Für den Staatsfisch!

Die Junge Welt vom 23.7.09 führte ein Gespräch mit Carsten Preuß, Initiator einer öffentlichen Petition gegen die Privatisierung von Gewässern – die zwar trotz großer Resonanz in den letzten Tagen – seit vorgestern kamen 7000 Unterschriften hinzu! – auf der Kippe steht, aber dazu beigetragen hat, dass der schleichende Verkauf von Seen vor allem in Ostdeutschland zunehmend ein Thema wird. Zwei Tage Zeit bleiben! Im Moment gibt es über 20 000 Unterschriften.

P.S.: ein Blick auf die verantwortliche Einrichtung lohnt sich…

PPS:  24. Juli (nach Fristablauf): Auch wenn mit 28 612 Unterschriften die eigentliche Zielsetzung deutlich verpasst wurde, mit 50 000 Unterschriften eine öffentliche Behandlung im Bundestagung zu erreichen, ist das Ergebnis dieser Unterschrifteninitiative ein großer Erfolg. Nicht nur gehört sie zu den wenigen Petitionen mit einer ungewöhnlich großen Resonanz, es hat sich auch gezeigt, dass eine solche Aktion in ganz kurzer Zeit eine außerordentliche Dynamik erreichen kann – vor allem wenn über elektronische Medien eine entsprechende Verbreitung erreicht werden kann! In der letzten Woche gab es täglich Tausende von Unterschriften, wobei der Petitionsserver des Bundestages offenbar überlastet war. Mit einiger Wahrscheinlichkeit kann man davon ausgehen, dass bei einer Fristverlängerung nur um eine Woche die 50 000 erreicht worden wären.

Krise der Privatisierung – Rückkehr des Öffentlichen?

Das Fragezeichen fehlt im Titel des neuen Bandes, der eben bei Dietz Berlin erschienen ist: Mario Candeias, Rainer Rilling, Katharina Weise (Hrsg.): Krise der Privatisierung. Rückkehr des Öffentlichen. Reihe: Texte der Rosa-Luxemburg-Stiftung; Bd. 53, 192 Seiten, Broschur ISBN: 978-3-320-02182-5, 12.90 €. Der Grund ist einfach: der Arbeitszusammenhang, aus dem dieser Band entstand (nämlich das ppg-netzwerk) hatte schon 2007/8 begonnen, eine Krise der Privatisierung als einer der zentralen Instrumentarien des Neoliberalismus zu diagnostizieren und sich darum bemüht, jenseits der nur auf den ersten Blick simplen Rede von der Verstaatlichung nicht nur die traditionellen Voten der Linken stark zu machen (dass es um eine demokratische Form und Struktur der Verstaatlichung gehe und es letztlich um Vergesellschaftung, also um ein System der Aneignung gehe), sondern auch das von der Linken völlig unterbelichtete Thema des Öffentlichen aufgeworfen und zum Thema gemacht. Zugleich setzten wir einen Schwerpunkt auf die Frage der Rekommunalisierung nicht nur in Lateinamerika, sondern auch in Europa und in der BRD. In ersten Ansätzen arbeitet dieser Band auch die im August/September 2008 dann offen aufgebrochene tiefe Krise des Neoliberalismus unter diesen Aspekten auf – zum Glück also kein Fall einer beim Markteintritt komplett nutzlosen Publikation!

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Remix der Eigentumslandschaft

Die „Vorgänge„, die Zeitschrift der Humanistischen Union, haben als Heft 2/2008 ein sehr lesenswertes Themenheft zur Frage „Die Aufgabe des Staates“ herausgegeben, u.a. in Beiträgen von Stephan Leibfried, Gunnar Folke Schuppert, Siegfried Broß, Berthold Vogel und Birger Priddat sowie Thomas Gerlinger und Werner Rügemer.

Dort findet sich auch ein Beitrag von mir: „Remix der Eigentumslandschaft. Die Privatisierungspolitik resultiert aus der Dynamik der Finanzmärkte“ (S.100-112).

Die Eigentumsfrage kehrt zurück.

