subjekt auskommt, dann hängt dies mit der generellen Vernachlässigung dieses Gegenstandes zusammen, der zwar in seiner Allgemeinheit, in seinen Wirkungen, Verhältnissen, nicht aber in seiner Besonderheit thematisiert wird. Dies gilt auch für die marxistische Sozialstrukturforschung und Klassenanalyse, die sich seit Ende der 60er Jahre auf die Arbeiterklasse, die Intelligenz und soziale Sondergruppen konzentriert und darüber die bürgerliche Klasse geradezu vergessen hat. 2)

Wenn im folgenden nach den fachsoziologischen Voraussetzungen einer Soziologie des Subjekts politischer Verhältnisse gefragt werden soll, wie sie außerhalb der marxistischen Wissenschaftstradition erarbeitet wurden, dann zeigt sich ein ganz außerordentliches Faktum: es gibt keine Soziologie des Bürgertums mehr.

2. Soziologie und Bürgertum

Alfred Meusel beginnt seinen brillanten Artikel über das "Bürgertum" im Vierkandt'schen Wörterbuch der Soziologie von 1931 mit der "Feststellung eines eigentümlichen Zwiespalts": einerseits nämlich werde das Attribut "bürgerlich" ziemlich verschwenderisch bei der Kennzeichnung bestimmter wirtschaftlicher, politischer, geistiger, künstlerischer Gehalte angewandt; andererseits habe das Bürgertum in der wissenschaftlichen Literatur bei weitem nicht dieselbe Beachtung wie das Proletariat gefunden. "Das hat zur Folge", fährt Meusel fort, "dass wir, wenn hier vom Bürgertum geredet werden soll, der Gefahr ausgesetzt sind, von etwas zu handeln, was eigentlich überall und nirgends ist." Wenn im "Handbuch der Politik" Loebell "alle deutschen Volksgenossen", die "im Kampf mit dem Marxismus" stehen, zum Bürgertum rechnet, Sulzbach dagegen im "Archiv für Sozialwissenschaften" 1930 die Bourgeoisie "ein Unikum" nennt, dessen Existenz "einzigartig schattenhaft" sei, so bezeichnen sie das Spannungsverhältnis, innerhalb dessen in den Worten Meusels "die soziologische Defensive des Bürgertums heute möglich ist: der eine lässt es als eine außerordentlich umfassende Gesinnungsgemeinschaft bestehen ..., bei dem anderen führt die Auffassung vom chimärischen Charakter der Bourgeoisie zu der Konsequenz, dass der auf die Überwindung der von der Bourgeoisie beherrschten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung gerichtete Kampf des Proletariats den Charakter der Aussichtslosigkeit aufgeprägt bekommt: denn gegen Nichts kann man nicht kämpfen."

Meusel resümiert, dass "eine der wirksamsten Verteidigungswaffen des Bürgertums in der Mimikry besteht, d.h. in der Behauptung, dass das Bürgertum eigentlich nicht da sei." 3)

Solche spontane und bewusste Mimikry als Moment soziologischer Defensive des Bürgertums markiert einen tiefgreifenden Wandel in der gesellschaftswissenschaftlichen Selbst-Reflexion der bürgerlichen Klasse. Denn in der frühen, bürgerlichen Gesellschaftslehre und in der klassischen politischen Ökonomie und Geschichtsschreibung bildeten ökonomische Strukturanalyse, historische Prozessbeschreibung und Theorie gesellschaftlicher Klassen zunehmend eine unproblematische Einheit und der Konnex von Bürgertum und Herrschaft eine selbstverständliche Voraussetzung. Und wenn die in Frankreich entstehende Fachsoziologie antritt, den Widerspruch zwischen dem sich entwickelnden Industriekapitalismus und der aristokratischen politischen Restauration durch die Etablierung eines neuen politischen Diskurses zu lösen, der die Anpassung der restaurierten politischen Ordnung an die soziale Realität industriekapitalistischer Evolution fordert, dann behauptet diese neue Wissenschaft von der Gesellschaft keineswegs, dass das Bürgertum "eigentlich nicht da sei", vielmehr wird hier (etwa bei Saint Simon) die herrschende Klasse als nützlich-produktive, materiell determinierte bürgerliche Mehrheit konzipiert und legitimiert. Sein Lob des Industriebürgertums zeigt den Glauben der frühen Soziologie, dass Gesellschaft und Politik eher kooperativ-harmonisch als antagonistisch zu verstehen seien, und die Sicherheit, dass dieses Bürgertum berufen und imstande ist, die "soziale Frage" (oder, man denke an die frühe amerikanische Soziologie, die "social problems") zu lösen. So entsteht die Soziologie zwar als nachrevolutionäre Wissenschaft, die nicht zu den Ideen von 1789, zur Aufklärung und zum Zeitalter der Vernunft gehört - doch sie reflektiert in der Phase der Restauration noch das antifeudale, evolutionäre Selbstbewusstsein des aufsteigenden Bürgertums und seinen selbstverständlichen Anspruch auf ungeteilte politische Macht.

Doch die ersten Soziologen täuschen sich in der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft und Politik. Ihre Hoffnung auf Harmonie und industriell-soziale Reife zerfällt. Die Welt der Industrie kann nicht mehr als Einheit gesehen werden und zerbricht im Zeichen des imperialistisch werdenden Kapitalismus. Die soziale Frage erscheint zunehmend unlösbar. Soziologische Theorie und die Soziologie des politischen Subjekts werden (partiell) jetzt erstmals explizite Gesellschaftstheorie der Minderheitenherrschaft und Unterdrückung, eine Tendenz, für die Gumplowicz, Mosca, Pareto und Michels als paradigmatische Gruppe stehen 4), die im Kontext der Fachsoziologie den Diskurs über Politik unter nunmehr imperialistischen Bedingungen in Form der Elitetheorie reformulieren, in welcher die Bourgeoisie als Klassensubjekt zurücktritt.

Im bürgerlichen sozialwissenschaftlichen Denken setzt damit mit Macht jener Jahrzehnte übergreifende doppelte Prozess ein, der die Soziologie der Politik und ihres Subjekts bis zum heutigen Tag kennzeichnet:

1. die Auflösung des bis dahin weithin unproblematischen Konnexes von Bürgertum und Herrschaft. Soziologie hört auf, die bürgerliche Klasse als Träger oder Subjekt von Herrschaft zu begreifen oder zu benennen.
2. die Auflösung des Bürgertums als Realobjekt oder sinnvolle soziologische Kategorie selbst.

Dieses zweite, weitreichende Merkmal soziologischen Denkens, auf das ich mich hier beschränken will, zeigt sich sicherlich zunächst und vom Ergebnis her gesehen im oftmals vermerkten und kritisierten verbreiteten Formalismus politikwissenschaftlicher Analyse, von der hier nicht die Rede sein soll.

