Yes, we can?

ist die Überschrift meines neuen Standpunkte-Papiers der RLS, das eben als Nr. 13/2009 erschienen ist und eine erste sehr vorläufige Einschätzung der liberalen Obama-Administration versucht. Sie ist doch etwas zurückhaltender als drei andere sehr lesenswerte Analysen, auf die ich hier verweisen kann: von Rainer Land stammt der Beitrag „Tranformationen des Kapitalismus. Roosevelt und Obama“, erschienen in „WeltenWenden. 89/09.“ Arbeitsbuch 18 (Theater der Zeit), herausgegegeben von Thomas Flierl und Frank M.Raddatz, Berlin 2009 S.90-96. Der Beitrag ist nicht online, was dazu verleiten könnte, den hochinteressanten Band für 18 € zu erstehen. Wer den Text aber doch ganz schnell lesen möchte, kann ihn einfach hier auf der Website des Forum demokratischer Sozialismus herunterladen. Während Land nach längerfristigen Entwicklungspfaden fragt, konzentrieren sich Jerry Harris und Carl Davidson in ihrem Text „Obama: the new contours of power“ in Heft 4/2009 von Race & Class (S.1-19) stark auf die Elitenkonfiguration eines neuen Blocks. Auch Bill Domhoff  geht in seinem Beitrag „Die amerikanische Machtstruktur: Kann sie heraugefordert werden?“ in der neuen Zeitschrift „luxemburg“ der RLS (1/2009, i.E.) dieser Frage nach und meint, dass die Obama-Administratiuon im Unterschied zu ihren Vorgängerinnen eher die politische als die ökonomische Elite repräsentiere und daher eher „anfällig“ für sozialen und politischen Druck sozialer Bewegungen sei – ein genauerer Blick auf die Firma Goldman Sachs lässt hier ungeachtet aller Aversionen gegenüber Verschwörungsfabeln freilich leichte Zweifel aufkommen. Auffällig ist, dass Harris / Davidson ohne weitere Argumentation davon ausgehen, dass der gering globalisierte US-militärisch-industrielle Komplex in seiner Gänze kein Bestandteil eines neuen liberalhegemonialen, neokeynesianischen, zum Teil „altliberalen“ Blocks sei. Zu recht aber weisen sie auf die Umorientierung eines Teils des Venturekapitals hin: schon 2007 sei über 20 % dieses Kapitals in saubere Energietechnologien geflossen, acht Jahre zuvor waren es nur gerade 2 % (S.8). “ Sie resümieren (S.17):

The Obama forces at the top are linked to the neo-Keynesian sector of global capital. This leadership is trying both to consolidate its power against its rivals and maintain a degree of unity and struggle among the contending poles and centres of power within it. The business community has split into productive versus speculative capital, with an important sector seeking an industrial policy based on job growth and green technologies. Internationally, the push towards a multipolar world order that seeks stability through political compromise is struggling against an opposing strategy of military dominance.

Land sieht im klassischen New Deal den Übergang von einem Ausbeutungskapitalismus zu einem (halbierten) Teilhabekapitalismus, der seit den 70er Jahren wieder großenteils aufgekündigt worden sei. Die neue strategische Option in der Obama-Zeit sei angesichts der aktuell krisenhaften Verfassung des ambivalenten Umbaus dieses Teilhabekapitalismus seit den 70er Jahren durch die neoliberale Politik

„eine wirtschaftliche Entwicklung, bei der eine wachsende Produktion mit sinkendem Ressourcenverbrauch (Energie, Rohstoffen und Emissionen) einhergeht und eine umweltkompatible Industrie entsteht…Es geht hier um einen global zu vollziehenden Pfadwechsel“.

Welche strategischen Kräfte diese Option realpolitisch abstützen könnten und mit welchen Transformationskonflikten bei einem entsprechenden Pfadwechsel zu rechnen wäre, bleibt freilich offen. Auch reichen die historischen Verankerungen des neoliberalen Gegenwartskapitalismus weit über die neoliberale Triade (Privatisierung, Deregulierung, Liberalisierung)  und den Umbau des Verhältnisses von Staat und Wirtschaft im New Deal hinaus: es geht letztlich um die tiefe Struktur- und Wachstumskrise eines kapitalistischen Entwicklungs- und Expansionsmodells, das im letzten Viertel des vorletzten Jahrhunderts entstanden war. Zu dieser schon jahrhundertalten Kombination von Fossilismus, Konsumismus, Imperialismus und Militarismus kam in den 70ern die „financialization“ hinzu. Sie bildeten die basale Expansionsmatrix unaufhörlicher Akkumulation von Kapital. Deren große Kraft lässt nach. Die aktuelle Krise ist das bislang deutlichste Zeichen dafür, dass das lange Jahrhundert dieser eigentümlichen Expansionsmatrix kapitalistischer Akkumulation ausläuft. Die Realisierung der „Obama-Option“ verlangt weitaus mehr als ein paar dicke Konjunkturprogramme in einen grünen Kapitalismus. Es geht um eine wahrlich radikale Umwälzung.

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