Über Versprechungen…

Eine neue Verdrossenheit entwickelt sich. Sie richtet sich auf die Privatisierung, also die Veräußerung öffentlichen Vermögens und seine Umwandlung in privates Eigentum. Diese Politik der Privatisierung war lange Zeit deshalb unterstützt worden, weil sie mit einigen großen Versprechen des Neoliberalismus operierte wie „Wiederherstellung von Effizienz“ (angesichts des maroden Zustands vieler öffentlicher Einrichtungen), „Kosten- und Preissenkung“ (durch Bürokratieabbau und Konkurrenz neuer Anbieter), “Behebung der Krise der öffentlichen Finanzen“ (durch Veräußerungseinnahmen) oder „neue Wahlfreiheit des Konsumenten“ (durch eine Vielfalt der Produkte und Dienste dank technologischer Innovation und Wettbewerb).

Doch nun wächst die Skepsis. Den Bereich der Telekommunikation ausgenommen, kann von Kostensenkungen, die privaten Konsumenten und Konsumentinnen zugute kommen, schon lange nicht mehr geredet werden. Verbreitete Korruption und die Verschlechterung der Qualität beispielsweise durch Reduzierung und Ausdünnung von Dienstleistungen haben die Rede von der Effizienzsteigerung durch Private mittlerweile als Mythos entlarvt. Eine breite qualitative Verbesserung und Modernisierung der Infrastruktur hat nicht stattgefunden. Der Wettbewerb wurde nicht gestärkt, vielmehr wurden aus öffentlichen Monopolen eine Handvoll global operierender privater Monopole. Die Wahlfreiheit ist oft zu chaotischen Angebotskonkurrenzen mutiert. Die Krise der öffentlichen Finanzen ist nicht beseitigt, die aktuellen positiven Veränderungen sind nur in sehr geringem Umfang auf Privatisierungserlöse zurückzuführen, der Staat verarmt sich weiter. Die Privatisierung von Hoheitsaufgaben (Verkehrsüberwachung, Sicherheitsdienste, Polizei, Gefängnisse, Militär) begegnet Misstrauen und ist offenbar nicht kostengünstig – für viele scheint hier auch der Rechtsstaat in Frage gestellt zu werden. Kurz: die Versprechen sind nicht eingehalten worden. Ganz im Gegenteil. „Die Eigentumsfrage kehrt zurück.“ weiterlesen

Privatisierung: Mitschrieb aus einer Tagung

[Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen in Europa – und ihre Folgen für die Tarifpolitik. Workshop am 5.-6. Juni 2007 des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung in Kooperation mit ver.di Bereich Tarifpolitische Grundsätze. ]

1. Hat es überhaupt eine eigenständige Privatisierungs- und Deregulierungspolitik auf der Ebene der europäischen Institutionen gegeben?

War es nur eine europäische Version der weltweiten Gegenreform seit den 70er Jahren, der globalen neoliberalen Politik, durch welche der fordistisch gezähmte Kapitalismus auch in Europa entfesselt wurde und vor allem die Freigabe der Wechselkurse und die Entgrenzung des Kapitalverkehrs eine neue Dynamik entstand? Ist es nicht auch naheliegend, in den Nationalstaaten weiterhin die eigentlichen Akteure der Deregulierungspolitik zu sehen? Tatsächlich spielten europäische Einrichtungen und Instanzen kein Rolle bei der Erfindung des Neoliberalismus – in den 80ern, erst Recht aber in den 90ern jedoch entwickelten sie eine eigenständige, nicht nur adaptive sondern auch innovative Politik. „Privatisierung: Mitschrieb aus einer Tagung“ weiterlesen

Fraktion „Die Linke“ fordert einen Privatisierungsbericht

Wer sich auch nur oberflächlich mit der Privatisierung nicht-privatförmigen Eigentums in der Bundesrepublik befasst hat merkt schnell, dass durch den Staat (und auch durch Unternehmen oder NGO`s) Informationsunterlagen bereitgestellt werden, die dürftig zu nennen ein Euphemismus ist. Wer eine Privatisierungsfolgenabschätzung versucht, hat sofort riesige Datenprobleme. Langsam ändert das Themenblog „wem gehört die Welt“ an dieser Lage etwas. Die Fraktion der Linken hat nun einen Antrag formuliert und einen Privatisierungsbericht gefordert – sie nimmt damit eine alte Forderung des DGB auf, die eben dieser DGB natürlich schon lange wieder ad acta gelegt hat.