Denn vorweg ist ja der einfache, gleichwohl weithin unbemerkte Fakt festzuhalten, dass unsere Soziologie vom Leben und Treiben des Kapital, Boden und Macht besitzenden Bürgertums herzlich wenig zu berichten weiß. Die "Encyclopaedia of the Social Sciences" von 1930 kannte noch die Stichworte "Klasse", kannte Klassenbewusstsein und Klassenkampf, die Ausgabe von 1968 kennt keine Bourgeoisie mehr. 5) In vielen Wörterbüchern der Soziologie der 50er und 60er Jahre - etwa König' s Lexikon von 1958 - wird man kein Stichwort "Bürgertum" finden, schon gar nicht ein Stichwort "Bourgeoisie". In rund zwei Dutzend von mir daraufhin überprüften "Einführungen" in die Soziologie aus den letzten anderthalb Jahrzehnten, die wohl Hunderttausenden "Bürgern" unserer Gesellschaft soziologisches Wissen vermittelt haben, kommen die Begriffe fast, die Sache selbst überhaupt nicht vor. Die moderne soziologische Ideologie hebt hervor, dass der Begriff "Bürgertum" aus "dem Vokabular der Soziologie weithin verschwunden" sei. 6) Da das Bürgertum "immer undefinierbarer geworden" sei 7), müsse der Begriff "unbrauchbar" 8) genannt werden, so dass sich sein Gebrauch "heute nicht mehr empfiehlt". 9) Oder blicken wir abschließend auf den immerhin über 930 Gramm schweren Protokollband des 19. Deutschen Soziologentages in Westberlin 1979, der sich ja bekanntlich mit dem "Sozialen Wandel in Westeuropa" befasste. Hier vermeidet schon Reinhard Bendix in seinem Eingangsreferat sorgfältig jeden Hinweis auf Klassen aller Art und sozialen Wandel, der mit ihnen zusammenhängen könnte, ausgenommen seine einmalige Erwähnung eines Gebildes, von dem nach seiner Ansicht einst Karl Marx im dritten Band des "Kapital" gesprochen haben soll - der "Unternehmerklasse" - , ein Gebilde, dem allerdings nach Bendix' auf dem Fuß folgender Einlassung, falls es überhaupt jemals entstanden sein sollte, mit Sicherheit kein langes Leben beschieden war. 10) Das "Bürgertum in Westeuropa" war für die versammelte deutsche Soziologie nicht etwa tabu. - Es kam einfach nicht vor.

Ein solches Ungleichgewicht in der Präferenzstruktur soziologischer Aufmerksamkeit ist kein Zufall. Sicherlich hat es auch etwas zu tun mit Lebenssituation und Berufsperspektiven von Soziologen als Gruppe der gesellschaftswissenschaftlichen Intelligenz. Für sie sind die Mittelschichten das gleichsam natürliche Feld soziologischer Analyse. Und natürlich setzt die Struktur politischer und ökonomischer Macht der Freiheit der Wahl soziologischer Gegenstände nachhaltig Grenzen. Auch soziologische Öffentlichkeit ist einseitig, von oben nach unten gerichtet und ihr Methodeninstrumentarium bricht sich, wenn es um jene geht, die sich verbergen können. Eine Einkommensstatistik der "Happy few" fehlt ebenso, wie eine Primärerfassung der Unternehmerprofite und eine ausreichend umfassende Eigentums- und Kapitalstatistik. Die Sozialstatistik selbst bietet noch in neuester Zeit ähnliche Probleme. Wir wissen etwa, dass die Zählung von 1970 alles unterließ, was Ansätze einer quantitativen Konturierung unseres Bürgertums erlaubt hätte, dagegen aber ebenso aufwendig wie scharfäugig die interessante Menge "ambulanter Händler" mit 0,02% präzis erfasste. Oder wir wissen auch, dass die Mikrozensuszusatzerhebung von 1971 sehr unbefangen unter der Kategorie "Rentner/Pensionäre" auch die "von Eigentum lebenden Personen" subsumierte und damit zweifellos beträchtlichen Mut zur statistischen Einebnung riesiger ökonomisch-sozialer Unterschiede bewies. Trotz wichtiger selektiver Präzisierung gilt im Prinzip weiter, dass insgesamt der "großen" Sozialstatistik die Bourgeoisie oder Elite, wie Helge Pross 1958 sagte, "eine geheimnisvolle Unbekannte" 11) oder -besser - wie Meusel sagte, ein "Nichts" ist. Ihre Mitglieder treten dem Soziologen gleichsam unverdächtig als Hausfrauen oder Rentner, Selbständige oder Angestellte gegenüber. Daher überrascht auch kaum, dass die Schätzungen des Umfangs dieser Gruppe, die in den letzten Jahrzehnten aus der Soziologenzunft zu hören waren, um einige hundert Prozent differieren. 12)

Solche kaum überwindbaren Stolpersteine auf dem Pfad der Empirie sind nun freilich nicht Ursache, sondern Folge objektiv existierender und auch zunehmender Erfassungsprobleme. Diese Situation ist aber auch entscheidend der kaum geminderten Wirksamkeit des paradigmatischen Traditionsbestandes einer soziologischen Konzeption geschuldet, die vom gründlichen Zerfall der bürgerlichen Klasse ausgeht (wenn sie nicht deren Existenz überhaupt in Zweifel zieht und das betreibt, was Adorno 1942 die "verlogene Leugnung der Klassen" 13) genannt hat). Dieses Paradigma hat eine eliten- und eine schichtungstheoretische Kontinuitätslinie.

3. Soziologie der Eliten

Die Soziologie der von Burnham machiavellistisch geheißenen klassischen Elitetheoretiker kontrastiert die Macht der Eliten mit der Ohnmacht der Massen. An die Stelle der Mehrheit des Wirtschaftsbürgertums tritt die Herrschaft der Minderheit und der einfach-ewige Dualismus zwischen Elite und ihrem Objekt, den Massen. Der Evolutionismus und Determinismus des aufsteigenden Bürgertums wandelt sich nun in elitistischen Voluntarismus. "In allen Gesellschaften", so Mosca, "gibt es zwei Klassen, eine, die herrscht, und eine, die beherrscht wird." 14) Dieser "Realismus" der Elitetheoretiker wendet sich gegen die Ideen harmonischer Evolution und des Fortschritts. In der Formel vom Kreislauf der Eliten wird gesellschaftliche Entwicklung auf die "Zirkulation der Eliten" reduziert und damit stillgelegt. Aus der Geschichte der Klassenkämpfe und ihrer Perspektive der Klassenlosigkeit wird die Geschichte der dauernden Minderheitenherrschaft der Eliten, aus deren ewiger Zirkulation es kein Entrinnen gibt. Der Marxismus soll so seiner eigentlichen Pointe beraubt werden, indem Gesellschaft als klassenlos und dennoch sich selbst entfremdet gedacht wird. 15)

An die Stelle der Bourgeoisie treten nun die "politische Klasse" und die "regierende Elite". Sie sind unmittelbarer Träger und gesellschaftliches Subjekt politischer Macht gleichermaßen. Die Dimension des Klassensubjekts geht durch eine solche Reduktion auf soziale Gruppen verloren. Dieser Verlust gibt sich-positiv gewendet-freilich als Gewinn an Differenziertheit. Machtträger, -mittel und -grundlagen werden ausdifferenziert. Politische Macht, an die sich von nun an der Elitebegriff knüpft, wird jetzt von ihrer sozial-ökonomischen Vermittlung losgelöst, die sich ja über den Struktur-, Entwicklungs- und Funktionszusammenhang sozialer Klassen herstellt, von denen das Elitekonzept nichts mehr wissen will. Macht ist jetzt in sich selbst begründet. Es beginnt die "Politisierung" des Subjektproblems, die zunächst mit dem Gedanken der vielfältigen oder wechselnden Verursachungen sozialer Differenzierung gesellschaftlicher Subjekte die Relativierung des sozialökonomischen Determinationszusammenhangs betreibt, bevor sie-etwa bei Max Weber-in der Formel von der konstitutiven Rolle der politischen Macht gegenüber der sozialen Struktur ihren Abschluss findet.

