Copyleft

Furore macht gegenwärtig ein Beitrag von Anna Nimus [Joanne Richardson] mit dem Titel „Copyright, Copyleft and the Creative Anti-Commons“ (Dezember 2006), der einen konzentrierten Streifzug durch die Geschichte des Rechts am geistigen Eigentum macht, das Institut kritisiert, die Revolten gegen das Intellectual Property beschreibt, das Konzept des Copyleft skizziert und endlich eine Kritik des von Lawrence Lessig vorangetriebenen Creative Commons – Projekts unternimmt. {s.a. Kleiner und den elektronischen Reporter}. Ein konziser und radikaler Text, auch deshalb ungewöhnlich, weil er eine grundsätzliche Kritik an diesem Projekt formuliert: „Creative Commons exists to help „you,“ the producer, keep control of „your“ work. You are invited to choose among a range of restrictions you wish to apply to „your“ work, such as forbidding duplication, forbidding derivative works, or forbidding commercial use. It is assumed that as an author-producer everything you make and everything you say is your property. The right of the consumer is not mentioned, nor is the distinction between producers and consumers of culture disputed. Creative Commons legitimates, rather than denies, producer-control and enforces, rather than abolishes, the distinction between producer and consumer.“

Und:

„The public domain, anticopyright and copyleft are all attempts to create a commons, a shared space of non-ownership that is free for everyone to use. The conditions of use may differ, according to various interpretations of rights and responsibilities, but these rights are common rights and the resources are shared alike by the whole community – their use is not decided arbitrarily, on a case by case basis, according to the whims of individual members. By contrast, Creative Commons is an attempt to use a regime of property ownership (copyright law) to create a non-owned, culturally shared resource. Its mixed bag of cultural goods are not held in common since it is the choice of individual authors to permit their use or to deny it. Creative Commons is really an anti-commons that peddles a capitalist logic of privatization under a deliberately misleading name. Its purpose is to help the owners of intellectual property catch up with the fast pace of information exchange, not by freeing information, but by providing more sophisticated definitions for various shades of ownership and producer-control.“

Sicherlich ist die Aufhebung des Warencharakters immaterieller Güter nicht das Ziel Lessigs und der Creative Commons – Lizenzierung. Und es ist richtig, das die formelle Konstruktion der Lizenzen sich nicht auf die „Verbraucherrechte“ bezieht und auch nicht deren Teilhabe an der Gestaltung und Anwendung von Produzentenrechten thematisiert.

Aber Lessig und andere heben bei zahllosen Gelegenheiten hervor, dass es nicht nur um die Intensivierung von Austauschvorgängen, sondern auch um eine Relativierung der Unterscheidung zwischen Produktion und Konsumption gehe, die in der immateriellen Natur der „digitalen“ Waren begründet und ein grundlegender realgeschichtlicher Prozess sei. Die spektakuläre Verbreitung der Möglichkeit, mit digitalen Medien produktiv zu arbeiten und vom bloßen KonsumentInnen- in den ProduzentInnenstatus überzuwechseln ist ein wesentlicher Ausgangspunkt der Argumentation hier. Gegenüber der Situation gerade mal vor drei Jahrzehnten betrifft die Ausweitung der „Produzentenrechte“ unvergleichlich mehr Menschen. Das bedeutet natürlich nicht, das Eigentumsinstitut selbst infrage zu stellen (auch die Notiz am Ende des Beitrags von AN/JR („Berlin, 2006. Anticopyright. All rights dispersed.“) ist eine Formulierung, die sich als rechtliche Aussage zu einem Eigentumsverhältnis versteht).
Politisch formuliert nimmt das Projekt eine linksliberale Position ein – es wendet sich gegen Überspitzungen und „extremistische Eigentumspositionen“ (Lessig), wie das „pay per page“ über das „Amazon“ sich den Kopf zerbricht oder das Kalkulieren der Kosten einmaliger Lektüre, mit dem sich fast alle Akteure des E-Book-Unwesens befassen. Angesichts derartiger Aussichten ist die Öffnung in Richtung Commons, die das Lessig-Projekt betreibt, ein (Fort-)schritt. Denke ich.

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