In diesem elitensoziologischen Diskurs über Politik gelangt die Soziologie, die in Deutschland die arbeitenden Klassen als "classes dangereuses" ansah und von der Arbeiterbewegung nur wenig wissen wollte, auf die Höhe der Zeit des Imperialismus. Wenn die Soziologie nun vom Antisozialismus zum antiparlamentarischen Elitarismus übergeht, dann reflektiert sie die Krise des bürgerlichen Modells politischer Integration angesichts allgemeinen Wahlrechts und wachsender, auch parlamentarischer Stärke der Arbeiterbewegung. 16) Die bürgerliche Handlungsautonomie soll durch Elitismus gesichert werden. Die klassische Elitensoziologie reflektiert aber zugleich auch die aufbrechenden Probleme innerhalb der herrschenden Klassen selbst, wenn sie sich auf die innere Struktur und Reproduktion bürgerlicher Eliten konzentriert: die Konflikte zwischen Industrie- und Agrarbourgeoisie, alten und neuen Industrien, monopolistischem und nichtmonopolistischem Bürgertum. Die Soziologie reagierte somit auf "äußere" wie "innere" Problemlagen, die von Dauer sind und in der Geschichte der Elitensoziologie immer wieder aufschimmern. Zumindest vier Einschnitte sind in dieser noch ungeschriebenen Geschichte der Soziologie der Eliten hervorzuheben, die nun sozusagen an die Stelle des Bürgertums getreten sind. 17)

1. Die nachklassische, präfaschistische Phase zwischen den Kriegen, als erstmals die empirische Elitenforschung einsetzt (Analyse der Wirtschaftselite und lokaler Elitesysteme Amerikas Anfang der 30er und politischer Führungsgruppen in Deutschland schon Anfang der 20er Jahre) und in der etwa die Theorien Paretos, aber auch Moscas Eingang finden in die "große" Theorie des soziologischen Funktionalismus, die in den 30er Jahren entsteht. Man denke an das berühmte Pareto-Seminar in Harvard 1932/33. 18)

2. Die bislang noch nicht untersuchte Phase der Revitalisierung, Apotheose und Adaption der machiavellistischen Elitetheorien in der politischen Soziologie des Faschismus, die auf die Durchsetzung und Ausgestaltung des faschistischen Führerprinzips abzielte.

3. Trotz der Diskreditierung des Elitebegriffs erteilt die deutsche Soziologie nach der Niederlage des Faschismus 1945 dem Klassenbegriff und der Kategorie "bürgerliche Klasse" eine Absage. Das Verdikt, wonach die marxistische Klassenlehre als vorwissenschaftlich und veraltet erscheine, steht auch für die soziologische Charakterisierung des Faschismus und gesellschaftlichen Subjekts der Restauration. Folgerichtig ist die Schule um Otto Stammer nach 1945 bestrebt, den Elitebegriff zu "entnazifizieren" und als wertfreie Kategorie der Soziologie einzuführen. Solche Akzeptanz wird in kurzer Frist einerseits erreicht durch die Unterscheidung zwischen Wert- und Funktionselite, die auf die Rezeption des soziologischen Funktionalismus zurückgeht, und andererseits durch die Einbindung des Konzepts der Funktionselite-der Eliten als notwendigen Exekutoren notwendiger Systemfunktionen-in die Totalitarismustheorie, welche die plurale und offene Elitenstruktur der bundesdeutschen Gesellschaft den uniformen, monolithischen und geschlossenen Eliten totalitärer faschistischer und kommunistischer Systeme gegenüberstellt. 19)

4. Der Übergang von der totalitarismus- also politiktheoretischen zur gesellschaftstheoretischen Einordnung des Konzepts der Funktionseliten im Kontext der Theorien der Modernisierung und Industriegesellschaft ist in der Elitensoziologie bis Mitte der 60er Jahre beendet. Er wurde-auch in kritischer Stoßrichtung gegen die versteinerten Elitestrukturen der Adenauer-Gesellschaft-theoretisch vorangetrieben vor allem von Dahrendorf, Dreitzel, Haman und Jaeggi, empirisch umgesetzt in den Tübinger und Mannheimer Analysen deutscher Eliten von Zapf, Wildenmann, Kaltefleiter und in einer Reihe von Folgestudien, teils in Abgrenzung von, teils in Übereinstimmung mit den besonders in den USA entwickelten elitistischen Demokratietheorien. 20)

In diesem theoretischen Rahmen soll die klassische Konfrontation zwischen Elite und Klasse historisierend entschärft werden: die Entfaltung der modernen Industriegesellschaft gehe einher mit dem Zerfall der bürgerlichen Klasse, an deren Platz eine im einzelnen dann sehr unterschiedlich charakterisierte Konfiguration sozialer Gruppen tritt. 21) Über die zeitliche Einordnung dieses Zerfallsprozesses besteht dabei ebenso wenig Konsens 22) wie über die Faktoren, die ihn verursachen. Erst recht ist eine spürbare Unsicherheit bei der Definition der die "Klasse" ablösenden "Elite" oder Elitenkombination festzuhalten. Spätestens seit Zapf werden in der Elitensoziologie der BRD Eliten als Führungsgruppen charakterisiert, die imstande seien, Entscheidungen von gesamtgesellschaftlicher Tragweite zu treffen. Was die Besonderheit von "Führung" als Typus politischen Handelns ist, wie er mit "Entscheidungen" zusammenhängt und auf welche Weise gesamtgesellschaftliche Wirkungen des Entscheidungshandelns konkret ausfindig gemacht werden können, bleibt in aller Regel offen.

Gerade gegenüber der angloamerikanischen und französischen Elitensoziologie ist aber ein anderer Sachverhalt viel entscheidender. Die Elitensoziologie in diesem Kontext erteilt jeglicher Andeutung eines Klassensubjekts eine auffällige Absage. Sie hat nicht nur Zweifel daran, "ob diese Gruppe ein eigenes kollektives Sonderbewusstsein" ausgebildet hat 23); sie sieht vielmehr in der BRD weder eine herrschende Klasse noch eine nationale Elite, auch keine plurale Elite, sondern bestenfalls eine tendenziell unbegrenzte Pluralität sektoraler Eliten, eher aber noch weniger: eine bloß statistische Menge atomisierter, je individueller und unverbundener Funktionsträger. 1941/42 hat Beth im "American Journal of Sociology" diese extreme Version der Elitensoziologie bereits vorformuliert: "In describing the elite", heißt es da, "one must stress its statistical character ... The elite is not a 'class', it is not even a 'group'." 1965 charakterisiert Dahrendorf die Elite der BRD fast gleichlautend: "Sie sind eben keine reale Gruppe, Schicht oder Klasse, sondern eine bloße Kategorie, eine abstrakte Elite." 1979 endlich hebt in nahezu denselben Worten Lepsius hervor, in der BRD seien Besitz-, Erwerbs- und Versorgungsklassen "als solche noch keine sozialen Einheiten, d.h. Gebilde gleicher Verhaltensweisen, spezifischer Interaktionsdichte oder ähnlicher Wertorientierungen." 24)

Die soziologische Ausdünnung und Abstraktifizierung des gesellschaftlichen Subjekts zu einem "Nichts" (Meusel), zu einer Erscheinung der Schattenwelt ist offensichtlich und es verdient festgehalten zu werden, mit welcher Kontinuität und Nachdrücklichkeit diese extreme Version der "soziologischen Defensive" (Meusel) in der Nachkriegssoziologie der BRD betrieben worden ist. Sie ist unzweifelhaft die mit den Mitteln der Elitensoziologie "begründete" Kehrseite des von der Soziologie bis zur Mitte der 60er Jahre nahezu uneingeschränkt propagierten Gesellschaftsbildes eines Wirtschaftswunderlandes ohne Klassen.

Sicherlich konzediert Elitensoziologie jenseits dieser extremen Version zuweilen und auch zunehmend, dass der soziale Charakter der Eliten und ihrer Kombinationen zu ermitteln seien. Doch dieser ergibt sich immer noch in erster Linie aus der Natur der gruppeninternen Verhältnisse (Interaktionsstrukturen- und häufigkeiten, Kommunikationsmuster, Mobilitätsprozesse, Zirkulationsbeziehungen, Bewusstsein). 25) Dahrendorf begründet zum Beispiel seine These von der Abstraktheit der Elite unter anderem damit, dass die Gattinnen der Herren aus den einzelnen sektoralen Eliten der Gesellschaft bei einem-darum hypothetischen-Damentee nicht wüssten, worüber sie sich unterhalten sollten. Der Charakter der Eliten ergibt sich nicht aus den (objektiven) gesellschaftlichen Verhältnissen, die sie im Prozess der gesellschaftlichen Produktion und Reproduktion untereinander eingehen und welche auch den Zusammenhang der funktionell ausdifferenzierten Bereiche determinieren, als deren Vertreter sie gelten; für die gängige elitensoziologische Reduktion gelten Mobilität und Interaktion nicht als Indiz, sondern als Konstituens sozialer Gruppen allein. Im pseudokonkreten Beziehungsmuster sozialer Interaktionen zwischen und innerhalb von Eliten verflüchtigen sich überpersonelle Zusammenhänge. Dies gilt cum grano salis auch für neuere Analysen politischer Eliten auf zentralstaatlicher und kommunaler Ebene, die in den 70er Jahren publiziert wurden. 26)

Die Absage der Elitensoziologie an die Konzeption eines gesellschaftlichen Subjekts hängt auch mit ihrer widersprüchlichen Stellung innerhalb der Sozialstrukturforschung zusammen. Da sie sich weitgehend vom Mainstream der Sozialstrukturforschung separiert entwickelt, findet sich auch keine ausgearbeitete Vorstellung von der Struktur der Gesellschaft, in der die Eliten ihren Platz hätten. Wie sie ihren Gegenstand apart fasst, so sondert sie sich auch von der Erforschung der sozialen Struktur insgesamt ab. Elitensoziologie ist (vor allem in der Mannheimer Schule) immer noch eine Soziologie von oben, der Gesellschaftsstruktur als abhängige Variable und Manipulationsobjekt von Eliten gilt. 27) Andererseits koppelt sie sich an solche Konzeptionen sozialer Schichtung an, die ihr zur Abstützung der Annahme epochaler industriegesellschaftlicher Elitendifferenzierung probat scheinen.

4. Soziologie der Oberschicht

Dieses schichtungstheoretische Paradigma des Zerfalls, der Dekomposition und Auflösung der einstigen, auch kohärenten Merkmalskristallisationen von Macht, Reichtum, Bildung und Privileg bei einer einzigen, eben der bürgerlichen Klasse, dominiert in der Sozialstrukturforschung der BRD. "Zerfall"-das heißt selten, wie eben nur scheinbar offensiv bei Bracher 1978 "Verallgemeinerung des Bürgerlichen". 28) Es heißt in aller Regel: Auflösung des Bürgertums als sozialer Kategorie, Verschwinden der sozialen Klasse Bourgeoisie. Während ein Werner Sombart noch bis in die 20er Jahre den Großindustriellen als den "Mann mit der schweren, klirrenden Rüstung" 29) feierte und dessen Gewinnstreben als "frisches Draufgängertum" 30) empfand, er eine Geistesgeschichte des Bourgeois publizierte und eine detaillierte Sozialstatistik der Bourgeoisie Deutschlands erarbeitete, während noch Theodor Geiger in seiner "Sozialen Schichtung des deutschen Volkes" ein umfangreiches sozialstatistisches Profil der "kapitalistischen Schicht" der Weimarer Republik zeichnete, da waren für Max Weber, der sich ja selbst einen "klassenbewussten Bourgeois" nannte, die Hauptagenten der kapitalistischen Kultur schon nicht mehr die großen und kühnen Industriellen und Finanziers, sondern die mittleren, kalkulierenden Unternehmer, und da ließ schließlich ein Schumpeter in seinem Aufsatz "Das soziale Antlitz des deutschen Reiches" den Platz an der Spitze der Gesellschaftspyramide leer."31) Der Umschwung in der strukturanalytischen Behandlung des Bürgertums -seine Flucht in die Mimikry auf dem Felde der Soziologie-ist keine Sache der Nachkriegsperiode.

In dieser Zeit der 50er und frühen 60er Jahre waren es in der Soziologie der Bundesrepublik vor allem drei Konzepte, welche die soziologische Ideologie vom Verschwinden des Bürgertums abstützten. Anfänglich die von Burnham eklektizistisch popularisierte These vom Ersatz der Kapitalistenklasse in einer "Revolution der Manager" durch das Management, die Bürokratie oder die Experten. Vor allem Geiger und Schelsky führten 1949/50 diese These in die Fachsoziologie ein. 32) Dann natürlich Schelskys die 50er Jahre beherrschende These von der "nivellierten Mittelstandsgesellschaft", die von der Deklassierung und Verelendung ehemals bürgerlicher Schichten aus dem Besitz- und Bildungsbürgertum ausgeht und die Behauptung von der "Entbürgerlichung", der "Angleichung des ehemaligen 'Bürgertums' an die Sozialverhaltensweisen des Arbeitertums"33) zur These von der "Entschichtung" der Gesellschaft radikalisiert, in welcher dem Bürgertum bestenfalls Erinnerungswert zukommt. 34)
Endlich die zahlreichen Konzeptionen hierarchischer Schichtung der deutschen Gesellschaft der Janowitz" Scheuch, Moore/Kleining, Dahrendorf, Fürstenberg, Claessens oder Bolte. Sie alle vermerken beiläufig die Existenz einer "Oberschicht", deren Umfang sie auf 0,5% bis 2,5% ansetzen, ohne dass sie freilich eine nähere Analyse dieser Schicht betreiben würden.35) Entsprechend der Evolution der Schichtungstheorien lässt sich die Herausbildung und Entwicklung dieses Verständnisses der Spitze unserer Gesellschaft als "Oberschicht" in drei Phasen periodisieren.

In einer ersten Phase findet sich eine Rezeption der auf dem Boden der Gemeindesoziologie entstandenen Studien Warners aus den 30er und 40er Jahren, in denen auf die Selbst- und Fremdeinschätzungen bzw. die Bewertung des Prestiges von Berufen abgestellt wurde, die zu einer Schichtungsskala bzw. -ordnung gebündelt wurden. Dabei kommt es meist zum Bild einer dreistufigen Gesellschaftsschichtung und zu manch denkwürdigen Aussagen über die uns hier interessierende Gruppe. 36)

In einer zweiten Phase wird diese Vorgehensweise etwa bei Dahrendorf, Scheuch oder Kleining/Moore zu komplexeren Schichtungsskalen-Ansätzen ausgeweitet, die sich polemisch gegen "Ein-Faktor-Theorien" wenden, die mit eindimensionalen Prestige- oder Einkommensskalen arbeiteten. Die Oberschichten erscheinen hier (etwa bei Kleining) oftmals geradezu als Sammelsurium aus der Regenbogenpresse. Bei Dahrendorf bürgert sich dann der Versuch ein, die Konzepte der Funktionseliten, der Oberschichten und der sozialen Klassen (die bei ihm über die Herrschaftsdimension definiert werden) zu kombinieren; für die Kennzeichnung der "Herrschenden" lehnt er freilich die Verwendung des Klassenbegriffs ab. In diesen Konzepten fällt die Bourgeoisie durch das lässig geknüpfte Netz soziologischer Kategorienbildung und landet als periphere "Randgruppe" oder sozialstatistische Restgröße ohne Signifikanz bestenfalls im Steinbruch der "oberen Mittelschicht", einem jener zahllosen sorgfältig zurechtgezimmerten soziologischen Konstrukte, das die Sozialstrukturforschung unseres Landes als Versteck für unser Bürgertum bereithält: "Der sehr kleine Anteil der Personen (weniger als 1%), die man als Oberschicht hätte bezeichnen können, ist der oberen Mittelklasse zugerechnet worden."37) In den Schichtungstheorien wird die "Oberschicht" entweder vollkommen peripherisiert 38) oder gänzlich zum Verschwinden gebracht, indem man sie unter andere Kategorien subsumiert.

Anders wird dies in einer dritten Phase, die Mitte der 60er Jahre einsetzt. Hier bildet sich immer deutlicher ein Paradigma heraus, das auch in der Sozialgeschichte avancierte und mittlerweile auch weithin den elitesoziologischen Studien der Zapf, Ballerstedt, Wildenmann usw. zugrundeliegt. Es greift zurück auf amerikanische Konzeptionen (genannt werden meist Merton, Lipset, Bendix und auch Mills), in den 70er Jahren aber noch viel nachdrücklicher auf die englische Sozialstrukturforschung, in der dieses Konzept die Theorie der Sozialstruktur dominiert. Zugrunde liegt diesem Paradigma freilich (wenigstens als Lippenbekenntnis theoriegeschichtlicher Traditionsbeschaffung) eine- durchaus unzutreffende-Rezeption Max Webers.39)

Bei der Analyse sozialer Strukturen wird hier ausgegangen von der Existenz einer "Trias prinzipiell gleichrangiger Dimensionen" 40), die "aufeinander bezogen, jedoch nicht aufeinander rückführbar" 41) seien. Diese Ordnungsprinzipien sozialer Ungleichheit oder Dimensionen sind

1. "Class" (beruhend auf der ökonomischen Distribution materieller Ressourcen wie
Einkommen, Besitz und Vermögen)
2. "Status" (beruhend auf Differenzierungen in Prestige, Kultur und Bewusstsein)
3. "Power" (beruhend auf Differenzierungen in der Verfügung über Machtmittel, -ressourcen und -grundlagen).

Die Elemente oder Einheiten sozialer Gliederungen (ob sie nun Gruppen, Schichten oder Klassen genannt werden) gelten hier als Bündel von Personenmengen, welche die gleiche Stellung auf einem "Markt" haben. Es geht darum, was die Menschen haben, wenn sie auf einen Markt kommen und als Anbieter tätig werden, nicht etwa darum, was sie unter welchen Verhältnissen tun. Gemäß der Häufigkeit der Verteilung der jeweiligen Merkmale, den Marktangeboten an Macht, Geld, Leistung, Prestige usw. in den einzelnen Schichtungsdimensionen, kommt es dann zur Sozialdifferenzierung und damit etwa auch zur Bildung einer "Oberschicht". Zapf etwa identifiziert eine Oberschichtentriade aus "upper class", "upper-status-group" und "power-elite". Die historische Spezifik der Eliten oder Oberschichten wird aus dem Wandel solcher Häufigkeitsverteilungen erklärt, die eine Veränderung der Binnenkonstellationen zwischen den einzelnen sektoralen oder funktionalen Eliten bewirken: mal dominiert die politische, mal die ökonomische, mal die Prestige-Elite.

Die erhoffte Konsequenz eines solchen mehrdimensionalen-also nicht nur auf die Ökonomie abstellenden-und multivariablen-also die Vorstellung einer Basisvariablen, etwa der Ökonomie, ablehnenden-Konzepts hat 1965 Aron, dessen Vorstellungen über Eliten und Oberschichten kaum zu unterschätzenden Einfluss in der Soziologie der BRD hatten, in der Formel ausgedrückt, dass so "die Vorstellung der Klasse als einer objektiven Totalität, die der Soziologe als gegebene entdecken könne ... ein Mythos (sei) und zunehmend mehr zum Mythos wird." 42) Diese Stoßrichtung gegen das Konzept einer (herrschenden) bürgerlichen Klasse schwingt noch in der unübersehbaren Ignoranz mit, welche die Eliten- und Schichtungssoziologen immer noch jener Gruppe entgegenbringen, die sie durchaus zu Recht als am ehesten mit dieser Klasse identifizierbar ansehen: der "ökonomischen Elite" der BRD, die kaum bekannt ist. 43)

5. Schlussbemerkung

Vor genau zwanzig Jahren wurde in einer aufsehenerregenden Vortragsreihe die Frage gestellt: "Gibt es noch ein Proletariat?" Das "Nein", mit dem die akademische Soziologie der 50er Jahre die Antwort gleichsam im Chor und mit einem diskreten Oberklassenakzent vorgab, machte drei Bedenken geltend: a) Von einer Arbeiterklasse könne nicht mehr gesprochen werden, da das klassenkonstitutive Merkmal der Ausbeutung irrelevant geworden sei angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Angleichung und der "Verbürgerlichung" der Arbeiterschaft; b) die Arbeiterklasse habe sich-nicht zuletzt auch aufgrund der raschen Produktivkraftentwicklung und ihrer sozialdifferenzierenden Effekte-in einzelne, sehr unterschiedliche soziale Gruppen aufgelöst, die zum Teil Bestandteil anderer Großgruppen (etwa dem Mittelstand) geworden seien; c) die diffus-differenzierte Binnenstruktur und die Aufhebung der Ausbeutung hätten bewirkt, dass das Klassenbewusstsein verschwunden, die Organisationsbereitschaft gesunken und der Charakter der Organisation tiefgreifend verändert worden seien.

Diese Argumentationstriade, mit der vor zwei oder drei Jahrzehnten die Existenz der Arbeiterklasse abgestritten wurde, gleicht frappierend der auch heute noch vorherrschenden Argumentation von Elitensoziologie und Schichtungstheorie, mit der die Existenz einer bürgerlichen Klasse verneint wird. Für nicht wenige ist mit dem Abtreten der Räuberbarone, Schlotjunker und Moguln mit Zigarre, Frack und Zylinder als Typus des Kapitalisten der Gründerzeit gleich die Klasse verschwunden. Jede Stufe des Vergesellschaftungsprozesses der Kapitalverwertung, die sich über Schübe von Rollendifferenzierungen ihrer Personifikationen realisierte, gilt da als Auflösung der bürgerlichen Klasse. Für diese Soziologie ist mit dem Zurücktreten des ostentativen Lebensstils, der bürgerlichen Tugenden des early to bed and early to rise und der sichtbaren Genußpraxis der upper class nicht eine bestimmte historische Erscheinungsform bürgerlicher Lebensweise, sondern mit dieser einstigen Lebensweise das Bürgertum selbst verschwunden. Mit der Ausbeutung und der Demokratisierung des politischen Systems sind auch die anderen klassenkonstitutiven Merkmale verschwunden. Die Bourgeoisie wird peripherisiert und im Ergebnis des säkularen Differenzierungsprozesses nivelliert. Das Bürgertum hat sich in eine Vielzahl sozialer Gruppen, Cliquen und Individuen aufgelöst, die kein Bewusstsein ihrer selbst als Klasse mehr haben.

Dieser frappierende Gleichklang der Antworten legt es für eine kritische Soziologie der Politik und sozialen Struktur nahe, nach zwanzig Jahren Verspätung die Frage "Gibt es noch ein Bürgertum?" neu zu stellen und eine gründliche Antwort zu suchen

Anmerkungen

* Vortrag, gehalten am 20.10.1981 an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg

1 Th. W. Adorno: Soziologische Schriften 1, Frankfurt/M. 1979, S.385.
2 Eine wissenschaftshistorische und vor allem theoriegeschichtliche Aufarbeitung der Erforschung der Bourgeoisie innerhalb der marxistischen Wissenschaftstradition existiert bislang nicht einmal in Ansätzen. Gegenüber der Marx-Lenin'schen Strukturanalyse der Bourgeoisie hat sich seit Anfang der 60er Jahre das Interesse auf solche inneren Differenzierungen der bürgerlichen Klasse gerichtet, die mit Entwicklungen der Produktivkräfte ("alte" und "neue" Industrien), der Internationalisierung des Kapitals und den neuen Formen der Verflechtung von Politik und Ökonomie ("Militär-lndustrie-Komplex", "staatsmonopolistische Komplexe") zusammenhängen. Insgesamt reicht das Spektrum von der dezidierten Absage an einen klassenstrukturanalytischen Zugang (z.B. Offe); bis zur weitverbreiteten, indifferenten Bejahung der Existenz einer herrschenden Bourgeoisie, die sich aus dem Vorhandensein der Arbeiterklasse (auch wenn man sich aus ihr verabschiedet hat) sozusagen als selbstverständliche Voraussetzung und Folge ergibt, die keiner weiteren Diskussion oder Analyse bedarf; von jenen, die sich nur mit dem Kapital-statt auch mit Monsieur Le Capital befassen, bis hin zu noch sehr seltenen Versuchen in neurer Zeit, die seit Anfang der 70er Jahre stagnierenden strukturanalytischen Fragestellungen wieder aufzugreifen. Insgesamt gilt jedoch, dass uns für eine Geschichte der Klassenkämpfe in Deutschland nicht nur eine "Geschichte der deutschen Kapitalistenbewegung" fehlt (J. Kuczynski: Klassen und Klassenkämpfe im imperialistischen Deutschland und in der BRD, Frankfurt/M. 1972, S.5), sondern auch eine Geschichte und Strukturanalyse dieser Klasse selbst, vgl. W. Küttler, C. Seeber: Forschungsprobleme der Geschichte des deutschen Bürgertums und der deutschen Bourgeoisie, in: ZfG 3/1980, S.203ff.; Ch. Butterwegge: Monopolgruppen und Staat, in: Marxistische Studien, Jahrbuch 3 (1980), S.258ff.; E.O. Wright: Varieties of Marxist Conceptions of Class Structure, in: Politics & Society 3/1980, S.323ff.; H. Jung: Gesamtkapital-Monopols-Staat, in: Marxistische Studien 2 (1979), S.55f. Zentrale Probleme sind ungeklärt oder umstritten: die Abgrenzung (Randgruppen) vor allem "nach unten", die innere Struktur (wer gehört zur Bourgeoisie? Wie ist das Verhältnis von Bürgertum und Bourgeoisie? Wer gehört zur herrschenden Klasse? Wie ist die innere Hierarchisierung zu fassen [Fraktionen/Monopolgruppen/Komplexe]? Gibt es noch eine Großbourgeoisie? Welche Differenzierungen der Lebensweise, Kultur und Ideologie existieren? Welche Beziehung existiert zwischen Klassenstruktur und politischer Richtungsdifferenzierung?), die Geschichte, schließlich die Organisierung, vgl. M. Mauke: Die Klassentheorie von Marx und Engels, Frankfurt 1971, S.87f., 103; 1. Dölling: Schatzbildner und Kapitalist, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (JfW) 1978/1, S.19lff.; H. Zwahr: Zur Klassenkonstituierung der deutschen Bourgeoisie, in: Jahrbuch für Geschichte (JfG) 18 (1978), S.21ff.; H. Handke: Einige Probleme der Sozialstruktur im imperialistischen Deutschland vor 1914, in: JfG 15 (1977), S.277ff.; ders.: Einige Probleme der inneren Struktur der herrschenden Klassen in Deutschland vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg, in: Studien zum deutschen Imperialismus vor 1914, Berlin 1976, S.9Off.; IMSF (Hrsg.): Das Monopol-ökonomischer Kern des heutigen Kapitalismus, Frankfurt 1976, S.104ff., 108ff.; IMSF (Hrsg.): Klassen- und Sozialstruktur der BRD 1950-1970, Frankfurt 1972/3, Bd.l, S.75ff., 110ff., Bd.ll, S.241ff., 324ff., 358ff.; A. Leisewitz: Die Klassen- und Sozialstruktur der Bundesrepublik, in: U. Albrecht u.a. (Hrsg.): Beiträge zu einer Geschichte der Bundesrepublik, Köln 1979, S.78ff.; PKA: Materialien zur Klassenstruktur der BRD, Teil 1, Westberlin 1973, S.180ff., Teil 2, Westberlin 1974, S.223ff.; M. Tjaden-Steinhauer, K.H. Tjaden: Klassenverhältnisse im Spätkapitalismus, Stuttgart 1973, S.39ff., 65ff., 83ff., 118ff.; F. Deppe, H. Jung: Entwicklung und Politik der herrschenden Klassen in der Bundesrepublik, in: Albrecht, Beiträge, S.433ff.; Unsere Bourgeoisie, Kursbuch 42 (1975), S.19ff., 141ff.; N. Poulantzas, R. Miliband: Kontroverse über den kapitalistischen Staat, Berlin 1976; N. Poulantzas: Klassen im Kapitalismus-heute, Westberlin 1975, S.80ff.; Ders.: Politische Macht und gesellschaftliche Klassen, Frankfurt 1975, S.55ff., 229ff., 321ff.; S. Amin: The Class Structure of the contemporary imperialist system, in: Monthly Review 1/1980, S.9ff.
3 A. Meusel: (Art.) Bürgertum, in: A. Vierkandt (Hrsg.): Handwörterbuch der Soziologie, Stuttgart 1931, S.9Of.
4 Vgl. C. Therborn: Science, Class and Society, London 1977, S.186ff.
5 Vgl. ebd., S.422.
6 H.A. Winkler: (Art.) Bürgertum, in: C.D. Kernig (Hrsg.): Sowjetsystem und demokratische Gesellschaft, Freiburg 1966, S.949.
7 A.v. Martin: (Art.) Bürgertum, in: W. Bernsdorf (Hrsg.): Wörterbuch der Soziologie 1, Frankfurt 1972, S.132.
8 O. Köhler: (Art.) Bürgertum, in: Staatslexikon, Freiburg 1958, Bd.2, Sp.313.
9 L. Wiedemann: (Art.) Bürgertum, in: Th. Schober u.a. (Hrsg.): Evangelisches Staatslexikon, Stuttgart 1980, Sp.202. Vgl. auch H. Freyer: (Art.) Bürgertum, in: HDSW, 2.Bd., Stuttgart, Tübingen, Göttingen 1969, S.456. Beispiele für die fast vollständige Ausklammerung der Problematik in verbreiteten sozialwissenschaftlichen Schriften sind zahllos, vgl. nur K. M. Bolte u.a.: Deutsche Gesellschaft im Wandel, Bd.2, Opladen 1970, S.365f. oder DIF (Hrsg.): Funkkolleg Sozialer Wandel, Studienbegleitbrief 7, Weinheim/Basel 1975, S.59, 78, die "Unternehmertypen" bzw. "Oberschichten" auf einer von über 400 bzw. 100 Seiten abhandeln.
10 R. Bendix: Westeuropa als Gegenstand und Quelle sozialwissenschaftlicher Forschung, in: J. Matthes (Hrsg.): Sozialer Wandel in Westeuropa, Frankfurt 1979, S. 11ff.; in dem Band erwähnt C. Crouch kurz die Manager (167ff.), W. U. Prigge vergleicht sektorale Arbeitgeberverbandsorganisationen in England und der BRD und S. Eisenstadt spricht über Modernisierungseliten. That's it.
11 H. Pross. Die soziale Schichtung in der Bundesrepublik, in: Deutsche Rundschau 10/1958,S.925.
12 Das gilt auch für marxistische Analysen.
13 Adorno, Reflexionen, S.381.
14 G. Mosca: Die herrschende Klasse, Bern 1950, S.53f. Vgl. auch J.H. Meisel: Der Mythus der herrschenden Klasse: G. Mosca und die Elite, Düsseldorf 1962; P. Hübner: Herrschende Klasse und Elite. Eine Strukturanalyse der Gesellschaftstheorien Moscas und Paretos, Berlin 1967.
15 H.P. Dreitzel: Elitebegriff und Sozialstruktur, Stuttgart 1962, S.123.
16 Vgl. auch E. Laclau: Faschismus und Ideologie, in: DasArgument 117(1979), S.670.
17 Als Überblick: D. Herzog: The Study of Elites in West Germany, in: M. Kaase, K v. Beyme (Hrsg.): Election and Parties. German Palitical Studies Vol.3 (1978), S.243ff.; W. Zapf: Wandlungen der deutschen Elite. Ein Zirkulationsmodell deutscher Führungsgruppen 1919-1961, München 1965, S.12ff.; T.B. Bottomore: Elite und Gesellschaft. Eine Ubersicht über die Entwicklung des Eliteproblems, München 1966; O. Stammer, P. Weingart: Politische Soziologie, München 1972, S.130ff.; P. Bachrach: Die Theorie demokratischer Elitenherrschaft, Frankfurt 1970; U. Jaeggi: Die gesellschaftliche Elite: Eine Studie zum Problem der sozialen Macht, Bern 1960.
18 Vgl. T Parsons: Die Entstehung der Theorie des sozialen Systems: Ein Bericht zur Person, in: T. Parsons u.a.: Soziologie-autobiographisch, Stuttgart 1975, S.3-9, 29ff.
19 Vgl. O. Stammer: Das Elitenproblem in der Demokratie, in: Schmollers Jb. 71.Jg. (1951), S.1ff.; R. Aron: Social Structure and the Ruling Class, in: British Journal of Sociology 1/1950, S.lff., 2/1950, S.126ff.; J. Schultz: Der Funktionär in der Einheitspartei, Stuttgart 1956.
20 Vgl. W. Röhrich (Hrsg.): 'Demokratische' Elitenherrschaft, Darmstadt 1975, S.1ff., S.267ff.; R. Dahrendorf: Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, Mannheim 1972, S.245ff.; R. Bendix, S.M. Lipset (Hrsg.): Class, Status and Power. Social Stratification in Comparative Perspective, New York 1966; W. Zapf (Hrsg.): Beiträge zur Analyse der deutschen Oberschicht, München 1965; R. Wildenmann: Eliten in der Bundesrepublik, Mannheim 1968; W. Kaltefleiter, R. Wildenmann (Hrsg.): Westdeutsche Führungsschicht-Eine sozialwissenschaftliche Untersuchung von 1825 Inhabern von Führungspositionen, Kiel Mannheim 1973; D. Roth: Politische Orientierung von Eliten. Zum Demokratieverständnis von Eliten in der Bundesrepublik, Diss. Mannheim 1975; E. Enke: Oberschicht und politisches System in der Bundesrepublik Deutschland, Bern, Frankfurt 1974; W. Müller: Klassenlagen und soziale Lagen in der Bundesrepublik, in: J. Handl u.a.: Klassenlagen und Sozialstruktur, Frankfurt, New York 1977, S.56ff.; H. Maus: Industriegesellschaft und Elite. Nachdenkliche Betrachtungen zu einem modischen Begriff, in: homo homini homo. Festschrift für J.E. Drexel, München 1965, S.153ff.
21 Das von W. Fuchs u.a. herausgegebene Lexikon zur Soziologie, Reinbek 1975, vermerkt neben den Stichworten 'Bourgeoisie' und 'Bürgertum' allein 15 Stichworte zum Thema 'Elite'. Zu den Mustern der Elitenkonfigurationen vgl. etwa U. Schleth: Once again: Does it pay to study Social Background in Elite Analysis?, in: Sozialwissenschaftliches Jahrbuch für Politik 2 (1971), S.99ff.; L. J. Edinger, D. D. Searing: Social Background in Elite Analysis: A methodological Inquiry, in: American Political Science Review (1967), S.428ff.; E.O. Wright: Class and Occupation, in: Theory and Society (1980), S.177ff.; Ph. Stanworth, A. Giddens (Hrsg.): Elites and Power in British Society, Cambridge i974; A. Giddens: The Class Structure of the Advanced Societies, London 1973.
22 Als wohl herrschende Periodisierung vgl. Zapf, Wandlungen, S.38ff. Zu den Definitionsproblemen vgl. W. Zapf: Eliten, in: E. Ballerstedt, W. Glatzer (Hrsg.): Soziologischer Almanach, Frankfurt 1975, S.341ff.
23 R.M. Lepsius: Sozialstruktur und soziale Schichtung in der Bundesrepublik Deutschland, in: R. Löwenthal, H. P. Schwarz (Hrsg.): Die zweite Republik, Stuttgart 1974, S.280.
24 M. W. Beth: The Elite and the Elites, in: American Journal of Sociology (1941/42), S.755; Dahrendorf, Gesellschaft, S.306; R.M. Lepsius: Soziale Ungleichheit und Klassenstrukturen in der Bundesrepublik Deutschland, in: H.-U. Wehler (Hrsg.): Klassen in der europäischen Sozialgeschichte, Göttingen 1979, S.182.
25 Was sicherlich auch mit der vorwiegend handlungs- und rollentheoretischen Orientierung der Elitensoziologie zusammenhängt.
26 Vgl. Herzog, Study, a.a.O.
27 Vgl. etwa R. Wildenmann: Towards a Sociopolitical model of the German Federal Republic, in: SJfP 4 (1975), S.280: "Political dynamism is in the first place a question of elite struggles amongst themselves, and only in the second a struggle between elites and masses."
28 K. D. Bracher: Ende des bürgerlichen Zeitalters? in: Beilage zu Das Parlament B 48/1978, S.14.
29 W. Sombart: Die deutsche Volkswirtschaft im neunzehnten Jahrhundert und im Anfang des 20. Jahrhunderts, Darmstadt 1954, S.446.
30 Ders.: Das Wirtschaftsleben im Zeitalter des Hochkapitalismus. 3.Bd.v. Der moderne Kapitalismus, 1. Halbband: Die Grundlagen-Der Aufbau, München, Leipzig 1928, S.XIII.
31 Vgl. Dahrendorf, Gesellschaft, a.a.O.
32 Vgl. Th. Geiger: Die Klassengesellschaft im Schmelztiegel, Köln, Hagen 1949, S.102f., 197ff.; H. Schelsky: Berechtigung und Anmaßung der Managerherrschaft, in: ders.: Auf der Suche nach Wirklichkeit, Düsseldorf, Köln 1965, S.17ff.
33 Ders.: Die Bedeutung des Klassenbegriffs für die Analyse unserer Gesellschaft, ebd., S.366; vgl. auch ders.: Die Bedeutung des Schichtungsbegriffs für die Analyse der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft, in: ebd., S.331ff.
34 Ders.: Gesellschaftlicher Wandel, in: ebd., S.337ff.
35 Vgl. H. Moore, G. Kleining: Das soziale Selbstbild der Gesellschaftsschichten in Deutschland, in: KZiSS (1960), S.86ff.; M. Janowitz: Soziale Schichtung und Mobilität in West deutschland, in: KZfSS (1958), S.lff.; K.E. Scheuch unter Mitarbeit von Daheim, H.J.: Sozialprestige und soziale Schichtung, in: KZiSS Sonderheft 5, Köln/Opladen 1961, S.65ff.; Dahrendorf, Gesellschaft, S.100; F. Fürstenberg: Die Sozialstruktur der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1976; D. Claessens u.a.: Sozialkunde der Bundesrepublik Deutschland, Diisseldorf/Köln 1974; K.M. Bolte u.a.: Soziale Ungleichheit, Opladen 1974, S.98.
36 Schon Dahrendorf hat vermerkt, daß die auch heute noch verbreitete und mit Lob versehene Untersuchung Janowitz' (etwa im Funkkolleg 'Sozialer Wandel') die Oberschicht der BRD (entsprechend einer Selbsteinschätzung) mit 1,9% bezifferte; diese 1,9 % - das waren 64 Personen, darunter 18 mittlere Angestellte und Beamte, 10 Landwirte und 5 Arbeiter!
37 Janowitz, Schichtung, S.9f. Solche Steinbrüche sind etwa noch die "Selbständigen", der "alte" und der "neue" Mittelstand, vgl. etwa Matthes, Sozialer Wandel, S.465ff., 534ff. als aktuelle Beispiele.
38 Dies gilt auch für konzeptionell abweichende Studien aus dieser Zeit wie etwa G. Eisermann: Die Struktur der sozialen Klassen in Deutschland, in: J. Fijalkowski (Hrsg.): Polito logie und Soziologie. Otto Stammer zum 65. Geburtstag, Köln, Opladen 1965, S.177ff.
39 Vgl. A. Giddens: Classes, Capitalism and the State, in: Theory and Society (1980), S.877ff.; W G. Runciman: Towards a Theory of Social Stratification, in: F. Parkin (Hrsg.): The Social Analysis of Class Structure, London 1974, S.55ff.; Wehler, Klassen, a.a.O.; K. U. Mayer: Soziale Ungleichheit und Mobilität. Ansätze zu einem System sozialer Indikatoren, in: W. Zapf (Hrsg.): Lebensbedingungen in der Bundesrepublik, Frankfurt, New York 1977, S.149ff.; K. H. Hörning (Hrsg.): Soziale Ungleichheit. Strukturen und Prozesse so zialer Schichtung, Darmstadt, Neuwied 1976, S.18f.; D. Herzog: Klassengesellschaft ohne Klassenkonflikte, Berlin 1965.
40 Wehler, Klassen, S.11.
41 KH. Hörning: Struktur und Norm: das 'Soziale' an Ungleichheit ders., Ungleichheit, S.19.
42 R. Aron: La classe comme representation et comme volonte, in: Cahiers Internationaux de Sociologie, Vol.38 (1965), S.20f.
43 Als die wenigen Ausnahmen etwa B. Biermann: Die soziale Struktur der Unternehmerschaft, Stuttgart 1971; H. Hartmann u.a.: Die Unternehmerin, Köln, Opladen 1968; H. Pross: Manager und Aktionäre in Deutschland, Frankfurt 1965; H. Pross, K. W. Boetticher: Manager des Kapitalismus, Frankfurt 1971; Stahl, W.: Der Elitenkreislauf in der Unternehmerschaft: eine empirsche Untersuchung für den deutschsprachigen Raum, Frankfurt, Zürich 1973; J. Kocka: Unternehmer in der deutschen Industrialisierung, Göttingen 1975. Am meisten Aufmerksamkeit haben leitende Angestellte/Manager gefunden.

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